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Die Grenzboten. Jg. 48, 1889, Zweites Vierteljahr.

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den kommenden Geschlechtern "systematisch" neue Kraft zuströmt, um in seinem
Geiste uicht zu erlahmen. Das ist die Erinnerung an die bittern Stunden
versöhnender nud verletzender Kritik, die ihm die deutsche Opposition bereitet
hat. Gegen den deutschen Aftcrfreisinn wird das deutsche Volk nicht müde
werden das Glüheisen des Patriotismus zu gebrauchen, bis sür alle Zeiten
aus dem deutschen Körper die brandigen Stellen ausgemerzt sind. Wir haben
von Bismarck gelernt, gegen wen wir kämpfen müssen, und das ist genug, um
systematisch in seinem Geiste fortzuarbeiten. Schon ist in die jungen Geschlechter
dieser bewußte Kampfgeist übergegangen, und von Geschlecht zu Geschlecht wird
er sich anwachsend vererben! Herr Bamberger kaun nicht genug über den
,,ideallvsen" Geist auf den Universitäten spötteln, aber er wird es noch erleben,
daß ihm auch im Parlament die Wortführer der jungen Bismarckgeneration
harte Sträuße bereiten. Dann wird er selbst kleinmütig eingestehen, daß es
doch ,,ein dauerndes System Bismarck" giebt, ein System, das lebendig bleiben
wird in der Seele des Volkes.




Deutsches Kolonialrecht

it den deutschen Kolonien mußte auch ein deutsches Kvlonialrecht
entstehen. Wenn es auch bei seinem kurzem Bestände noch viel¬
fach lückenhaft ist, so ist es doch bereits umfänglicher, als die
meisten Laien und zum Teil selbst Juristen glauben. Wir haben
bereits eine stattliche Litteratur über deutsches Kolonialrecht und
unsre ersten Staatsrechtslehrer wie Laband und Meyer-Jena haben ausführlich
darüber berichtet. Dennoch fehlte bisher ein Buch, das dein gebildeten
^aler, der sich für Kolvninlpolitik interessirt, verständlich gewesen wäre und
doch uns der Höhe der Wissenschaft gestanden hätte. Diese Lücke füllt in
mustergiltiger Weise das soeben bei Hirth in München erschienene Buch des
Breslauer Professors der Rechte Dr. Freiherr Karl von Stengel ans.
Erscheint doch der Verfasser als ein thätiges Mitglied der deutschen
>evlonialgesellschaft und der erste Rechtslehrer, der auf einer deutschen Hoch¬
schule Vorlesungen über deutsches Kolvnialrecht gehalten hat, zur Abfassung
einer systematischen Bearbeitung des deutscheu Kolonialrechts besonders geeignet.
Das Werk erscheint auch zur glücklichen Stunde, denn Kvlvninlfragen interessiren
zur Zeit infolge der Samoaangelegenheit und der ostafrikanischen Expedition
des Hauptmanns Wißmann weite Kreise des deutschen Volkes. Im Anschluß


den kommenden Geschlechtern „systematisch" neue Kraft zuströmt, um in seinem
Geiste uicht zu erlahmen. Das ist die Erinnerung an die bittern Stunden
versöhnender nud verletzender Kritik, die ihm die deutsche Opposition bereitet
hat. Gegen den deutschen Aftcrfreisinn wird das deutsche Volk nicht müde
werden das Glüheisen des Patriotismus zu gebrauchen, bis sür alle Zeiten
aus dem deutschen Körper die brandigen Stellen ausgemerzt sind. Wir haben
von Bismarck gelernt, gegen wen wir kämpfen müssen, und das ist genug, um
systematisch in seinem Geiste fortzuarbeiten. Schon ist in die jungen Geschlechter
dieser bewußte Kampfgeist übergegangen, und von Geschlecht zu Geschlecht wird
er sich anwachsend vererben! Herr Bamberger kaun nicht genug über den
,,ideallvsen" Geist auf den Universitäten spötteln, aber er wird es noch erleben,
daß ihm auch im Parlament die Wortführer der jungen Bismarckgeneration
harte Sträuße bereiten. Dann wird er selbst kleinmütig eingestehen, daß es
doch ,,ein dauerndes System Bismarck" giebt, ein System, das lebendig bleiben
wird in der Seele des Volkes.




Deutsches Kolonialrecht

it den deutschen Kolonien mußte auch ein deutsches Kvlonialrecht
entstehen. Wenn es auch bei seinem kurzem Bestände noch viel¬
fach lückenhaft ist, so ist es doch bereits umfänglicher, als die
meisten Laien und zum Teil selbst Juristen glauben. Wir haben
bereits eine stattliche Litteratur über deutsches Kolonialrecht und
unsre ersten Staatsrechtslehrer wie Laband und Meyer-Jena haben ausführlich
darüber berichtet. Dennoch fehlte bisher ein Buch, das dein gebildeten
^aler, der sich für Kolvninlpolitik interessirt, verständlich gewesen wäre und
doch uns der Höhe der Wissenschaft gestanden hätte. Diese Lücke füllt in
mustergiltiger Weise das soeben bei Hirth in München erschienene Buch des
Breslauer Professors der Rechte Dr. Freiherr Karl von Stengel ans.
Erscheint doch der Verfasser als ein thätiges Mitglied der deutschen
>evlonialgesellschaft und der erste Rechtslehrer, der auf einer deutschen Hoch¬
schule Vorlesungen über deutsches Kolvnialrecht gehalten hat, zur Abfassung
einer systematischen Bearbeitung des deutscheu Kolonialrechts besonders geeignet.
Das Werk erscheint auch zur glücklichen Stunde, denn Kvlvninlfragen interessiren
zur Zeit infolge der Samoaangelegenheit und der ostafrikanischen Expedition
des Hauptmanns Wißmann weite Kreise des deutschen Volkes. Im Anschluß


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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 48, 1889, Zweites Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341849_204730/210>, abgerufen am 05.02.2025.