Die Grenzboten. Jg. 48, 1889, Zweites Vierteljahr.Ans den Denkwürdigkeiten des Herzogs von Koburg-Gotha War so die erste Kommission der Konferenz mit ihren Absichten auf Neu¬ Ans den Denkwürdigkeiten des Herzogs von Koburg-Gotha War so die erste Kommission der Konferenz mit ihren Absichten auf Neu¬ <TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <pb facs="#f0109" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/204840"/> <fw type="header" place="top"> Ans den Denkwürdigkeiten des Herzogs von Koburg-Gotha</fw><lb/> <p xml:id="ID_270" next="#ID_271"> War so die erste Kommission der Konferenz mit ihren Absichten auf Neu¬<lb/> gestaltung des Bundes auf einen Irrweg geraten, so fanden die Anträge Öster¬<lb/> reichs in Btzzug auf das Bundesgebiet sowohl in der ersten als in der zweiten<lb/> Kommission nicht weniger berechtigten Widerspruch. Sie zielten auf eine Auf¬<lb/> nahme aller Lnnderteile des Kaiserstaates in den deutschen Bund. Preußen<lb/> unterstützte diese Zumutung in der Erwartung, daß es dann leichter mit seiner<lb/> engern Bundesverfassung durchdringen würde. Die Mittelstaaten dagegen, die<lb/> die Volksvertretung beim Bunde nicht aufgeben wollten, betrachteten das groß-<lb/> österreichische Projekt mit Mißtrauen, und Hannover machte förmliche Ein¬<lb/> wendungen. Als dann aber Osterreich genötigt wurde, in der Frage über das<lb/> Bnndespnrlameut Farbe zu bekennen, und sich nunmehr dagegen aussprach,<lb/> erklärte Preußen sofort, dann müsse man die Einrichtung für abgelehnt an¬<lb/> sehen. War nun schon im Schoße der Konferenz der Zwiespalt der Meinungen<lb/> fast nnausgleichbar geworden, so wurde die Frage über den Eintritt ganz<lb/> Österreichs in den Bund alsbald noch dadurch verwickelt, daß die Westmächte<lb/> den Schritt als Bruch der Verträge auffaßten und Frankreich förmlich da¬<lb/> gegen Verwahrung einlegte. Der Antrag überschritt daher nnr ganz schüchtern<lb/> die Schwelle des Kommifsionszimmers, indem im Plenum erklärt wurde, der<lb/> Gegenstand scheine noch nicht reif für eine Beschlußfassung zu sein. Man be¬<lb/> gnügte sich in dem Berichte, mit dem die erste Kommission vor die gesamte<lb/> Konferenz trat, alles Gewicht ans die Organisation der Bundesbehörden zu<lb/> legen. Das Stimmenverhältnis im Plenum des Bundestags und in dessen<lb/> Vollziehungsansschuß sollte reformirt werden, und es wurde die Aufstellung<lb/> einer ständigen Exekutionsarmee von 125000 Mann ins Auge gefaßt. Die<lb/> Zusammensetzung eines Ausschusses beruhte auf der Annahme von 9 Kurier,<lb/> von denen Preußen und Österreich je 2, die vier kleinen Königreiche je eine, Baden<lb/> mit den beiden Hessen ebenfalls eine und die übrigen Staaten zusammen 2<lb/> Stimmen führen sollten. Was die Aufnahme sämtlicher Provinzen Österreichs<lb/> und Preußens in den Bund betraf, so zeigte der Bericht die Zustimmung der<lb/> Kommissionsmitglieder, fügte dann aber kleinlaut hinzu, gegen die Verwirk¬<lb/> lichung dieses Vorhabens sei wohl kein Einspruch vou answnrts zu gewär¬<lb/> tigen, und übrigens „dürfte gegen einen solchen vorkommendenfalls Deutsch¬<lb/> land mit Würde aufzutreten nicht anstehen." Auch die zweite Kommission war<lb/> inzwischen mit ihrem Elaborat über den Wirkungskreis der obersten Bundes-<lb/> behörde und der Einzelstaaten in ihrem Verhältnisse zu einander wenigstens<lb/> in Bezug auf den ersten Teil der Aufgabe zu Ende gelaugt. Die Ermittlung<lb/> der Kompetenzverhältnisse war in einer Anzahl von Fällen der Gesetzgebung<lb/> und in Betreff der Kriegseinrichtnng sowie in Bezug auf die Erhaltung der<lb/> Ruhe im Innern erfolgt. Man erörterte die Befugnis des Plenums der<lb/> Bundesversammlung und die des vollziehenden Ausschusses. Mau unterschied<lb/> nach der neuen Ordnung sorgfältiger als nach dem alten Bundesrechte die</p><lb/> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0109]
Ans den Denkwürdigkeiten des Herzogs von Koburg-Gotha
War so die erste Kommission der Konferenz mit ihren Absichten auf Neu¬
gestaltung des Bundes auf einen Irrweg geraten, so fanden die Anträge Öster¬
reichs in Btzzug auf das Bundesgebiet sowohl in der ersten als in der zweiten
Kommission nicht weniger berechtigten Widerspruch. Sie zielten auf eine Auf¬
nahme aller Lnnderteile des Kaiserstaates in den deutschen Bund. Preußen
unterstützte diese Zumutung in der Erwartung, daß es dann leichter mit seiner
engern Bundesverfassung durchdringen würde. Die Mittelstaaten dagegen, die
die Volksvertretung beim Bunde nicht aufgeben wollten, betrachteten das groß-
österreichische Projekt mit Mißtrauen, und Hannover machte förmliche Ein¬
wendungen. Als dann aber Osterreich genötigt wurde, in der Frage über das
Bnndespnrlameut Farbe zu bekennen, und sich nunmehr dagegen aussprach,
erklärte Preußen sofort, dann müsse man die Einrichtung für abgelehnt an¬
sehen. War nun schon im Schoße der Konferenz der Zwiespalt der Meinungen
fast nnausgleichbar geworden, so wurde die Frage über den Eintritt ganz
Österreichs in den Bund alsbald noch dadurch verwickelt, daß die Westmächte
den Schritt als Bruch der Verträge auffaßten und Frankreich förmlich da¬
gegen Verwahrung einlegte. Der Antrag überschritt daher nnr ganz schüchtern
die Schwelle des Kommifsionszimmers, indem im Plenum erklärt wurde, der
Gegenstand scheine noch nicht reif für eine Beschlußfassung zu sein. Man be¬
gnügte sich in dem Berichte, mit dem die erste Kommission vor die gesamte
Konferenz trat, alles Gewicht ans die Organisation der Bundesbehörden zu
legen. Das Stimmenverhältnis im Plenum des Bundestags und in dessen
Vollziehungsansschuß sollte reformirt werden, und es wurde die Aufstellung
einer ständigen Exekutionsarmee von 125000 Mann ins Auge gefaßt. Die
Zusammensetzung eines Ausschusses beruhte auf der Annahme von 9 Kurier,
von denen Preußen und Österreich je 2, die vier kleinen Königreiche je eine, Baden
mit den beiden Hessen ebenfalls eine und die übrigen Staaten zusammen 2
Stimmen führen sollten. Was die Aufnahme sämtlicher Provinzen Österreichs
und Preußens in den Bund betraf, so zeigte der Bericht die Zustimmung der
Kommissionsmitglieder, fügte dann aber kleinlaut hinzu, gegen die Verwirk¬
lichung dieses Vorhabens sei wohl kein Einspruch vou answnrts zu gewär¬
tigen, und übrigens „dürfte gegen einen solchen vorkommendenfalls Deutsch¬
land mit Würde aufzutreten nicht anstehen." Auch die zweite Kommission war
inzwischen mit ihrem Elaborat über den Wirkungskreis der obersten Bundes-
behörde und der Einzelstaaten in ihrem Verhältnisse zu einander wenigstens
in Bezug auf den ersten Teil der Aufgabe zu Ende gelaugt. Die Ermittlung
der Kompetenzverhältnisse war in einer Anzahl von Fällen der Gesetzgebung
und in Betreff der Kriegseinrichtnng sowie in Bezug auf die Erhaltung der
Ruhe im Innern erfolgt. Man erörterte die Befugnis des Plenums der
Bundesversammlung und die des vollziehenden Ausschusses. Mau unterschied
nach der neuen Ordnung sorgfältiger als nach dem alten Bundesrechte die
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