Die Grenzboten. Jg. 48, 1889, Zweites Vierteljahr.Wänden ziehen sich die offnen Viehstände hin, von dem die Tiere die Kopfe Den geraden Gegensatz zum sächsischen Einbau bildet der alte kärntnisch- Merkwürdig genug, daß diese beiden Hvsanlagen im äußersten Norden Wänden ziehen sich die offnen Viehstände hin, von dem die Tiere die Kopfe Den geraden Gegensatz zum sächsischen Einbau bildet der alte kärntnisch- Merkwürdig genug, daß diese beiden Hvsanlagen im äußersten Norden <TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <div n="2"> <pb facs="#f0274" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/205005"/> <fw type="header" place="top"/><lb/> <p xml:id="ID_698" prev="#ID_697"> Wänden ziehen sich die offnen Viehstände hin, von dem die Tiere die Kopfe<lb/> nach der Date strecken, um von deren Boden ihr Futter zu nehmen. Den<lb/> Hintergrund bildet, ebenfalls nach der Düte offen liegend und die ganze Breite<lb/> des Gebäudes einnehmend, der älteste und ursprünglich einzige Wohnraum, das<lb/> „Flek" mit dem Herd in seiner Mitte. An das Flek endlich schließt sich,<lb/> durch eine feste Wand davon getrennt, der erst im Laufe des spätern Mittel¬<lb/> alters hinzugefügte letzte Abschnitt, das sogenannte Kammerfach mit Stube und<lb/> Kammern. Die Eigentümlichkeit dieses Baues, der noch auf jeden Beschauer<lb/> den Eindruck höchsten Alters gemacht hat, liegt wesentlich darin, daß das ganze<lb/> alte Gebäude eigentlich nur einen einzigen großen und weiten Raum bildet,<lb/> worin alle Einteilungen nur angedeutet, aber nicht ausgeführt sind, sodaß<lb/> man, an einem hellen Svmmertnge, wenn die Ernte noch nicht eingebracht ist,<lb/> auf der Date stehend, seine Blicke ungehindert nach allen Wänden und sogar<lb/> durch die auf dem „Balken" nur lose gelegten „Stecken" (Schleißhölzer) bis<lb/> zum First kann schweifen lassen.</p><lb/> <p xml:id="ID_699"> Den geraden Gegensatz zum sächsischen Einbau bildet der alte kärntnisch-<lb/> steirische Hof, wie er sich im steirischen Mürzthal, besonders aber in der sogenannten<lb/> „Gegend" im Gebirge nördlich von Vliland erhalten hat, der nächste Verwandte<lb/> des nordisch-skandinavischen Bauernhofs, der ursprünglich für jeden Raum ein<lb/> besondres Haus besaß und es noch heute in gewissen Städtchen auf zwanzig und<lb/> mehr Gebäude bringt. Auch die größeren Gehöfte der „Gegend" zählen bis<lb/> zu zehn und mehr Gebäuden: das Wohnhaus, darin als Hauptraum die „Rauch-<lb/> stube" ohne Ofen und Rauchfang mit dem noch zuweilen in der Mitte der¬<lb/> selben stehenden Herde; ein oder zwei „Keuschen," Nebenhäuschen für die Alt¬<lb/> väter, aber hauptsächlich für „Gäste," für Handwerker, die bei den Bauern<lb/> auf die „Stör," auf Arbeit gehen, und für ältere Mügde mit eignen oder<lb/> ihnen eingethmien ledigen Kindern — Häusler oder verheiratete Knechte kommen<lb/> im Gebirge nicht vor —, zwei bis drei Hauptstallungen (der Stadel, im Mürz¬<lb/> thal ein besondres Gebäude, befindet sich in der „Gegend" über den Ställen),<lb/> Schweinestnll, Schuppen, auch wohl eine „Badstube," heute nur noch zum<lb/> Rösten und Brechen des Flachses benutzt, endlich der „Felikasten", ein kleines,<lb/> quadratisches, wie alle Gebäude des Hofes aus Balken gefügtes Häuschen auf<lb/> untergelegten Steinen — das Schatzkästlein des Bauern, wie es Rosegger<lb/> nennt, weil er seine beste Habe, das reine Korn, die Selchwürste, auch wohl<lb/> einen Strumpf mit blanken Gulden in sich birgt; man könnte es auch das<lb/> Schmuckkästlein nennen, denn es ist mit besonderer Sorgfalt, fast liebevoll be¬<lb/> Hauen und zeichnet sich von den übrigen Gebäuden durch ein Schloß und<lb/> einige einfache Verzierungen aus.</p><lb/> <p xml:id="ID_700" next="#ID_701"> Merkwürdig genug, daß diese beiden Hvsanlagen im äußersten Norden<lb/> und Süden bei ihrer schroffen inneren Gegensätzlichkeit sich doch in dem Um¬<lb/> stände berühren, daß sie allein in deutschen Gauen den alten Wohnraum mit</p><lb/> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0274]
Wänden ziehen sich die offnen Viehstände hin, von dem die Tiere die Kopfe
nach der Date strecken, um von deren Boden ihr Futter zu nehmen. Den
Hintergrund bildet, ebenfalls nach der Düte offen liegend und die ganze Breite
des Gebäudes einnehmend, der älteste und ursprünglich einzige Wohnraum, das
„Flek" mit dem Herd in seiner Mitte. An das Flek endlich schließt sich,
durch eine feste Wand davon getrennt, der erst im Laufe des spätern Mittel¬
alters hinzugefügte letzte Abschnitt, das sogenannte Kammerfach mit Stube und
Kammern. Die Eigentümlichkeit dieses Baues, der noch auf jeden Beschauer
den Eindruck höchsten Alters gemacht hat, liegt wesentlich darin, daß das ganze
alte Gebäude eigentlich nur einen einzigen großen und weiten Raum bildet,
worin alle Einteilungen nur angedeutet, aber nicht ausgeführt sind, sodaß
man, an einem hellen Svmmertnge, wenn die Ernte noch nicht eingebracht ist,
auf der Date stehend, seine Blicke ungehindert nach allen Wänden und sogar
durch die auf dem „Balken" nur lose gelegten „Stecken" (Schleißhölzer) bis
zum First kann schweifen lassen.
Den geraden Gegensatz zum sächsischen Einbau bildet der alte kärntnisch-
steirische Hof, wie er sich im steirischen Mürzthal, besonders aber in der sogenannten
„Gegend" im Gebirge nördlich von Vliland erhalten hat, der nächste Verwandte
des nordisch-skandinavischen Bauernhofs, der ursprünglich für jeden Raum ein
besondres Haus besaß und es noch heute in gewissen Städtchen auf zwanzig und
mehr Gebäude bringt. Auch die größeren Gehöfte der „Gegend" zählen bis
zu zehn und mehr Gebäuden: das Wohnhaus, darin als Hauptraum die „Rauch-
stube" ohne Ofen und Rauchfang mit dem noch zuweilen in der Mitte der¬
selben stehenden Herde; ein oder zwei „Keuschen," Nebenhäuschen für die Alt¬
väter, aber hauptsächlich für „Gäste," für Handwerker, die bei den Bauern
auf die „Stör," auf Arbeit gehen, und für ältere Mügde mit eignen oder
ihnen eingethmien ledigen Kindern — Häusler oder verheiratete Knechte kommen
im Gebirge nicht vor —, zwei bis drei Hauptstallungen (der Stadel, im Mürz¬
thal ein besondres Gebäude, befindet sich in der „Gegend" über den Ställen),
Schweinestnll, Schuppen, auch wohl eine „Badstube," heute nur noch zum
Rösten und Brechen des Flachses benutzt, endlich der „Felikasten", ein kleines,
quadratisches, wie alle Gebäude des Hofes aus Balken gefügtes Häuschen auf
untergelegten Steinen — das Schatzkästlein des Bauern, wie es Rosegger
nennt, weil er seine beste Habe, das reine Korn, die Selchwürste, auch wohl
einen Strumpf mit blanken Gulden in sich birgt; man könnte es auch das
Schmuckkästlein nennen, denn es ist mit besonderer Sorgfalt, fast liebevoll be¬
Hauen und zeichnet sich von den übrigen Gebäuden durch ein Schloß und
einige einfache Verzierungen aus.
Merkwürdig genug, daß diese beiden Hvsanlagen im äußersten Norden
und Süden bei ihrer schroffen inneren Gegensätzlichkeit sich doch in dem Um¬
stände berühren, daß sie allein in deutschen Gauen den alten Wohnraum mit
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