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Die Grenzboten. Jg. 48, 1889, Zweites Vierteljahr.

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Deutsches Kolomalrecht

irr Schutzgebiet niedergelassen haben, 2. ans Grund des oben genannten Reichö-
gesetzes untnralisirte Ausländer und Eingclwrne. die keine Staatsangehörigkeit
haben, 3. nicht uaturalisirte Ausländer, -I. nicht natnralisirte Eingeborne.

Sodann bespricht Stengel in klarer nud eingehender Darstellung die recht¬
liche Stellung der Eingebornen, insbesondre in Bezug auf Gerichtsbarkeit,
die sich im einzelnen äußerst verschieden gestaltet und deren Kenntnis weitere
Kreise kaum interessiren dürste. Hervorzuheben ist nur, das; der Verfasser mit
Recht betont, daß es nicht die Aufgabe des deutschen Reiches sein kann, die
eingeborne Bevölkerung auszurotten und zu unterdrücken, sondern vielmehr
ihre Freiheit und Selbständigkeit zu achte" und sie zur Arbeit und Zivilisation
zu erziehen. Auch dem Gedanken wird mau sich nuschließen müssen, daß die
Naturalisation im wesentlichen nur denjenigen Eingebornen erteilt werden soll,
die das Christentum angenommen haben. In dieser Richtung bewegen sich
auch die Absichten der Reichsregiernng (Kommissionsbericht 1388, S. 13).

Höchst fesselnd ist die Darstellung Stengels über die Kolvuialgesellschaften.
Er bespricht zunächst die Verfassung der K!olonialgesellschafteu im allgemeinen,
sodann die der deutscheu, die öffentlich rechtliche Stellung derselbe"!, die Be¬
deutung der Schutzbriefe und schließlich die einzelnen deutscheu Kolouialgesell-
schafteu. Der umfangreiche Stoff ist trefflich gegliedert, svdnß leicht ein Über¬
blick zu gewinnen ist. Die Darstellung ist überall klar und verständlich, ohne
breit zu werden. An klärenden Beispielen, einem Hauptvorzug des Buches,
fehlt es nirgends. Leider können wir hier auf die Ansichten Stengels nicht
näher eingehen, dn eine Kenntnis des Aktienrechts lind der Lehre von der
Korporation unes allgemeinem preußischem Landrecht, als deu Grundlagen der
Verfassung der deutschen Koloiiialgesellschafteu, bei der Mehrzahl der Leser
doch wohl nicht vorausgesetzt werde" kann.

Im letzten Abschnitt seines lehrreichen Buches bespricht Stengel die Ver¬
fassung und Verwaltung der Schntzgebiete im einzelnen. Scharf prüzisirt er
hierbei die Stellung des deutschen Kaisers, insofern er den Satz aufstellt, daß
die Vermutung dafür spreche, daß der Kaiser bei Allsübung aller Rechte, die
sich ans der Souveränität des Reiches über die Schutzgebiete ergeben, weder
nu die Zustimmung des Bundesrates noch an die des Reichstages gebunden
sei, während sonst "ach de"tscheu Staatsrecht die Vermutung für die Zustän¬
digkeit des Bundesrates spricht. Abgesehen von einigen Ausnahmen hat der
Kaiser im K^olvliialstaatsrecht die Stellung eines absoluten Monarchen, seine
Verordnungen haben formelle und materielle Gesetzeskraft. Eine Hauptbe-
schränkung des Kaisers liegt darin, daß die Zustimmung des Bundesrates und
des Reichstages zur Verwendung von Reichsmittelu auf die Schutzgebiete
erforderlich ist. Eine Hnuptsorge der Reichsregieruug war die, in den erwor¬
benen Schutzgebieteu zur Sicherung von Leben und Eigentum eine geordnete
Straf- und Zivilrechtspflege einzuführen. Das hierauf bezügliche Gesetzmaterial


Deutsches Kolomalrecht

irr Schutzgebiet niedergelassen haben, 2. ans Grund des oben genannten Reichö-
gesetzes untnralisirte Ausländer und Eingclwrne. die keine Staatsangehörigkeit
haben, 3. nicht uaturalisirte Ausländer, -I. nicht natnralisirte Eingeborne.

Sodann bespricht Stengel in klarer nud eingehender Darstellung die recht¬
liche Stellung der Eingebornen, insbesondre in Bezug auf Gerichtsbarkeit,
die sich im einzelnen äußerst verschieden gestaltet und deren Kenntnis weitere
Kreise kaum interessiren dürste. Hervorzuheben ist nur, das; der Verfasser mit
Recht betont, daß es nicht die Aufgabe des deutschen Reiches sein kann, die
eingeborne Bevölkerung auszurotten und zu unterdrücken, sondern vielmehr
ihre Freiheit und Selbständigkeit zu achte» und sie zur Arbeit und Zivilisation
zu erziehen. Auch dem Gedanken wird mau sich nuschließen müssen, daß die
Naturalisation im wesentlichen nur denjenigen Eingebornen erteilt werden soll,
die das Christentum angenommen haben. In dieser Richtung bewegen sich
auch die Absichten der Reichsregiernng (Kommissionsbericht 1388, S. 13).

Höchst fesselnd ist die Darstellung Stengels über die Kolvuialgesellschaften.
Er bespricht zunächst die Verfassung der K!olonialgesellschafteu im allgemeinen,
sodann die der deutscheu, die öffentlich rechtliche Stellung derselbe»!, die Be¬
deutung der Schutzbriefe und schließlich die einzelnen deutscheu Kolouialgesell-
schafteu. Der umfangreiche Stoff ist trefflich gegliedert, svdnß leicht ein Über¬
blick zu gewinnen ist. Die Darstellung ist überall klar und verständlich, ohne
breit zu werden. An klärenden Beispielen, einem Hauptvorzug des Buches,
fehlt es nirgends. Leider können wir hier auf die Ansichten Stengels nicht
näher eingehen, dn eine Kenntnis des Aktienrechts lind der Lehre von der
Korporation unes allgemeinem preußischem Landrecht, als deu Grundlagen der
Verfassung der deutschen Koloiiialgesellschafteu, bei der Mehrzahl der Leser
doch wohl nicht vorausgesetzt werde» kann.

Im letzten Abschnitt seines lehrreichen Buches bespricht Stengel die Ver¬
fassung und Verwaltung der Schntzgebiete im einzelnen. Scharf prüzisirt er
hierbei die Stellung des deutschen Kaisers, insofern er den Satz aufstellt, daß
die Vermutung dafür spreche, daß der Kaiser bei Allsübung aller Rechte, die
sich ans der Souveränität des Reiches über die Schutzgebiete ergeben, weder
nu die Zustimmung des Bundesrates noch an die des Reichstages gebunden
sei, während sonst »ach de»tscheu Staatsrecht die Vermutung für die Zustän¬
digkeit des Bundesrates spricht. Abgesehen von einigen Ausnahmen hat der
Kaiser im K^olvliialstaatsrecht die Stellung eines absoluten Monarchen, seine
Verordnungen haben formelle und materielle Gesetzeskraft. Eine Hauptbe-
schränkung des Kaisers liegt darin, daß die Zustimmung des Bundesrates und
des Reichstages zur Verwendung von Reichsmittelu auf die Schutzgebiete
erforderlich ist. Eine Hnuptsorge der Reichsregieruug war die, in den erwor¬
benen Schutzgebieteu zur Sicherung von Leben und Eigentum eine geordnete
Straf- und Zivilrechtspflege einzuführen. Das hierauf bezügliche Gesetzmaterial


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[0213] Deutsches Kolomalrecht irr Schutzgebiet niedergelassen haben, 2. ans Grund des oben genannten Reichö- gesetzes untnralisirte Ausländer und Eingclwrne. die keine Staatsangehörigkeit haben, 3. nicht uaturalisirte Ausländer, -I. nicht natnralisirte Eingeborne. Sodann bespricht Stengel in klarer nud eingehender Darstellung die recht¬ liche Stellung der Eingebornen, insbesondre in Bezug auf Gerichtsbarkeit, die sich im einzelnen äußerst verschieden gestaltet und deren Kenntnis weitere Kreise kaum interessiren dürste. Hervorzuheben ist nur, das; der Verfasser mit Recht betont, daß es nicht die Aufgabe des deutschen Reiches sein kann, die eingeborne Bevölkerung auszurotten und zu unterdrücken, sondern vielmehr ihre Freiheit und Selbständigkeit zu achte» und sie zur Arbeit und Zivilisation zu erziehen. Auch dem Gedanken wird mau sich nuschließen müssen, daß die Naturalisation im wesentlichen nur denjenigen Eingebornen erteilt werden soll, die das Christentum angenommen haben. In dieser Richtung bewegen sich auch die Absichten der Reichsregiernng (Kommissionsbericht 1388, S. 13). Höchst fesselnd ist die Darstellung Stengels über die Kolvuialgesellschaften. Er bespricht zunächst die Verfassung der K!olonialgesellschafteu im allgemeinen, sodann die der deutscheu, die öffentlich rechtliche Stellung derselbe»!, die Be¬ deutung der Schutzbriefe und schließlich die einzelnen deutscheu Kolouialgesell- schafteu. Der umfangreiche Stoff ist trefflich gegliedert, svdnß leicht ein Über¬ blick zu gewinnen ist. Die Darstellung ist überall klar und verständlich, ohne breit zu werden. An klärenden Beispielen, einem Hauptvorzug des Buches, fehlt es nirgends. Leider können wir hier auf die Ansichten Stengels nicht näher eingehen, dn eine Kenntnis des Aktienrechts lind der Lehre von der Korporation unes allgemeinem preußischem Landrecht, als deu Grundlagen der Verfassung der deutschen Koloiiialgesellschafteu, bei der Mehrzahl der Leser doch wohl nicht vorausgesetzt werde» kann. Im letzten Abschnitt seines lehrreichen Buches bespricht Stengel die Ver¬ fassung und Verwaltung der Schntzgebiete im einzelnen. Scharf prüzisirt er hierbei die Stellung des deutschen Kaisers, insofern er den Satz aufstellt, daß die Vermutung dafür spreche, daß der Kaiser bei Allsübung aller Rechte, die sich ans der Souveränität des Reiches über die Schutzgebiete ergeben, weder nu die Zustimmung des Bundesrates noch an die des Reichstages gebunden sei, während sonst »ach de»tscheu Staatsrecht die Vermutung für die Zustän¬ digkeit des Bundesrates spricht. Abgesehen von einigen Ausnahmen hat der Kaiser im K^olvliialstaatsrecht die Stellung eines absoluten Monarchen, seine Verordnungen haben formelle und materielle Gesetzeskraft. Eine Hauptbe- schränkung des Kaisers liegt darin, daß die Zustimmung des Bundesrates und des Reichstages zur Verwendung von Reichsmittelu auf die Schutzgebiete erforderlich ist. Eine Hnuptsorge der Reichsregieruug war die, in den erwor¬ benen Schutzgebieteu zur Sicherung von Leben und Eigentum eine geordnete Straf- und Zivilrechtspflege einzuführen. Das hierauf bezügliche Gesetzmaterial

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 48, 1889, Zweites Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341849_204730/213>, abgerufen am 05.02.2025.