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Die Grenzboten. Jg. 48, 1889, Zweites Vierteljahr.

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Abbazia

und Pensionen reichen schon nicht mehr aus, Abbazin ist sichtlich im Auf¬
blühen.

Sehen wir uns min die Verhältnisse im einzelnen an. Mit Ausnahme
des äußersten Südwestens ist in der That von allen Punkten Deutschlands die
Küste von Jstrien in beträchtlich kürzerer Zeit zu erreichen, als die Riviera
ti Ponente. Ein hierher gehöriger andrer Punkt soll nachher berührt werde"?.

Das Meer hat so ziemlich den Charakter eines Gebirgssees. Nur schmale
Straßen zwischen dem Festlande und den Inseln Cherso, Veglia, San Marco
verbinden den Quarnero mit der Adria, deren Bewegungen sich daher sehr abge¬
schwächt auf die Bucht übertragen. Daß Ebbe und Flut vorhanden sind,
würde man keinen wahrnehmen, wenn nicht die erstere sich den Geruchsnerven
bemerkbar machte. Dieser ruhige Spiegel gewährt in ungewöhnlichem Grade
alle Annehmlichkeiten des Wassersports; Barken in Menge stehen Seglern und
Ruderern zur Berfügnug, und kleine Dampfer keuchen zwischen den Küstenplätzen
hin und her. Aber die Luft entbehrt auch des Salzgehaltes, den sie von
starkem Wellenschlag empfangen würde, es fehlt der Blick nuf die endlose Fläche,
und vermutlich infolge der Seichtheit des Grundes erscheint uns das Wasser
grünlich, blaßblau, silbern, über Tanglagern violettbraun, doch nnr äußerst
selten in dem vollen glänzenden Tiefblau, das sonst an südlichen Meeren entzückt.

Der Boden ist, wie erwähnt, graues Karstgestein, hie und da von offenbar
eisenhaltiger rotgelber Erdschicht bedeckt. Dieser Gebirgsart fehlt es nicht
an Reiz. Mulden mit üppigem Pflanzenwuchs stechen freundlich von der toten
Masse ab, und die für dieses Gestein charakteristische Hvhlenwelt macht sich
in mancherlei Art bemerkbar, hier durch plötzliches Aufsprudeln eines Wasser¬
laufs, auch auf dem. Meeresgrunde, in welchem Falle weite Kreise an der
Oberfläche die Süßwasserquelle verraten, dort wieder durch das geräuschvolle
Verschwinden der Flutwelle" in unterirdischen Tiefen.
"

Die unteren Hänge des Gebirges sind meist mit Eichengestrüpp bestanden,
das im Winter keinen erfreulichen Anblick giebt. Dafür kann die Gegend stolz
sein ans ihren Lorberreichtum. In einer solchen Fülle ist mir das edle
Gewächs mit dem dunkelgrünen Lande und den gelblichen Blütensträußen noch
nie begegnet, und Reisende, die viel mehr von der Welt gesehen haben, geben
dieselbe Erklä'rnng ab. Es umbuscht alles Manerwerk und bildet förmliche
Wäldchen, in denen Scharen von Nachtigallen und andern Singvögeln nisten,
fröhlich bezeugend, daß die barbarische Vvgelmörderei der Italiener sich uicht
bis an diese Küste verbreitet hat.

Ölbaum, Cypresse, Strandfichte kommen seltener vor und gelangen nicht
zu mächtiger Entwicklung; das gilt in noch höherm Grade von Agave und
Aloe, die schon an der ligurischen Küste wie in Unteritalien und auf den
griechischen Inseln auf allen Klippen wuchern, von Zitronen und Orangen-
büumeu; Palmengewächse und andre Kinder der Tropen bedürfen des Schutzes.


Abbazia

und Pensionen reichen schon nicht mehr aus, Abbazin ist sichtlich im Auf¬
blühen.

Sehen wir uns min die Verhältnisse im einzelnen an. Mit Ausnahme
des äußersten Südwestens ist in der That von allen Punkten Deutschlands die
Küste von Jstrien in beträchtlich kürzerer Zeit zu erreichen, als die Riviera
ti Ponente. Ein hierher gehöriger andrer Punkt soll nachher berührt werde«?.

Das Meer hat so ziemlich den Charakter eines Gebirgssees. Nur schmale
Straßen zwischen dem Festlande und den Inseln Cherso, Veglia, San Marco
verbinden den Quarnero mit der Adria, deren Bewegungen sich daher sehr abge¬
schwächt auf die Bucht übertragen. Daß Ebbe und Flut vorhanden sind,
würde man keinen wahrnehmen, wenn nicht die erstere sich den Geruchsnerven
bemerkbar machte. Dieser ruhige Spiegel gewährt in ungewöhnlichem Grade
alle Annehmlichkeiten des Wassersports; Barken in Menge stehen Seglern und
Ruderern zur Berfügnug, und kleine Dampfer keuchen zwischen den Küstenplätzen
hin und her. Aber die Luft entbehrt auch des Salzgehaltes, den sie von
starkem Wellenschlag empfangen würde, es fehlt der Blick nuf die endlose Fläche,
und vermutlich infolge der Seichtheit des Grundes erscheint uns das Wasser
grünlich, blaßblau, silbern, über Tanglagern violettbraun, doch nnr äußerst
selten in dem vollen glänzenden Tiefblau, das sonst an südlichen Meeren entzückt.

Der Boden ist, wie erwähnt, graues Karstgestein, hie und da von offenbar
eisenhaltiger rotgelber Erdschicht bedeckt. Dieser Gebirgsart fehlt es nicht
an Reiz. Mulden mit üppigem Pflanzenwuchs stechen freundlich von der toten
Masse ab, und die für dieses Gestein charakteristische Hvhlenwelt macht sich
in mancherlei Art bemerkbar, hier durch plötzliches Aufsprudeln eines Wasser¬
laufs, auch auf dem. Meeresgrunde, in welchem Falle weite Kreise an der
Oberfläche die Süßwasserquelle verraten, dort wieder durch das geräuschvolle
Verschwinden der Flutwelle« in unterirdischen Tiefen.
"

Die unteren Hänge des Gebirges sind meist mit Eichengestrüpp bestanden,
das im Winter keinen erfreulichen Anblick giebt. Dafür kann die Gegend stolz
sein ans ihren Lorberreichtum. In einer solchen Fülle ist mir das edle
Gewächs mit dem dunkelgrünen Lande und den gelblichen Blütensträußen noch
nie begegnet, und Reisende, die viel mehr von der Welt gesehen haben, geben
dieselbe Erklä'rnng ab. Es umbuscht alles Manerwerk und bildet förmliche
Wäldchen, in denen Scharen von Nachtigallen und andern Singvögeln nisten,
fröhlich bezeugend, daß die barbarische Vvgelmörderei der Italiener sich uicht
bis an diese Küste verbreitet hat.

Ölbaum, Cypresse, Strandfichte kommen seltener vor und gelangen nicht
zu mächtiger Entwicklung; das gilt in noch höherm Grade von Agave und
Aloe, die schon an der ligurischen Küste wie in Unteritalien und auf den
griechischen Inseln auf allen Klippen wuchern, von Zitronen und Orangen-
büumeu; Palmengewächse und andre Kinder der Tropen bedürfen des Schutzes.


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[0278] Abbazia und Pensionen reichen schon nicht mehr aus, Abbazin ist sichtlich im Auf¬ blühen. Sehen wir uns min die Verhältnisse im einzelnen an. Mit Ausnahme des äußersten Südwestens ist in der That von allen Punkten Deutschlands die Küste von Jstrien in beträchtlich kürzerer Zeit zu erreichen, als die Riviera ti Ponente. Ein hierher gehöriger andrer Punkt soll nachher berührt werde«?. Das Meer hat so ziemlich den Charakter eines Gebirgssees. Nur schmale Straßen zwischen dem Festlande und den Inseln Cherso, Veglia, San Marco verbinden den Quarnero mit der Adria, deren Bewegungen sich daher sehr abge¬ schwächt auf die Bucht übertragen. Daß Ebbe und Flut vorhanden sind, würde man keinen wahrnehmen, wenn nicht die erstere sich den Geruchsnerven bemerkbar machte. Dieser ruhige Spiegel gewährt in ungewöhnlichem Grade alle Annehmlichkeiten des Wassersports; Barken in Menge stehen Seglern und Ruderern zur Berfügnug, und kleine Dampfer keuchen zwischen den Küstenplätzen hin und her. Aber die Luft entbehrt auch des Salzgehaltes, den sie von starkem Wellenschlag empfangen würde, es fehlt der Blick nuf die endlose Fläche, und vermutlich infolge der Seichtheit des Grundes erscheint uns das Wasser grünlich, blaßblau, silbern, über Tanglagern violettbraun, doch nnr äußerst selten in dem vollen glänzenden Tiefblau, das sonst an südlichen Meeren entzückt. Der Boden ist, wie erwähnt, graues Karstgestein, hie und da von offenbar eisenhaltiger rotgelber Erdschicht bedeckt. Dieser Gebirgsart fehlt es nicht an Reiz. Mulden mit üppigem Pflanzenwuchs stechen freundlich von der toten Masse ab, und die für dieses Gestein charakteristische Hvhlenwelt macht sich in mancherlei Art bemerkbar, hier durch plötzliches Aufsprudeln eines Wasser¬ laufs, auch auf dem. Meeresgrunde, in welchem Falle weite Kreise an der Oberfläche die Süßwasserquelle verraten, dort wieder durch das geräuschvolle Verschwinden der Flutwelle« in unterirdischen Tiefen. " Die unteren Hänge des Gebirges sind meist mit Eichengestrüpp bestanden, das im Winter keinen erfreulichen Anblick giebt. Dafür kann die Gegend stolz sein ans ihren Lorberreichtum. In einer solchen Fülle ist mir das edle Gewächs mit dem dunkelgrünen Lande und den gelblichen Blütensträußen noch nie begegnet, und Reisende, die viel mehr von der Welt gesehen haben, geben dieselbe Erklä'rnng ab. Es umbuscht alles Manerwerk und bildet förmliche Wäldchen, in denen Scharen von Nachtigallen und andern Singvögeln nisten, fröhlich bezeugend, daß die barbarische Vvgelmörderei der Italiener sich uicht bis an diese Küste verbreitet hat. Ölbaum, Cypresse, Strandfichte kommen seltener vor und gelangen nicht zu mächtiger Entwicklung; das gilt in noch höherm Grade von Agave und Aloe, die schon an der ligurischen Küste wie in Unteritalien und auf den griechischen Inseln auf allen Klippen wuchern, von Zitronen und Orangen- büumeu; Palmengewächse und andre Kinder der Tropen bedürfen des Schutzes.

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 48, 1889, Zweites Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341849_204730/278>, abgerufen am 05.02.2025.