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Die Grenzboten. Jg. 48, 1889, Zweites Vierteljahr.

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vollständig, daß ihre Führer von jetzt an als zu Recht bestehende Regierung
gelten konnten, und nun ließ diese Versammlung durch einen Gesandten in
Washingten die Einverleibung der Inseln in die Vereinigten Staaten bean¬
tragen, und noch ehe dieser zurückkehrte, zog der amerikanische Konsul Griffin
in Apia das Sternenbanner über der samoanischen Flagge aus. Sein britischer
Kollege Liardet beantwortete dieses vorschnelle Verfahren mit einer Prokla¬
mation, die bis zu erfolgter Genugthuung für den erwähnten Überfall von
1875 die Inselgruppe für seine Regierung mit Beschlag belegte. Der deutsche
Konsul protestirte gegen die Maßregeln der beiden andern und ließ den Hafen
Saluafata sowie die Ortschaft Falcalili von Marinetrnppen vorläufig als
Pfänder für die Erfüllung des Abkommens vom Sommer besetzen, was in
Berlin gebilligt wurde. Als der Gesandte der Taimua von Washington zurück¬
kehrte, brachte er die Ablehnung der beantragten Einverleibung mit, zugleich
aber die Bereitwilligkeit der amerikanischen Regierung, mit Scunoa einen
Freundschafts- und Handelsvertrag einzugehen. Dieser kam am 17. Januar zu
stände und räumte deu Vereinigten Staaten das Recht ein, im Hafen von
Pagv-Pagv eine Kohlenstation zu errichten, ferner Zollfreiheit für ihren Handel,
Gleichberechtigung mit andern Fremden, endlich Konsulargerichtsbarkeit und
gemischte Gerichte bei Streitigkeiten zwischen Amerikanern und Eingebornen.
Mit den Bestrebungen der Amerikaner, Samoa zu annettiren, war es jetzt
selbstverständlich zu Ende, und das Verfahren des englischen Konsuls wurde
durch dessen Regierung für nichtig erklärt. Doch kam es im August 1879
auch zwischen dieser und Samoa zu einem Handelsverträge, nachdem am
24. Januar desselben Jahres der Korvettenkapitän Werner und der Konsul
Weber einen solchen für Deutschland abgeschlossen hatten, der dessen Ange¬
hörigen die volle Gleichberechtigung mit den Amerikanern und Engländern,
Zoll- und Handelsfreiheit, Anerkennung ihres Lnuderwerbes und das unbe¬
schränkte Recht zur Einführung von Arbeitskräften sicherte, die Samonner
verpflichtete, nieder Monopole zu errichten, noch Privilegien zu erteilen und
bei innern Kämpfen das Betreten der deutschen ^ändereien zu unterlassen, und
schließlich der deutschen Regierung die ausschließliche Befugnis zusprach, in
Saluafata eine Kohlenstation anzulegen. Am 2. Dezember 187!" trat dazu
eine Übereinkunft der drei Konsuln mit der samoauischen Regierung, durch die
für den weiteren Bezirk von Apia eine Munizipalregieruug geschaffen wurde,
die von den Konsuln kollegialisch geführt werden sollte, und die diesen ganzen
Bezirk für die Kämpfe der Eingebornen neutrcilisirte. Die Krönung dieses
Friedenswerkes zwischen den Fremden endlich erfolgte Ende 1879 in der
allseitigen Anerkennung des Königs Malietoa Lcmpepa, der um 15. Dezember
in Gemeinschaft mit den angesehensten Häuptlingen die erwähnten drei Verträge
bestätigte. Außer den letzteren besteht noch eine Konvention zwischen Gro߬
britannien und dem Deutschen Reiche, die, am 6. April 1886 abgeschlossen,


vollständig, daß ihre Führer von jetzt an als zu Recht bestehende Regierung
gelten konnten, und nun ließ diese Versammlung durch einen Gesandten in
Washingten die Einverleibung der Inseln in die Vereinigten Staaten bean¬
tragen, und noch ehe dieser zurückkehrte, zog der amerikanische Konsul Griffin
in Apia das Sternenbanner über der samoanischen Flagge aus. Sein britischer
Kollege Liardet beantwortete dieses vorschnelle Verfahren mit einer Prokla¬
mation, die bis zu erfolgter Genugthuung für den erwähnten Überfall von
1875 die Inselgruppe für seine Regierung mit Beschlag belegte. Der deutsche
Konsul protestirte gegen die Maßregeln der beiden andern und ließ den Hafen
Saluafata sowie die Ortschaft Falcalili von Marinetrnppen vorläufig als
Pfänder für die Erfüllung des Abkommens vom Sommer besetzen, was in
Berlin gebilligt wurde. Als der Gesandte der Taimua von Washington zurück¬
kehrte, brachte er die Ablehnung der beantragten Einverleibung mit, zugleich
aber die Bereitwilligkeit der amerikanischen Regierung, mit Scunoa einen
Freundschafts- und Handelsvertrag einzugehen. Dieser kam am 17. Januar zu
stände und räumte deu Vereinigten Staaten das Recht ein, im Hafen von
Pagv-Pagv eine Kohlenstation zu errichten, ferner Zollfreiheit für ihren Handel,
Gleichberechtigung mit andern Fremden, endlich Konsulargerichtsbarkeit und
gemischte Gerichte bei Streitigkeiten zwischen Amerikanern und Eingebornen.
Mit den Bestrebungen der Amerikaner, Samoa zu annettiren, war es jetzt
selbstverständlich zu Ende, und das Verfahren des englischen Konsuls wurde
durch dessen Regierung für nichtig erklärt. Doch kam es im August 1879
auch zwischen dieser und Samoa zu einem Handelsverträge, nachdem am
24. Januar desselben Jahres der Korvettenkapitän Werner und der Konsul
Weber einen solchen für Deutschland abgeschlossen hatten, der dessen Ange¬
hörigen die volle Gleichberechtigung mit den Amerikanern und Engländern,
Zoll- und Handelsfreiheit, Anerkennung ihres Lnuderwerbes und das unbe¬
schränkte Recht zur Einführung von Arbeitskräften sicherte, die Samonner
verpflichtete, nieder Monopole zu errichten, noch Privilegien zu erteilen und
bei innern Kämpfen das Betreten der deutschen ^ändereien zu unterlassen, und
schließlich der deutschen Regierung die ausschließliche Befugnis zusprach, in
Saluafata eine Kohlenstation anzulegen. Am 2. Dezember 187!» trat dazu
eine Übereinkunft der drei Konsuln mit der samoauischen Regierung, durch die
für den weiteren Bezirk von Apia eine Munizipalregieruug geschaffen wurde,
die von den Konsuln kollegialisch geführt werden sollte, und die diesen ganzen
Bezirk für die Kämpfe der Eingebornen neutrcilisirte. Die Krönung dieses
Friedenswerkes zwischen den Fremden endlich erfolgte Ende 1879 in der
allseitigen Anerkennung des Königs Malietoa Lcmpepa, der um 15. Dezember
in Gemeinschaft mit den angesehensten Häuptlingen die erwähnten drei Verträge
bestätigte. Außer den letzteren besteht noch eine Konvention zwischen Gro߬
britannien und dem Deutschen Reiche, die, am 6. April 1886 abgeschlossen,


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[0254] vollständig, daß ihre Führer von jetzt an als zu Recht bestehende Regierung gelten konnten, und nun ließ diese Versammlung durch einen Gesandten in Washingten die Einverleibung der Inseln in die Vereinigten Staaten bean¬ tragen, und noch ehe dieser zurückkehrte, zog der amerikanische Konsul Griffin in Apia das Sternenbanner über der samoanischen Flagge aus. Sein britischer Kollege Liardet beantwortete dieses vorschnelle Verfahren mit einer Prokla¬ mation, die bis zu erfolgter Genugthuung für den erwähnten Überfall von 1875 die Inselgruppe für seine Regierung mit Beschlag belegte. Der deutsche Konsul protestirte gegen die Maßregeln der beiden andern und ließ den Hafen Saluafata sowie die Ortschaft Falcalili von Marinetrnppen vorläufig als Pfänder für die Erfüllung des Abkommens vom Sommer besetzen, was in Berlin gebilligt wurde. Als der Gesandte der Taimua von Washington zurück¬ kehrte, brachte er die Ablehnung der beantragten Einverleibung mit, zugleich aber die Bereitwilligkeit der amerikanischen Regierung, mit Scunoa einen Freundschafts- und Handelsvertrag einzugehen. Dieser kam am 17. Januar zu stände und räumte deu Vereinigten Staaten das Recht ein, im Hafen von Pagv-Pagv eine Kohlenstation zu errichten, ferner Zollfreiheit für ihren Handel, Gleichberechtigung mit andern Fremden, endlich Konsulargerichtsbarkeit und gemischte Gerichte bei Streitigkeiten zwischen Amerikanern und Eingebornen. Mit den Bestrebungen der Amerikaner, Samoa zu annettiren, war es jetzt selbstverständlich zu Ende, und das Verfahren des englischen Konsuls wurde durch dessen Regierung für nichtig erklärt. Doch kam es im August 1879 auch zwischen dieser und Samoa zu einem Handelsverträge, nachdem am 24. Januar desselben Jahres der Korvettenkapitän Werner und der Konsul Weber einen solchen für Deutschland abgeschlossen hatten, der dessen Ange¬ hörigen die volle Gleichberechtigung mit den Amerikanern und Engländern, Zoll- und Handelsfreiheit, Anerkennung ihres Lnuderwerbes und das unbe¬ schränkte Recht zur Einführung von Arbeitskräften sicherte, die Samonner verpflichtete, nieder Monopole zu errichten, noch Privilegien zu erteilen und bei innern Kämpfen das Betreten der deutschen ^ändereien zu unterlassen, und schließlich der deutschen Regierung die ausschließliche Befugnis zusprach, in Saluafata eine Kohlenstation anzulegen. Am 2. Dezember 187!» trat dazu eine Übereinkunft der drei Konsuln mit der samoauischen Regierung, durch die für den weiteren Bezirk von Apia eine Munizipalregieruug geschaffen wurde, die von den Konsuln kollegialisch geführt werden sollte, und die diesen ganzen Bezirk für die Kämpfe der Eingebornen neutrcilisirte. Die Krönung dieses Friedenswerkes zwischen den Fremden endlich erfolgte Ende 1879 in der allseitigen Anerkennung des Königs Malietoa Lcmpepa, der um 15. Dezember in Gemeinschaft mit den angesehensten Häuptlingen die erwähnten drei Verträge bestätigte. Außer den letzteren besteht noch eine Konvention zwischen Gro߬ britannien und dem Deutschen Reiche, die, am 6. April 1886 abgeschlossen,

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 48, 1889, Zweites Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341849_204730/254>, abgerufen am 05.02.2025.