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Die Grenzboten. Jg. 48, 1889, Zweites Vierteljahr.

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Der Ucuionenköilig und sein Reich

mäßigen Bezug besten Rohmaterials für lange Zeit gesichert, anderseits sich
von den Schwankungen der Konjunkturen unabhängig gemacht, was ihr sehr
bald zu Statten kam, da gleich nach dem Kriege die Nachfrage nach Kohlen
und Eisen und infolge dessen die Preise für diese Artikel in unerhörtem Maße
stiegen. Von weitern neuen Anlagen erwähnen wir nur noch die des großen
Schießplatzes bei Meppen, welche 1877 erfolgte, als die bisher zur Probirnng
der vom Kanonenkönige hergestellten Geschützverbesserungen nicht mehr aus¬
reichten. Dieses vollkommen ebene, von Moor und Wasser umgebene Stück
Land bildet ein gleichschenkliges Dreieck, durch dessen Mitte die 16800 Meter
lange Schußlinie geht.

Noch einmal bedrohten Konkurrenten die Kruppschen Geschütze: es folgten
i" den Jahren 188.-;--1885 der Kampf gegen die gesteigerte Widerstands¬
fähigkeit der Panzerplatten in Bukarest und das Vergleichsschießen zwischen
der 8,4-Centimeter-Kanone Krnpps und der 8-Centimeter-Kanone de Banges
in Belgrad. Das Ergebnis war hier und dort anfangs einigermaßen zweifel¬
haft, zuletzt aber entschieden günstig sür deu deutscheu Fabrikanten. Es lautet
kurz, daß es dem erstaunlichen Erfindergeiste, der bewundernswerter, immer
regen, nie ruhenden Thatkraft des Schöpfers und Verbesserers der Gnßstcchl-
kanvne gelungen ist, seit 1857 allen Anforderungen der modernen Artillerie
nicht nur vollkommen zu genügen, sondern ihnen anch oft zuvorzukommen, daß
seine Leistungen alle artilleristischen Reformbestrebungen in andern Ländern,
mochten sie von den Regierungen oder von Privatleuten ausgehen, bei weitem
überstrahlen. Der Lohn entsprach seiner Arbeit: er bekam aus aller Welt,
selbst aus Brasilien und Chile, aus Japan und China, Bestellungen auf sein
Fabrikat, reichlich, oft massenhaft. Die Zahl der bis zum 14. Juli 1887,
seinen: Todestage, vou ihm abgelieferten Geschütze beträgt mehr als 23000.
Auf der ganzen Erde giebt es keine Kanonengießerei, die in drei Jahrzehnten
eine derartige Produktion anch nnr annähernd anzuweisen Hütte.

Zum Schluß noch einen Blick auf das Reich, das der Knuonenkönig
seinem Sohne Friedrich Alfred hinterlassen hat. Es besteht zunächst aus der
Essener Gußstahlfabrik, wo sich im Herbste des vorigen Jahres in Thätigkeit
befanden: 1195 Öfen verschiedenen Baues, 28" Dampfkessel, 92 Dampfhämmer
vou 100 bis 50 000 Kilogramm Gewicht, 21 Walzeustraßen. 370 Dampf¬
maschinen von zusammen 27 000 Pferdekräften, 1724 Werkzeugmaschinen aller
Art und 361 Krühue mit einer Tragfähigkeit vou 400 bis 75 000 Kilogramm.
Verbrauche ivurdeu täglich vou den Hochöfen und Dampfern der Fabrik allein
1050, im ganzen aber 2735 Tonnen Kohlen und Koth, während der Verbrauch
an Wasser 18 716 bis 26 724 Kubikmeter betrug, und der an Leuchtgas sich
auf 13 500 bis 49 000 Kubikmeter belief. Dem Verkehr innerhalb der Werke
dienten zwei Eisenbahnen: eine nornmlspnrige, 43 Kilometer lang, mit 14 Loko¬
motiven und 542 Wagen, und eine schmalspurige, 29 Kilometer lang, mit


Der Ucuionenköilig und sein Reich

mäßigen Bezug besten Rohmaterials für lange Zeit gesichert, anderseits sich
von den Schwankungen der Konjunkturen unabhängig gemacht, was ihr sehr
bald zu Statten kam, da gleich nach dem Kriege die Nachfrage nach Kohlen
und Eisen und infolge dessen die Preise für diese Artikel in unerhörtem Maße
stiegen. Von weitern neuen Anlagen erwähnen wir nur noch die des großen
Schießplatzes bei Meppen, welche 1877 erfolgte, als die bisher zur Probirnng
der vom Kanonenkönige hergestellten Geschützverbesserungen nicht mehr aus¬
reichten. Dieses vollkommen ebene, von Moor und Wasser umgebene Stück
Land bildet ein gleichschenkliges Dreieck, durch dessen Mitte die 16800 Meter
lange Schußlinie geht.

Noch einmal bedrohten Konkurrenten die Kruppschen Geschütze: es folgten
i» den Jahren 188.-;—1885 der Kampf gegen die gesteigerte Widerstands¬
fähigkeit der Panzerplatten in Bukarest und das Vergleichsschießen zwischen
der 8,4-Centimeter-Kanone Krnpps und der 8-Centimeter-Kanone de Banges
in Belgrad. Das Ergebnis war hier und dort anfangs einigermaßen zweifel¬
haft, zuletzt aber entschieden günstig sür deu deutscheu Fabrikanten. Es lautet
kurz, daß es dem erstaunlichen Erfindergeiste, der bewundernswerter, immer
regen, nie ruhenden Thatkraft des Schöpfers und Verbesserers der Gnßstcchl-
kanvne gelungen ist, seit 1857 allen Anforderungen der modernen Artillerie
nicht nur vollkommen zu genügen, sondern ihnen anch oft zuvorzukommen, daß
seine Leistungen alle artilleristischen Reformbestrebungen in andern Ländern,
mochten sie von den Regierungen oder von Privatleuten ausgehen, bei weitem
überstrahlen. Der Lohn entsprach seiner Arbeit: er bekam aus aller Welt,
selbst aus Brasilien und Chile, aus Japan und China, Bestellungen auf sein
Fabrikat, reichlich, oft massenhaft. Die Zahl der bis zum 14. Juli 1887,
seinen: Todestage, vou ihm abgelieferten Geschütze beträgt mehr als 23000.
Auf der ganzen Erde giebt es keine Kanonengießerei, die in drei Jahrzehnten
eine derartige Produktion anch nnr annähernd anzuweisen Hütte.

Zum Schluß noch einen Blick auf das Reich, das der Knuonenkönig
seinem Sohne Friedrich Alfred hinterlassen hat. Es besteht zunächst aus der
Essener Gußstahlfabrik, wo sich im Herbste des vorigen Jahres in Thätigkeit
befanden: 1195 Öfen verschiedenen Baues, 28« Dampfkessel, 92 Dampfhämmer
vou 100 bis 50 000 Kilogramm Gewicht, 21 Walzeustraßen. 370 Dampf¬
maschinen von zusammen 27 000 Pferdekräften, 1724 Werkzeugmaschinen aller
Art und 361 Krühue mit einer Tragfähigkeit vou 400 bis 75 000 Kilogramm.
Verbrauche ivurdeu täglich vou den Hochöfen und Dampfern der Fabrik allein
1050, im ganzen aber 2735 Tonnen Kohlen und Koth, während der Verbrauch
an Wasser 18 716 bis 26 724 Kubikmeter betrug, und der an Leuchtgas sich
auf 13 500 bis 49 000 Kubikmeter belief. Dem Verkehr innerhalb der Werke
dienten zwei Eisenbahnen: eine nornmlspnrige, 43 Kilometer lang, mit 14 Loko¬
motiven und 542 Wagen, und eine schmalspurige, 29 Kilometer lang, mit


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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 48, 1889, Zweites Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341849_204730/23>, abgerufen am 05.02.2025.