Die Grenzboten. Jg. 48, 1889, Zweites Vierteljahr.Das alte Dorf in deutscher Landschaft und sein Ende Gebäude") inmitten eines Hofraumes lägen, während in Italien die Hänser Zu dieser ersten Unregelmäßigkeit in der äußern Anlage unsrer Dörfer Eigentlich das Haus, avons, es scheint ein Einhalt vorausgesetzt zu sein. ^) Die westslawischen Slnnnue der Polen und Tschechen haben erst in späterer Zeit bon germanischer Seite ihre Scheune -- stockola -- Stadel -- entlehnt, aber selbst hier hatte sie wenigstens bei den Tschechen früher und hat sie noch heule bei den benachbarten Slovaken wie auch bei deu Wenden der Lausitz den Platz der älter" Feimen bewahrt, sie steht außerhalb des Hofrnumes. Seeboden, ?K<Z LuZlisIt Villu^v Lowiuunil^. London, 18L3.
Das alte Dorf in deutscher Landschaft und sein Ende Gebäude") inmitten eines Hofraumes lägen, während in Italien die Hänser Zu dieser ersten Unregelmäßigkeit in der äußern Anlage unsrer Dörfer Eigentlich das Haus, avons, es scheint ein Einhalt vorausgesetzt zu sein. ^) Die westslawischen Slnnnue der Polen und Tschechen haben erst in späterer Zeit bon germanischer Seite ihre Scheune — stockola — Stadel — entlehnt, aber selbst hier hatte sie wenigstens bei den Tschechen früher und hat sie noch heule bei den benachbarten Slovaken wie auch bei deu Wenden der Lausitz den Platz der älter» Feimen bewahrt, sie steht außerhalb des Hofrnumes. Seeboden, ?K<Z LuZlisIt Villu^v Lowiuunil^. London, 18L3.
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Das alte Dorf in deutscher Landschaft und sein Ende
Gebäude") inmitten eines Hofraumes lägen, während in Italien die Hänser
des Dorfes in znsamme»hä»ge»der Verbindung stünden (Osrirmniir .Kap. IK).
Dnsselbe, was in Italien wie damals, so noch heute und im wesentlichen wohl
auch bei den rudern Romanen gilt, daß der Hof vor dem Hause zurücktritt
und das Dorf ein straßenartiges Aussehen gewinnt, läßt sich in ähnlicher
Weise auch bei den Dörfern des slawischen Ostens beobachten, wo es bei der
Schmalheit und Enge der Höfe sogar vorkommt, daß die Strohdächer der
Häuser in einander verflochten find, sodaß die Dächer jeder Straßenseite fast
ein zusammenhängendes Ganze zu bilden scheinen. Hierzu trägt nicht wenig
der Umstand bei, daß, wie der Romane, so anch der Slawe eigentlich Scheunen
im deutschen Sinne — aus unsern Ballerhöfen gerade die größten und kost¬
spieligsten Gebäude — nicht kennt und sich an ihrer Statt mit Feimen behilft,
die ihren Platz nicht auf dem Hofe, souderu außerhalb des Hofes finden. °"°)
Zu dieser ersten Unregelmäßigkeit in der äußern Anlage unsrer Dörfer
kommt nun aber eine andre Unregelmäßigkeit im innern Aufbau. Ich meine
die Abstufungen in dem Besitz der Dorfgenosfen, der allerdings in den mittler»
und westlichen Gegenden Deutschlands, wo der Grundbesitz feit alter Zeit
durch immer neue Teilungen zerstückt ist und es vielerortcu eigentliche Bauern,
die diesen Namen verdienen, kaum noch giebt, welliger hervortritt, als in dem
bairischen Südosten und dem niedersächsischen Nordwesten unsers Vaterlandes.
Hier, wo die Höfe bis auf die neueste Zeit vielfach gesetzlich geschlossen waren,
und wo auch nach Aushebung der betreffenden Bestimmungen Nieder der Sachse
noch der Baier „s Hoamet ehalt," geht die Verschiedenheit des Besitzes häufig
unter den Angehörigen desselben Dorfes außerordeutlich weit. In ganz
besondern: Maße gilt dies von Norddeutschland infolge der Entwicklung des
Standes der Kothsassen, als welche ursprünglich, wie die Aussagen der alt¬
englischen Quellen über das genau entsprechende Verhältnis der votLstles zu
den Z'enöÄw (niedersächsisch Miröt«zu) unwiderleglich lehren,'^) an der alten
und eigentlichen in Gewanne verteilten Ackerflur keine» Anteil hatten, nicht
zu den „Genossen," den eigentlichen „reiheberechtigten" Bauern gehörten, nichts
als eine „Kothe," das heißt im Gegensatz zu dem Bnuern-„Hanse" eine Hütte
»det höchstens ein Paar ans der gemeinen Mark ausgeworfene Morgen ihr
Eigen nannten und für ihre Ernährung im wesentlichen ans Tagelohn ange¬
wiesen waren. Erst die großen Rodungen im Mittelalter, zuletzt im zwölften
Eigentlich das Haus, avons, es scheint ein Einhalt vorausgesetzt zu sein.
^) Die westslawischen Slnnnue der Polen und Tschechen haben erst in späterer Zeit
bon germanischer Seite ihre Scheune — stockola — Stadel — entlehnt, aber selbst hier hatte
sie wenigstens bei den Tschechen früher und hat sie noch heule bei den benachbarten
Slovaken wie auch bei deu Wenden der Lausitz den Platz der älter» Feimen bewahrt, sie
steht außerhalb des Hofrnumes.
Seeboden, ?K<Z LuZlisIt Villu^v Lowiuunil^. London, 18L3.
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