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Die Grenzboten. Jg. 48, 1889, Zweites Vierteljahr.

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Augsburger Schmalzbriefe

zu einem Entschlüsse auf, und um 7. Dezember 1485 ging im Auftrage des!
Rates durch Ulrich Fugger ein Wechsel für 2000 Dukaten "ach Rom.

Wie viel davon zum Erwerbe der Dispensbulle verwendet wurde, ist
nicht ersichtlich.*) Ein Teil, vielleicht sogar der größte Teil des Geldes war
sicherlich dazu bestimmt, in dem Streite mit dem Kapitel unter den maßgebenden
Persönlichkeiten zu Rom eine der Stadt günstige Stimmung zu erwecken. Doch
sind zu diesem Zwecke auch später noch große Summen ausgegeben worden,
z. B. gleich im Dezember des folgenden Jahres, 1485, abermals 2000 Dukaten,
und die Stadt hat gleichwohl in diesem Handel kein Glück gehabt. Die Fasteu¬
frage aber geriet doch endlich in Fluß.

Im Frühjahr 1480 langte in Augsburg eine päpstliche Dispensbulle an,
die in jeder Beziehung befriedigen konnte. Vom 20. April 1486 datirt, be¬
stimmt sie, daß sämtlichen Bewohnern der Stadt fortan fiir ewige Zeiten an
allen Fasttagen, mit einziger Ausnahme des Karfreitags, der Genuß von
Eiern, Butter, Schmalz, Käse und sonstigen Milchspeisen erlaubt sein sollte;
und zum Schlüsse ward jedem, der sich etwa unterfangen würde, ihnen darin
etwas in den Weg zu legen, in regelrechter Form der Zorn des Allmächtigen
und der heiligen Zwvlfboten Petrus und Paulus angedroht.

Damit war die Frage zu einer allerseits befriedigenden Lösung gediehen,
und es ist nie wieder der Versuch gemacht worden, den Augsbnrgern die
ältern, strengern Fastenvorschriften aufzudrängen.





Ein Augsburger Chronist, der allerdings 80 bis S0 Jahre später schrieb, Ach. Pirm.
Gaffer, spricht von 400 Goldgulden, c^uscirinFentis llummis aursis (bei Mencken, Lorixt. Ker,
Lorw. Bd. I, S. 1695); daS wären etwa 300 Dukaten, also die Summe, die schon mehrere
Jahre vorher V. Arzt als Preis einer Dispensbnlle genannt hatte. Doch liegt dieser Angabe
Gnssers, der auch sonst den Hergang nicht ganz richtig darstellt, wohl eine Verwechslung zu
Grnnde. Die Summe, die thatsächlich für die Bulle gezahlt wurde, ist wahrscheinlich viel
größer gewesen.
Augsburger Schmalzbriefe

zu einem Entschlüsse auf, und um 7. Dezember 1485 ging im Auftrage des!
Rates durch Ulrich Fugger ein Wechsel für 2000 Dukaten «ach Rom.

Wie viel davon zum Erwerbe der Dispensbulle verwendet wurde, ist
nicht ersichtlich.*) Ein Teil, vielleicht sogar der größte Teil des Geldes war
sicherlich dazu bestimmt, in dem Streite mit dem Kapitel unter den maßgebenden
Persönlichkeiten zu Rom eine der Stadt günstige Stimmung zu erwecken. Doch
sind zu diesem Zwecke auch später noch große Summen ausgegeben worden,
z. B. gleich im Dezember des folgenden Jahres, 1485, abermals 2000 Dukaten,
und die Stadt hat gleichwohl in diesem Handel kein Glück gehabt. Die Fasteu¬
frage aber geriet doch endlich in Fluß.

Im Frühjahr 1480 langte in Augsburg eine päpstliche Dispensbulle an,
die in jeder Beziehung befriedigen konnte. Vom 20. April 1486 datirt, be¬
stimmt sie, daß sämtlichen Bewohnern der Stadt fortan fiir ewige Zeiten an
allen Fasttagen, mit einziger Ausnahme des Karfreitags, der Genuß von
Eiern, Butter, Schmalz, Käse und sonstigen Milchspeisen erlaubt sein sollte;
und zum Schlüsse ward jedem, der sich etwa unterfangen würde, ihnen darin
etwas in den Weg zu legen, in regelrechter Form der Zorn des Allmächtigen
und der heiligen Zwvlfboten Petrus und Paulus angedroht.

Damit war die Frage zu einer allerseits befriedigenden Lösung gediehen,
und es ist nie wieder der Versuch gemacht worden, den Augsbnrgern die
ältern, strengern Fastenvorschriften aufzudrängen.





Ein Augsburger Chronist, der allerdings 80 bis S0 Jahre später schrieb, Ach. Pirm.
Gaffer, spricht von 400 Goldgulden, c^uscirinFentis llummis aursis (bei Mencken, Lorixt. Ker,
Lorw. Bd. I, S. 1695); daS wären etwa 300 Dukaten, also die Summe, die schon mehrere
Jahre vorher V. Arzt als Preis einer Dispensbnlle genannt hatte. Doch liegt dieser Angabe
Gnssers, der auch sonst den Hergang nicht ganz richtig darstellt, wohl eine Verwechslung zu
Grnnde. Die Summe, die thatsächlich für die Bulle gezahlt wurde, ist wahrscheinlich viel
größer gewesen.
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[0324] Augsburger Schmalzbriefe zu einem Entschlüsse auf, und um 7. Dezember 1485 ging im Auftrage des! Rates durch Ulrich Fugger ein Wechsel für 2000 Dukaten «ach Rom. Wie viel davon zum Erwerbe der Dispensbulle verwendet wurde, ist nicht ersichtlich.*) Ein Teil, vielleicht sogar der größte Teil des Geldes war sicherlich dazu bestimmt, in dem Streite mit dem Kapitel unter den maßgebenden Persönlichkeiten zu Rom eine der Stadt günstige Stimmung zu erwecken. Doch sind zu diesem Zwecke auch später noch große Summen ausgegeben worden, z. B. gleich im Dezember des folgenden Jahres, 1485, abermals 2000 Dukaten, und die Stadt hat gleichwohl in diesem Handel kein Glück gehabt. Die Fasteu¬ frage aber geriet doch endlich in Fluß. Im Frühjahr 1480 langte in Augsburg eine päpstliche Dispensbulle an, die in jeder Beziehung befriedigen konnte. Vom 20. April 1486 datirt, be¬ stimmt sie, daß sämtlichen Bewohnern der Stadt fortan fiir ewige Zeiten an allen Fasttagen, mit einziger Ausnahme des Karfreitags, der Genuß von Eiern, Butter, Schmalz, Käse und sonstigen Milchspeisen erlaubt sein sollte; und zum Schlüsse ward jedem, der sich etwa unterfangen würde, ihnen darin etwas in den Weg zu legen, in regelrechter Form der Zorn des Allmächtigen und der heiligen Zwvlfboten Petrus und Paulus angedroht. Damit war die Frage zu einer allerseits befriedigenden Lösung gediehen, und es ist nie wieder der Versuch gemacht worden, den Augsbnrgern die ältern, strengern Fastenvorschriften aufzudrängen. Ein Augsburger Chronist, der allerdings 80 bis S0 Jahre später schrieb, Ach. Pirm. Gaffer, spricht von 400 Goldgulden, c^uscirinFentis llummis aursis (bei Mencken, Lorixt. Ker, Lorw. Bd. I, S. 1695); daS wären etwa 300 Dukaten, also die Summe, die schon mehrere Jahre vorher V. Arzt als Preis einer Dispensbnlle genannt hatte. Doch liegt dieser Angabe Gnssers, der auch sonst den Hergang nicht ganz richtig darstellt, wohl eine Verwechslung zu Grnnde. Die Summe, die thatsächlich für die Bulle gezahlt wurde, ist wahrscheinlich viel größer gewesen.

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 48, 1889, Zweites Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341849_204730/324>, abgerufen am 05.02.2025.