Die Grenzboten. Jg. 48, 1889, Zweites Vierteljahr.Das alte Dorf in deutscher Landschaft "ut sein <Lüde kaum vorkommt. Die bei dem Vordringe,? der Eroberung und Besiedlung im Gegenüber der, unabänderlich feststehende" geraden oder krumme" Linie Auch dies gilt vor allem von der apenninischen Halbinsel, wo in den Das alte Dorf in deutscher Landschaft »ut sein <Lüde kaum vorkommt. Die bei dem Vordringe,? der Eroberung und Besiedlung im Gegenüber der, unabänderlich feststehende» geraden oder krumme» Linie Auch dies gilt vor allem von der apenninischen Halbinsel, wo in den <TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <div n="2"> <pb facs="#f0267" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/204998"/> <fw type="header" place="top"> Das alte Dorf in deutscher Landschaft »ut sein <Lüde</fw><lb/> <p xml:id="ID_681" prev="#ID_680"> kaum vorkommt. Die bei dem Vordringe,? der Eroberung und Besiedlung im<lb/> größten Maßstabe gegründeten Neudörfer bilden ihrerseits eine lange Straße,<lb/> der die Höfe zu beiden Seiten aufgereiht sind. Diese Unregelmäßigkeit unsrer<lb/> Dorfanlage nun findet schon bei dem verwandtet? Dänenvolk ihre Grenze; nach<lb/> Dahlmann ist das altdänische Dorf stets in zwei Straßen angelegt, die von<lb/> Ost nach West und von Norden nach Süden laufen und sich in der Mitte<lb/> durchschneiden, eine doppelte Regelmäßigkeit, die neben der Windrose zugleich<lb/> das Winkelmaß benutzt. Womöglich ii? noch stärkeren Gegensatze zum deutsche,?<lb/> Anbau steht der slawische, der darauf hinausläuft, daß alle Häuser in? Dorfe<lb/> nur neben einander, nicht hinter einander zu liegen kommen, sodaß man von der<lb/> Rückseite eines jeden Hofes unmittelbar auf das Feld gelangen kann. Dies<lb/> wird entweder dadurch erreicht, daß mau dem Dorf eine einzige Straße giebt,<lb/> ähnlich den deutsche?? Neudörfern, und die Höfe an beide?? Seite?? aufmarschiren<lb/> läßt, oder dadurch, daß man die ii? eine einzige Linie geordneten Höfe um einen<lb/> innern Ring kreisförmig zusammenlegt, die bekannten Nnndlingsdörfer, die<lb/> namentlich in? Westen des altslawischen Gebietes heimisch sind »ut vielleicht<lb/> ursprünglich nnr dein westslawischen Zweige, den Pole?? und Tschechen, ange¬<lb/> hören, während die noch einförmigeren Straßendörfer im Osten, in? eigent¬<lb/> lichen Rußland, zu Hause sind. Nur der kleinrnssische Stamm in? Südwesten<lb/> des Reiches, namentlich ii? Volhhnien und Podolien, läßt in der regelloseren<lb/> Anlage seiner Dörfer einen Vergleich mit dein alten deutsche?? Dorfe z».</p><lb/> <p xml:id="ID_682"> Gegenüber der, unabänderlich feststehende» geraden oder krumme» Linie<lb/> der Slaweiidörfer zeichnen sich die romanische» Verhältnisse vor allein dnrch<lb/> dao Abhandenkommen jeder festen, alten Überlieferung ans. Dies erklärt sich<lb/> einfach genug. Einmal gehen ii? alle?? romanischen Ländern die festen Ansied-<lb/> lungen in stehenden Dörfern auf eine weit ältere Zeit zurück, besonders in<lb/> dein alten Kulturlande Italien, wo sie ziemlich die doppelte Zeit wie bei uns<lb/> der Einwirkung und Umgestaltung durch geschichtliche Zufälligkeiten ausgesetzt<lb/> Ware?,, sodann sind alle diese Gegenden, der ganze Südwesten Europas, in?<lb/> Zeitalter der Völkerwanderung, also zu einer Zeit, wo der bairische Stau?»?<lb/> sich noch nicht einmal zwischen Alpen und Böhmerwald gesetzt hatte, dermaßen<lb/> der Verödung und Entvölkerung anheimgefallen, daß in weiten Strichen eine<lb/> ganz neue Besiedlung durch fremde Zuwaudrer sich breit machen konnte, und<lb/> auch da, wo die alte Bevölkerung, wenn auch stark gelichtet, blieb, bei der<lb/> Jahrhunderte andauernden Unsicherheit für den Wiederaufbau der zerstörten<lb/> Dörfer und für den Wiedernnban der verödeten Fluren wesentlich andre Rück¬<lb/> sichten ii? den Vordergrund treten mußten, als eine unverständliche Über¬<lb/> lieferung.</p><lb/> <p xml:id="ID_683" next="#ID_684"> Auch dies gilt vor allem von der apenninischen Halbinsel, wo in den<lb/> letzten Jahrhunderten der Republik die alte, festangesessene Bauerschaft ii? einem<lb/> Maße und Umfange „gelegt" wurde, wie das auf germanischen? Boden in</p><lb/> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0267]
Das alte Dorf in deutscher Landschaft »ut sein <Lüde
kaum vorkommt. Die bei dem Vordringe,? der Eroberung und Besiedlung im
größten Maßstabe gegründeten Neudörfer bilden ihrerseits eine lange Straße,
der die Höfe zu beiden Seiten aufgereiht sind. Diese Unregelmäßigkeit unsrer
Dorfanlage nun findet schon bei dem verwandtet? Dänenvolk ihre Grenze; nach
Dahlmann ist das altdänische Dorf stets in zwei Straßen angelegt, die von
Ost nach West und von Norden nach Süden laufen und sich in der Mitte
durchschneiden, eine doppelte Regelmäßigkeit, die neben der Windrose zugleich
das Winkelmaß benutzt. Womöglich ii? noch stärkeren Gegensatze zum deutsche,?
Anbau steht der slawische, der darauf hinausläuft, daß alle Häuser in? Dorfe
nur neben einander, nicht hinter einander zu liegen kommen, sodaß man von der
Rückseite eines jeden Hofes unmittelbar auf das Feld gelangen kann. Dies
wird entweder dadurch erreicht, daß mau dem Dorf eine einzige Straße giebt,
ähnlich den deutsche?? Neudörfern, und die Höfe an beide?? Seite?? aufmarschiren
läßt, oder dadurch, daß man die ii? eine einzige Linie geordneten Höfe um einen
innern Ring kreisförmig zusammenlegt, die bekannten Nnndlingsdörfer, die
namentlich in? Westen des altslawischen Gebietes heimisch sind »ut vielleicht
ursprünglich nnr dein westslawischen Zweige, den Pole?? und Tschechen, ange¬
hören, während die noch einförmigeren Straßendörfer im Osten, in? eigent¬
lichen Rußland, zu Hause sind. Nur der kleinrnssische Stamm in? Südwesten
des Reiches, namentlich ii? Volhhnien und Podolien, läßt in der regelloseren
Anlage seiner Dörfer einen Vergleich mit dein alten deutsche?? Dorfe z».
Gegenüber der, unabänderlich feststehende» geraden oder krumme» Linie
der Slaweiidörfer zeichnen sich die romanische» Verhältnisse vor allein dnrch
dao Abhandenkommen jeder festen, alten Überlieferung ans. Dies erklärt sich
einfach genug. Einmal gehen ii? alle?? romanischen Ländern die festen Ansied-
lungen in stehenden Dörfern auf eine weit ältere Zeit zurück, besonders in
dein alten Kulturlande Italien, wo sie ziemlich die doppelte Zeit wie bei uns
der Einwirkung und Umgestaltung durch geschichtliche Zufälligkeiten ausgesetzt
Ware?,, sodann sind alle diese Gegenden, der ganze Südwesten Europas, in?
Zeitalter der Völkerwanderung, also zu einer Zeit, wo der bairische Stau?»?
sich noch nicht einmal zwischen Alpen und Böhmerwald gesetzt hatte, dermaßen
der Verödung und Entvölkerung anheimgefallen, daß in weiten Strichen eine
ganz neue Besiedlung durch fremde Zuwaudrer sich breit machen konnte, und
auch da, wo die alte Bevölkerung, wenn auch stark gelichtet, blieb, bei der
Jahrhunderte andauernden Unsicherheit für den Wiederaufbau der zerstörten
Dörfer und für den Wiedernnban der verödeten Fluren wesentlich andre Rück¬
sichten ii? den Vordergrund treten mußten, als eine unverständliche Über¬
lieferung.
Auch dies gilt vor allem von der apenninischen Halbinsel, wo in den
letzten Jahrhunderten der Republik die alte, festangesessene Bauerschaft ii? einem
Maße und Umfange „gelegt" wurde, wie das auf germanischen? Boden in
Informationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
FeedbackSie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden. Kommentar zur DTA-AusgabeDieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen … Staats- und Universitätsbibliothek (SuUB) Bremen: Bereitstellung der Texttranskription.
Kay-Michael Würzner: Bearbeitung der digitalen Edition.
Weitere Informationen:Verfahren der Texterfassung: OCR mit Nachkorrektur. Bogensignaturen: gekennzeichnet;Druckfehler: ignoriert;fremdsprachliches Material: nicht gekennzeichnet;Geminations-/Abkürzungsstriche: wie Vorlage;Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): nicht ausgezeichnet;i/j in Fraktur: wie Vorlage;I/J in Fraktur: wie Vorlage;Kolumnentitel: gekennzeichnet;Kustoden: gekennzeichnet;langes s (ſ): als s transkribiert;Normalisierungen: stillschweigend;rundes r (ꝛ): als r/et transkribiert;Seitenumbrüche markiert: ja;Silbentrennung: wie Vorlage;u/v bzw. U/V: wie Vorlage;Vokale mit übergest. e: als ä/ö/ü transkribiert;Vollständigkeit: vollständig erfasst;Zeichensetzung: wie Vorlage;Zeilenumbrüche markiert: ja; Nachkorrektur erfolgte automatisch.
|
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden. Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des § 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2025 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften.
Kontakt: redaktion(at)deutschestextarchiv.de. |