Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Die Grenzboten. Jg. 48, 1889, Zweites Vierteljahr.

Bild:
<< vorherige Seite
Ans den Denkwürdigkeiten des Herzogs von Koburg-Gotha

29. Mai statt, wo der Herzog auf dem Schlößchen Callenberg bei Koburg die
Schleswigholsteiner Francke (damals Regierungspräsident von Koburg) und
Samwer (damals herzoglicher Biblothekar), den Hofrat Becker aus Gotha,
Gustav Freytag und einige andre Personen zu einer Besprechung darüber,
wie die Denkschrift zu verwirklichen sei, um sich versammelt hatte. Dabei
würden Briefe von Max Duncker und Bethmnnn-Hollweg vorgelegt, die
der Sache sehr günstig schienen. Die Genossen des "vaterländischen Vereins"
machten sich darauf mit Eifer an die Werbung von Mitgliedern und be¬
gegneten dabei "reger Teilnahme," aber, wie es scheint, nicht gerade in dem
Sinne, daß zahlreiche Beitritte erfolgt wären. Indes schlössen sich immerhin
Leute an, wie Karl Mathy und Fürst Hermann Hatzfeldt, beide zu dieser Zeit
in Gotha, und Duncker gewann in Halle und andern Orten Kräfte für die
schriftstellerischen Aufgaben des Vereins; desgleichen ließen sich Buddeus und
Gerstäcker ^anch der ein Politiker? wir hielten ihn bisher für einen Reisenden
und Romaufabrikanten, im übrigen ein braves, harmloses Menschenkinds be¬
stimmen, nach Gotha zu kommen, "um Fühlung mit unsern: Vereine zu neh¬
men". Hinderlich war die Bestimmung, wonach bei Aufnahme von Mitgliedern
ein Revers auszustellen war, durch den sich diese mit ihrem Siegel und ihrer
Namensunterschrift ausdrücklich zur Erfüllung der Aufgaben des Vereins ver¬
pflichteten. Man sah sich infolge der Bedenken, die das erweckte, gezwungen,
selbst bei Teilnehmern des Hanptvereins von der Unterzeichnung des Reverses
abzusehen, (Leute, die von einer Regierung abhängig waren, konnten dadurch
ihre Stellungen einbüßen) was nicht eben zur Stärkung des Vereins beitrug."
Am 16. Angust 1853 einigte man sich auf einer Hauptversammlung der Ge¬
nossenschaft in Reinhardsbrunn über Statuten, die im wesentlichen nachstehendes
festsetzten: 1. Der Verein besteht aus denjenigen Personen, welchen die Denk¬
schrift mitgeteilt ist, und welche die daran geschlossene Verpflichtung unterzeichnet
haben, wenn nicht in Ausnahmefällen besondre Zuverlässigkeit eine Dispeu-
sation rechtfertigt. 2. Die Zeichnung eines Geldbeitrags ist zur Mitgliedschaft
erforderlich, doch kann die Verpflichtung zur Zahlung einer bestimmten Summe
auf drei Jahre beschränkt werden. 3. Die Denkschrift wird nur solchen mit¬
geteilt werden, welche bei politischer und sittlicher Befähigung für die Zwecke
des Vereins Geld oder Arbeit beitragen können. 4. Die Leitung des Vereins
steht den in Koburg-Gotha ansässigen Mitgliedern zu, welche den vorläufigen
Ausschuß desselben bilden. 5. Niemandem kann die Denkschrift vorgelegt werden,
welcher dem hohen Protektor nicht vorher angezeigt und von dem leitenden
Ausschusse einstimmig als zuverlässig bezeichnet ist. 6. Die Aufforderung zum
Beitritt geschieht in der Regel durch persönliche Besprechung. 7. Die Geld¬
beiträge werden vom Hofrat Becker und Justizrat vou Maibom eingezogen und
verwaltet. 8 Es wird ein besondres Komitee für die Presse gebildet. 9. Die
Mitglieder des Vereins werden jährlich zusammenberufen, wobei der Kassirer


Ans den Denkwürdigkeiten des Herzogs von Koburg-Gotha

29. Mai statt, wo der Herzog auf dem Schlößchen Callenberg bei Koburg die
Schleswigholsteiner Francke (damals Regierungspräsident von Koburg) und
Samwer (damals herzoglicher Biblothekar), den Hofrat Becker aus Gotha,
Gustav Freytag und einige andre Personen zu einer Besprechung darüber,
wie die Denkschrift zu verwirklichen sei, um sich versammelt hatte. Dabei
würden Briefe von Max Duncker und Bethmnnn-Hollweg vorgelegt, die
der Sache sehr günstig schienen. Die Genossen des „vaterländischen Vereins"
machten sich darauf mit Eifer an die Werbung von Mitgliedern und be¬
gegneten dabei „reger Teilnahme," aber, wie es scheint, nicht gerade in dem
Sinne, daß zahlreiche Beitritte erfolgt wären. Indes schlössen sich immerhin
Leute an, wie Karl Mathy und Fürst Hermann Hatzfeldt, beide zu dieser Zeit
in Gotha, und Duncker gewann in Halle und andern Orten Kräfte für die
schriftstellerischen Aufgaben des Vereins; desgleichen ließen sich Buddeus und
Gerstäcker ^anch der ein Politiker? wir hielten ihn bisher für einen Reisenden
und Romaufabrikanten, im übrigen ein braves, harmloses Menschenkinds be¬
stimmen, nach Gotha zu kommen, „um Fühlung mit unsern: Vereine zu neh¬
men". Hinderlich war die Bestimmung, wonach bei Aufnahme von Mitgliedern
ein Revers auszustellen war, durch den sich diese mit ihrem Siegel und ihrer
Namensunterschrift ausdrücklich zur Erfüllung der Aufgaben des Vereins ver¬
pflichteten. Man sah sich infolge der Bedenken, die das erweckte, gezwungen,
selbst bei Teilnehmern des Hanptvereins von der Unterzeichnung des Reverses
abzusehen, (Leute, die von einer Regierung abhängig waren, konnten dadurch
ihre Stellungen einbüßen) was nicht eben zur Stärkung des Vereins beitrug."
Am 16. Angust 1853 einigte man sich auf einer Hauptversammlung der Ge¬
nossenschaft in Reinhardsbrunn über Statuten, die im wesentlichen nachstehendes
festsetzten: 1. Der Verein besteht aus denjenigen Personen, welchen die Denk¬
schrift mitgeteilt ist, und welche die daran geschlossene Verpflichtung unterzeichnet
haben, wenn nicht in Ausnahmefällen besondre Zuverlässigkeit eine Dispeu-
sation rechtfertigt. 2. Die Zeichnung eines Geldbeitrags ist zur Mitgliedschaft
erforderlich, doch kann die Verpflichtung zur Zahlung einer bestimmten Summe
auf drei Jahre beschränkt werden. 3. Die Denkschrift wird nur solchen mit¬
geteilt werden, welche bei politischer und sittlicher Befähigung für die Zwecke
des Vereins Geld oder Arbeit beitragen können. 4. Die Leitung des Vereins
steht den in Koburg-Gotha ansässigen Mitgliedern zu, welche den vorläufigen
Ausschuß desselben bilden. 5. Niemandem kann die Denkschrift vorgelegt werden,
welcher dem hohen Protektor nicht vorher angezeigt und von dem leitenden
Ausschusse einstimmig als zuverlässig bezeichnet ist. 6. Die Aufforderung zum
Beitritt geschieht in der Regel durch persönliche Besprechung. 7. Die Geld¬
beiträge werden vom Hofrat Becker und Justizrat vou Maibom eingezogen und
verwaltet. 8 Es wird ein besondres Komitee für die Presse gebildet. 9. Die
Mitglieder des Vereins werden jährlich zusammenberufen, wobei der Kassirer


<TEI>
  <text>
    <body>
      <div>
        <div n="1">
          <pb facs="#f0167" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/204898"/>
          <fw type="header" place="top"> Ans den Denkwürdigkeiten des Herzogs von Koburg-Gotha</fw><lb/>
          <p xml:id="ID_412" prev="#ID_411" next="#ID_413"> 29. Mai statt, wo der Herzog auf dem Schlößchen Callenberg bei Koburg die<lb/>
Schleswigholsteiner Francke (damals Regierungspräsident von Koburg) und<lb/>
Samwer (damals herzoglicher Biblothekar), den Hofrat Becker aus Gotha,<lb/>
Gustav Freytag und einige andre Personen zu einer Besprechung darüber,<lb/>
wie die Denkschrift zu verwirklichen sei, um sich versammelt hatte. Dabei<lb/>
würden Briefe von Max Duncker und Bethmnnn-Hollweg vorgelegt, die<lb/>
der Sache sehr günstig schienen. Die Genossen des &#x201E;vaterländischen Vereins"<lb/>
machten sich darauf mit Eifer an die Werbung von Mitgliedern und be¬<lb/>
gegneten dabei &#x201E;reger Teilnahme," aber, wie es scheint, nicht gerade in dem<lb/>
Sinne, daß zahlreiche Beitritte erfolgt wären. Indes schlössen sich immerhin<lb/>
Leute an, wie Karl Mathy und Fürst Hermann Hatzfeldt, beide zu dieser Zeit<lb/>
in Gotha, und Duncker gewann in Halle und andern Orten Kräfte für die<lb/>
schriftstellerischen Aufgaben des Vereins; desgleichen ließen sich Buddeus und<lb/>
Gerstäcker ^anch der ein Politiker? wir hielten ihn bisher für einen Reisenden<lb/>
und Romaufabrikanten, im übrigen ein braves, harmloses Menschenkinds be¬<lb/>
stimmen, nach Gotha zu kommen, &#x201E;um Fühlung mit unsern: Vereine zu neh¬<lb/>
men". Hinderlich war die Bestimmung, wonach bei Aufnahme von Mitgliedern<lb/>
ein Revers auszustellen war, durch den sich diese mit ihrem Siegel und ihrer<lb/>
Namensunterschrift ausdrücklich zur Erfüllung der Aufgaben des Vereins ver¬<lb/>
pflichteten. Man sah sich infolge der Bedenken, die das erweckte, gezwungen,<lb/>
selbst bei Teilnehmern des Hanptvereins von der Unterzeichnung des Reverses<lb/>
abzusehen, (Leute, die von einer Regierung abhängig waren, konnten dadurch<lb/>
ihre Stellungen einbüßen) was nicht eben zur Stärkung des Vereins beitrug."<lb/>
Am 16. Angust 1853 einigte man sich auf einer Hauptversammlung der Ge¬<lb/>
nossenschaft in Reinhardsbrunn über Statuten, die im wesentlichen nachstehendes<lb/>
festsetzten: 1. Der Verein besteht aus denjenigen Personen, welchen die Denk¬<lb/>
schrift mitgeteilt ist, und welche die daran geschlossene Verpflichtung unterzeichnet<lb/>
haben, wenn nicht in Ausnahmefällen besondre Zuverlässigkeit eine Dispeu-<lb/>
sation rechtfertigt. 2. Die Zeichnung eines Geldbeitrags ist zur Mitgliedschaft<lb/>
erforderlich, doch kann die Verpflichtung zur Zahlung einer bestimmten Summe<lb/>
auf drei Jahre beschränkt werden. 3. Die Denkschrift wird nur solchen mit¬<lb/>
geteilt werden, welche bei politischer und sittlicher Befähigung für die Zwecke<lb/>
des Vereins Geld oder Arbeit beitragen können. 4. Die Leitung des Vereins<lb/>
steht den in Koburg-Gotha ansässigen Mitgliedern zu, welche den vorläufigen<lb/>
Ausschuß desselben bilden. 5. Niemandem kann die Denkschrift vorgelegt werden,<lb/>
welcher dem hohen Protektor nicht vorher angezeigt und von dem leitenden<lb/>
Ausschusse einstimmig als zuverlässig bezeichnet ist. 6. Die Aufforderung zum<lb/>
Beitritt geschieht in der Regel durch persönliche Besprechung. 7. Die Geld¬<lb/>
beiträge werden vom Hofrat Becker und Justizrat vou Maibom eingezogen und<lb/>
verwaltet. 8 Es wird ein besondres Komitee für die Presse gebildet. 9. Die<lb/>
Mitglieder des Vereins werden jährlich zusammenberufen, wobei der Kassirer</p><lb/>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[0167] Ans den Denkwürdigkeiten des Herzogs von Koburg-Gotha 29. Mai statt, wo der Herzog auf dem Schlößchen Callenberg bei Koburg die Schleswigholsteiner Francke (damals Regierungspräsident von Koburg) und Samwer (damals herzoglicher Biblothekar), den Hofrat Becker aus Gotha, Gustav Freytag und einige andre Personen zu einer Besprechung darüber, wie die Denkschrift zu verwirklichen sei, um sich versammelt hatte. Dabei würden Briefe von Max Duncker und Bethmnnn-Hollweg vorgelegt, die der Sache sehr günstig schienen. Die Genossen des „vaterländischen Vereins" machten sich darauf mit Eifer an die Werbung von Mitgliedern und be¬ gegneten dabei „reger Teilnahme," aber, wie es scheint, nicht gerade in dem Sinne, daß zahlreiche Beitritte erfolgt wären. Indes schlössen sich immerhin Leute an, wie Karl Mathy und Fürst Hermann Hatzfeldt, beide zu dieser Zeit in Gotha, und Duncker gewann in Halle und andern Orten Kräfte für die schriftstellerischen Aufgaben des Vereins; desgleichen ließen sich Buddeus und Gerstäcker ^anch der ein Politiker? wir hielten ihn bisher für einen Reisenden und Romaufabrikanten, im übrigen ein braves, harmloses Menschenkinds be¬ stimmen, nach Gotha zu kommen, „um Fühlung mit unsern: Vereine zu neh¬ men". Hinderlich war die Bestimmung, wonach bei Aufnahme von Mitgliedern ein Revers auszustellen war, durch den sich diese mit ihrem Siegel und ihrer Namensunterschrift ausdrücklich zur Erfüllung der Aufgaben des Vereins ver¬ pflichteten. Man sah sich infolge der Bedenken, die das erweckte, gezwungen, selbst bei Teilnehmern des Hanptvereins von der Unterzeichnung des Reverses abzusehen, (Leute, die von einer Regierung abhängig waren, konnten dadurch ihre Stellungen einbüßen) was nicht eben zur Stärkung des Vereins beitrug." Am 16. Angust 1853 einigte man sich auf einer Hauptversammlung der Ge¬ nossenschaft in Reinhardsbrunn über Statuten, die im wesentlichen nachstehendes festsetzten: 1. Der Verein besteht aus denjenigen Personen, welchen die Denk¬ schrift mitgeteilt ist, und welche die daran geschlossene Verpflichtung unterzeichnet haben, wenn nicht in Ausnahmefällen besondre Zuverlässigkeit eine Dispeu- sation rechtfertigt. 2. Die Zeichnung eines Geldbeitrags ist zur Mitgliedschaft erforderlich, doch kann die Verpflichtung zur Zahlung einer bestimmten Summe auf drei Jahre beschränkt werden. 3. Die Denkschrift wird nur solchen mit¬ geteilt werden, welche bei politischer und sittlicher Befähigung für die Zwecke des Vereins Geld oder Arbeit beitragen können. 4. Die Leitung des Vereins steht den in Koburg-Gotha ansässigen Mitgliedern zu, welche den vorläufigen Ausschuß desselben bilden. 5. Niemandem kann die Denkschrift vorgelegt werden, welcher dem hohen Protektor nicht vorher angezeigt und von dem leitenden Ausschusse einstimmig als zuverlässig bezeichnet ist. 6. Die Aufforderung zum Beitritt geschieht in der Regel durch persönliche Besprechung. 7. Die Geld¬ beiträge werden vom Hofrat Becker und Justizrat vou Maibom eingezogen und verwaltet. 8 Es wird ein besondres Komitee für die Presse gebildet. 9. Die Mitglieder des Vereins werden jährlich zusammenberufen, wobei der Kassirer

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Staats- und Universitätsbibliothek (SuUB) Bremen: Bereitstellung der Texttranskription.
Kay-Michael Würzner: Bearbeitung der digitalen Edition.

Weitere Informationen:

Verfahren der Texterfassung: OCR mit Nachkorrektur.

Bogensignaturen: gekennzeichnet;Druckfehler: ignoriert;fremdsprachliches Material: nicht gekennzeichnet;Geminations-/Abkürzungsstriche: wie Vorlage;Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): nicht ausgezeichnet;i/j in Fraktur: wie Vorlage;I/J in Fraktur: wie Vorlage;Kolumnentitel: gekennzeichnet;Kustoden: gekennzeichnet;langes s (ſ): als s transkribiert;Normalisierungen: stillschweigend;rundes r (&#xa75b;): als r/et transkribiert;Seitenumbrüche markiert: ja;Silbentrennung: wie Vorlage;u/v bzw. U/V: wie Vorlage;Vokale mit übergest. e: als ä/ö/ü transkribiert;Vollständigkeit: vollständig erfasst;Zeichensetzung: wie Vorlage;Zeilenumbrüche markiert: ja;

Nachkorrektur erfolgte automatisch.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341849_204730
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341849_204730/167
Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 48, 1889, Zweites Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341849_204730/167>, abgerufen am 05.02.2025.