Die Grenzboten. Jg. 48, 1889, Zweites Vierteljahr.An Zahlungen sollte ans die Anskmifssumme, die im Durchschnitt mit So war die unerträgliche Lage der russischen Bauern der ursprünglichen So unbedeutend die ursprünglichen Zahlungen auch sein mochten, so er¬ Eine geringe Änderung trat in diesem Chaos der russischen Banernwirt- An Zahlungen sollte ans die Anskmifssumme, die im Durchschnitt mit So war die unerträgliche Lage der russischen Bauern der ursprünglichen So unbedeutend die ursprünglichen Zahlungen auch sein mochten, so er¬ Eine geringe Änderung trat in diesem Chaos der russischen Banernwirt- <TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <pb facs="#f0308" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/205039"/> <fw type="header" place="top"/><lb/> <p xml:id="ID_809"> An Zahlungen sollte ans die Anskmifssumme, die im Durchschnitt mit<lb/> 30 Rubeln für die Dessjatine oder etwa 7 Rubeln für den Morgen berechnet<lb/> war und in 49 Jahren amortisirt werden sollte, ursprünglich geleistet werden<lb/> für die Seele oder deren Anteil jährlich 8—0 Rubel Obrok (Zinsen<lb/> und Amortisation) und 4—5 Rubel Kommunal- oder sonstige Abgaben, im<lb/> ganzen also 12—14 Rubel Kredit oder — die Mark zu 50 Kopeken gerechnet —<lb/> etwa 24^28 Mark, oder auf die Wirtschaft von 70 Morgen etwa 30—42<lb/> Rudel ---- 72—84 Mark. Ausdrücklich muß hier uoch daraus aufmerksam<lb/> gemacht werden, das; dieser den Bauern zugeteilte Grundbesitz, ebenso wie ihre<lb/> Hänser, überhaupt alles, was zum Weiterführen der Wirtschaft unbedingt not¬<lb/> wendig ist, unter keinen Umständen angegriffen werden kann, daß Hypotheken-und<lb/> sonstige Gläubiger, abgesehen von dein in der Wirtschaft überflüssigen, um<lb/> Grundbesitz der russischen Bauern also schlechterdings nichts zu suchen haben.<lb/> Da dieser Grundbesitz überhaupt nicht verpfändet werden kann und darf, so<lb/> kann von Hypotheken im westeuropäischen Sinu auch keine Rede sein.</p><lb/> <p xml:id="ID_810"> So war die unerträgliche Lage der russischen Bauern der ursprünglichen<lb/> Bestimmung nach, über die die Vanernfrennde und ihre Presse unendlich viel<lb/> geschrieben und gejammert haben, bis diese Zahlungen schließlich wirklich so weit<lb/> ermäßigt wurden, daß gegenwärtig auf die Dessjatine nur noch ein Rubel oder<lb/> ans den Morgen 48 Pfennige Gesamtzahlung fallen. Nun vergleiche man<lb/> einmal die Lage der Masse der deutscheu Bailern mit siebzig Morgen, die die<lb/> Hälfte des Wertes ihres Eigentums als Hypothek zu verzinsen haben! So<lb/> sehr die russischen Bauernfrennde und ihre Presse übrigens auch wegen der<lb/> armen, gedrücktem Bauern agitirt haben, nie ist es ihnen eingefallen, wenn auch<lb/> nur mit einem Wort, der Tausende von deutschen, lettischen und cölnischen<lb/> Pächtern zu gedenken, die zwischen deu russischen Bauern saßen und noch ganz<lb/> andre Zahlungen als jene zu leisten hatten. Daß diese das Drei- bis Fünffache<lb/> für die gleiche Fläche wie die russischen Bauern allein um Pacht entrichten<lb/> mußten, wo also durchaus keine Rede von Amortisation und Erwerb von<lb/> Eigentum war, wurde ganz selbstverständlich und in Ordnung gefunden.</p><lb/> <p xml:id="ID_811"> So unbedeutend die ursprünglichen Zahlungen auch sein mochten, so er¬<lb/> schienen sie doch Huttderttcmseuden von russischen Bauern groß genug, um ein<lb/> für alle mal auf ihren Laudanteil zu verzichten, sodaß dann selbstverständlich<lb/> die übrigen Glieder ihrer Gemeinde ihn übernehmen und die darauf fallenden<lb/> Zahlungen auch leisten mußten. In den ersten zehn Jahren der Banernsreiheit<lb/> waren derartige Landanteile übrigens nie anders los zu werden, als daß der,<lb/> der davon frei werden wollte, entweder der Gemeinde oder dem Übernehmer<lb/> eine für russische Bauernverhältnisse oft sehr hohe Entschädigungssumme zahlte,<lb/> jedenfalls eine Erscheinung, die anderwärts uoch nie vorgekommen sein dürfte.</p><lb/> <p xml:id="ID_812" next="#ID_813"> Eine geringe Änderung trat in diesem Chaos der russischen Banernwirt-<lb/> schaft erst mit dem Verbot weiterer Teilungen in den Familien ohne Ge-</p><lb/> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0308]
An Zahlungen sollte ans die Anskmifssumme, die im Durchschnitt mit
30 Rubeln für die Dessjatine oder etwa 7 Rubeln für den Morgen berechnet
war und in 49 Jahren amortisirt werden sollte, ursprünglich geleistet werden
für die Seele oder deren Anteil jährlich 8—0 Rubel Obrok (Zinsen
und Amortisation) und 4—5 Rubel Kommunal- oder sonstige Abgaben, im
ganzen also 12—14 Rubel Kredit oder — die Mark zu 50 Kopeken gerechnet —
etwa 24^28 Mark, oder auf die Wirtschaft von 70 Morgen etwa 30—42
Rudel ---- 72—84 Mark. Ausdrücklich muß hier uoch daraus aufmerksam
gemacht werden, das; dieser den Bauern zugeteilte Grundbesitz, ebenso wie ihre
Hänser, überhaupt alles, was zum Weiterführen der Wirtschaft unbedingt not¬
wendig ist, unter keinen Umständen angegriffen werden kann, daß Hypotheken-und
sonstige Gläubiger, abgesehen von dein in der Wirtschaft überflüssigen, um
Grundbesitz der russischen Bauern also schlechterdings nichts zu suchen haben.
Da dieser Grundbesitz überhaupt nicht verpfändet werden kann und darf, so
kann von Hypotheken im westeuropäischen Sinu auch keine Rede sein.
So war die unerträgliche Lage der russischen Bauern der ursprünglichen
Bestimmung nach, über die die Vanernfrennde und ihre Presse unendlich viel
geschrieben und gejammert haben, bis diese Zahlungen schließlich wirklich so weit
ermäßigt wurden, daß gegenwärtig auf die Dessjatine nur noch ein Rubel oder
ans den Morgen 48 Pfennige Gesamtzahlung fallen. Nun vergleiche man
einmal die Lage der Masse der deutscheu Bailern mit siebzig Morgen, die die
Hälfte des Wertes ihres Eigentums als Hypothek zu verzinsen haben! So
sehr die russischen Bauernfrennde und ihre Presse übrigens auch wegen der
armen, gedrücktem Bauern agitirt haben, nie ist es ihnen eingefallen, wenn auch
nur mit einem Wort, der Tausende von deutschen, lettischen und cölnischen
Pächtern zu gedenken, die zwischen deu russischen Bauern saßen und noch ganz
andre Zahlungen als jene zu leisten hatten. Daß diese das Drei- bis Fünffache
für die gleiche Fläche wie die russischen Bauern allein um Pacht entrichten
mußten, wo also durchaus keine Rede von Amortisation und Erwerb von
Eigentum war, wurde ganz selbstverständlich und in Ordnung gefunden.
So unbedeutend die ursprünglichen Zahlungen auch sein mochten, so er¬
schienen sie doch Huttderttcmseuden von russischen Bauern groß genug, um ein
für alle mal auf ihren Laudanteil zu verzichten, sodaß dann selbstverständlich
die übrigen Glieder ihrer Gemeinde ihn übernehmen und die darauf fallenden
Zahlungen auch leisten mußten. In den ersten zehn Jahren der Banernsreiheit
waren derartige Landanteile übrigens nie anders los zu werden, als daß der,
der davon frei werden wollte, entweder der Gemeinde oder dem Übernehmer
eine für russische Bauernverhältnisse oft sehr hohe Entschädigungssumme zahlte,
jedenfalls eine Erscheinung, die anderwärts uoch nie vorgekommen sein dürfte.
Eine geringe Änderung trat in diesem Chaos der russischen Banernwirt-
schaft erst mit dem Verbot weiterer Teilungen in den Familien ohne Ge-
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