Die Grenzboten. Jg. 48, 1889, Zweites Vierteljahr.Die kirchlichen Verhältnisse in Osterreich le Stellung der Deutschen in Österreich wird durch nichts so sehr Grenzboten II 1889 55
Die kirchlichen Verhältnisse in Osterreich le Stellung der Deutschen in Österreich wird durch nichts so sehr Grenzboten II 1889 55
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[Abbildung]
Die kirchlichen Verhältnisse in Osterreich
le Stellung der Deutschen in Österreich wird durch nichts so sehr
erschwert, als durch den Gegensatz, worin sich die Leiter der
katholischen Partei zu den Trügern des nationalen Gedankens
unter den Deutschen befinden. Wir können nur von eiuer „katho¬
lischen Partei" sprechen, weil der Ausdruck „katholische Kirche"
nicht anwendbar ist. Zu der Kirche, von der die Gesamtheit aller in Öster¬
reich lebenden Katholiken nicht getrennt gedacht werden kann, müssen sich auch
die Gegner der sogenannten „Klerikalen" zählen, so lange sie mindestens durch
Taufe und Trauung, durch Teilnahme am katholischen Gottesdienste und
Religionsunterricht ihre Zugehörigkeit zu dieser Religiousgenvssenschaft öffent¬
lich bekennen. Über rein kirchliche Angelegenheiten besteht auch kaum, ein Streit.
Mit Ausnahme der „Unfehlbarkeit," die im wesentlichen doch nur organisato¬
rische Bedeutung hat, erfahren die Dogmen wenig Anfechtung, kein Gottesdienst,
kein religiöser Aufzug wird gestört, kein Bistum, keine Pfarre, kein Kloster im
Bestände gefährdet, man freut sich allgemein an dem Erstehen neuer, mit künst¬
lerischem Geschmack ausgeführter Gotteshäuser, man schützt und ehrt die kirch¬
liche Kunst in allen ihren Richtungen, die Volksvertretung bemüht sich mit
seltner Eintracht, auch die materielle Lage der niedern Geistlichkeit nach Krusten
zu verbessern, obwohl dies von manchen hohen Kirchenfttrsten viel besser und
ausgiebiger besorgt werden könnte; anderseits wendet auch die Kirche gegen
ihre lauen und widerstrebenden Glieder keine von allen jenen harten Strafen
an, die in ihrer Macht stehen, zu deren Handhabung sie sogar verpflichtet ist.
Wir hören nichts von Bann und Exkommunikation. selten von Entziehung der
Sterbesakramente oder von Verweigerung der kirchlichen Trauung wegen Zweifeln
Grenzboten II 1889 55
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