Die Grenzboten. Jg. 48, 1889, Zweites Vierteljahr.richten habe, die man sonst nur den Sklaven zumutete, nämlich den Schweinen Still, ladete du nicht, Tochter Fjvrgyns, (Der "lüsterne Schoß" gehört zu den geschmackvollen Zuthaten des Übersetzers.) Noch deutlicher aber tritt die Unwissenheit zu Tage, wen" Jordan in richten habe, die man sonst nur den Sklaven zumutete, nämlich den Schweinen Still, ladete du nicht, Tochter Fjvrgyns, (Der „lüsterne Schoß" gehört zu den geschmackvollen Zuthaten des Übersetzers.) Noch deutlicher aber tritt die Unwissenheit zu Tage, wen» Jordan in <TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <pb facs="#f0375" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/205106"/> <fw type="header" place="top"/><lb/> <p xml:id="ID_1032" prev="#ID_1031"> richten habe, die man sonst nur den Sklaven zumutete, nämlich den Schweinen<lb/> das Futter zu reichen und die Hunde zu ihrem Tränke zu locken. Nach<lb/> Jordans Übersetzung gipfelt die Beleidigung darin, daß Gndmund — „zur<lb/> Suppe Hündinnen nette"! In „Lokis Spottreden" (LoKiiMnng.), Strophe 26,<lb/> muß sich Frigg von Loki sagen lassen, daß sie, obwohl sie Widhrirs Frau<lb/> sei, auch den Will und We mit ihrer Liebe beglückt habe. Jordan, der<lb/> keine Ahnung davon hat, daß Widhrir nur ein Beiname Odins ist, macht<lb/> Will und We (bekanntlich Brüder des obersten Gottes) aus Liebhabern der<lb/> Frigg zu Kindern derselben und übersetzt:</p><lb/> <quote> Still, ladete du nicht, Tochter Fjvrgyns,<lb/> die du maßlos frvhntest der Maunesminne,<lb/> und dem Will, dem We als Widrirs Buhle<lb/> das Leben schenktest aus lüsternem Schoß.</quote><lb/> <p xml:id="ID_1033"> (Der „lüsterne Schoß" gehört zu den geschmackvollen Zuthaten des Übersetzers.)</p><lb/> <p xml:id="ID_1034" next="#ID_1035"> Noch deutlicher aber tritt die Unwissenheit zu Tage, wen» Jordan in<lb/> seineu Anmerkungen eine wörtliche Wiedergabe des Urtextes (einen „deckenden<lb/> Abklatsch" nach seiner eignen Bezeichnung) dem staunenden Leser darbietet.<lb/> Hier hat er in seiner großartigen Ignoranz Böcke geschossen, gegen die solche<lb/> Versehen, wie sie Lessing in der Horazübersetzung des Pastors Lange auftrieb,<lb/> harmlose Schnitzer genannt werden müsse», und einen Unsinn aus Licht ge¬<lb/> fordert, der lebhaft an das Mißgeschick erinnert, das Pagel Zaruewitz in<lb/> Reuters „Dörchläuchting" in der Vergilstunde betraf. Bekanntschaft mit dem<lb/> Altnordischen ist ja leider außerhalb der engsten Fachkreise so selten, daß ich<lb/> es mir versagen muß, meine Behauptung in eingehender Weise durch Beispiele<lb/> zu erhärten; doch sei wenigstens zur Erheiterung derjenigen, die der Sprache<lb/> kundig sind, beispielsweise auf S. 7 verwiesen, wo in der Übersetzung von<lb/> WvAmÄ 74 ein Dativ für den Nominativ, eine männliche Adjektivform für<lb/> die weibliche, ein Verbum für ein Substantiv, eine Konjunktion für eine<lb/> Präposition angesehen ist (das alles in fünf Zeilen!); oder auf S. 316, wo<lb/> Jordan, durch das xrvböiräit der Kopenhagener Glosse irregeführt, das alt¬<lb/> nordische Wort brsiü (richtiger du«ol), den Dativ von Irrss, '„Leiche," für ein<lb/> Verbum gehalten hat, das er dann, der Lautähnlichkeit wegen, mit unserm<lb/> greifen in Verbindung bringt, während umgekehrt »iun (lies iuur), das eine<lb/> Verbcilform ist, von dem Mastülinum mi-r, „Toter," abgeleitet wird n. s. w.<lb/> Da Jordan bei dieser kindlichen Unwissenheit in grammatischen Dingen die<lb/> Wörterbücher natürlich nicht zu benutzen versteht, legt er sich auf das bequemere<lb/> Raten; eine Form wie Mnrw erinnert ihn begreiflicherweise an das deutsche<lb/> schnüre», womit sie gar nichts zu thun hat; inWÜnge, „schlanke Finger habend,"<lb/> wird bei ihm zum „Mädchenfänger," rum, „der Eber," wird mit rür, „die<lb/> Rune," verwechselt u. s. f. Unter diesen Umständen wirkt es denn unsäglich</p><lb/> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0375]
richten habe, die man sonst nur den Sklaven zumutete, nämlich den Schweinen
das Futter zu reichen und die Hunde zu ihrem Tränke zu locken. Nach
Jordans Übersetzung gipfelt die Beleidigung darin, daß Gndmund — „zur
Suppe Hündinnen nette"! In „Lokis Spottreden" (LoKiiMnng.), Strophe 26,
muß sich Frigg von Loki sagen lassen, daß sie, obwohl sie Widhrirs Frau
sei, auch den Will und We mit ihrer Liebe beglückt habe. Jordan, der
keine Ahnung davon hat, daß Widhrir nur ein Beiname Odins ist, macht
Will und We (bekanntlich Brüder des obersten Gottes) aus Liebhabern der
Frigg zu Kindern derselben und übersetzt:
Still, ladete du nicht, Tochter Fjvrgyns,
die du maßlos frvhntest der Maunesminne,
und dem Will, dem We als Widrirs Buhle
das Leben schenktest aus lüsternem Schoß.
(Der „lüsterne Schoß" gehört zu den geschmackvollen Zuthaten des Übersetzers.)
Noch deutlicher aber tritt die Unwissenheit zu Tage, wen» Jordan in
seineu Anmerkungen eine wörtliche Wiedergabe des Urtextes (einen „deckenden
Abklatsch" nach seiner eignen Bezeichnung) dem staunenden Leser darbietet.
Hier hat er in seiner großartigen Ignoranz Böcke geschossen, gegen die solche
Versehen, wie sie Lessing in der Horazübersetzung des Pastors Lange auftrieb,
harmlose Schnitzer genannt werden müsse», und einen Unsinn aus Licht ge¬
fordert, der lebhaft an das Mißgeschick erinnert, das Pagel Zaruewitz in
Reuters „Dörchläuchting" in der Vergilstunde betraf. Bekanntschaft mit dem
Altnordischen ist ja leider außerhalb der engsten Fachkreise so selten, daß ich
es mir versagen muß, meine Behauptung in eingehender Weise durch Beispiele
zu erhärten; doch sei wenigstens zur Erheiterung derjenigen, die der Sprache
kundig sind, beispielsweise auf S. 7 verwiesen, wo in der Übersetzung von
WvAmÄ 74 ein Dativ für den Nominativ, eine männliche Adjektivform für
die weibliche, ein Verbum für ein Substantiv, eine Konjunktion für eine
Präposition angesehen ist (das alles in fünf Zeilen!); oder auf S. 316, wo
Jordan, durch das xrvböiräit der Kopenhagener Glosse irregeführt, das alt¬
nordische Wort brsiü (richtiger du«ol), den Dativ von Irrss, '„Leiche," für ein
Verbum gehalten hat, das er dann, der Lautähnlichkeit wegen, mit unserm
greifen in Verbindung bringt, während umgekehrt »iun (lies iuur), das eine
Verbcilform ist, von dem Mastülinum mi-r, „Toter," abgeleitet wird n. s. w.
Da Jordan bei dieser kindlichen Unwissenheit in grammatischen Dingen die
Wörterbücher natürlich nicht zu benutzen versteht, legt er sich auf das bequemere
Raten; eine Form wie Mnrw erinnert ihn begreiflicherweise an das deutsche
schnüre», womit sie gar nichts zu thun hat; inWÜnge, „schlanke Finger habend,"
wird bei ihm zum „Mädchenfänger," rum, „der Eber," wird mit rür, „die
Rune," verwechselt u. s. f. Unter diesen Umständen wirkt es denn unsäglich
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