Die Grenzboten. Jg. 48, 1889, Erstes Vierteljahr.Leibniz als Volkswirt der Unterthanen zu achten; "zik welchem Ende nötig", heißt es in dein Schrift¬ Daß der Volkswirt Leibniz auch Erziehungs- und Unterrichtswesen nicht Leibniz als Volkswirt der Unterthanen zu achten; „zik welchem Ende nötig", heißt es in dein Schrift¬ Daß der Volkswirt Leibniz auch Erziehungs- und Unterrichtswesen nicht <TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <pb facs="#f0076" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/204165"/> <fw type="header" place="top"> Leibniz als Volkswirt</fw><lb/> <p xml:id="ID_257" prev="#ID_256"> der Unterthanen zu achten; „zik welchem Ende nötig", heißt es in dein Schrift¬<lb/> stück von der Bestellung einer Medizinalbehörde, „verständige insätoos zu halten,<lb/> und mit denen diesfnlls zum öfteren zu ratschlagen, auch ihnen allerhand Fragen<lb/> zu gebührender Untersuchung vorzustellen, vornehmlich aber auf aörsui, aquÄS,<lb/> tsrras, s-UuiöntÄ, inorooZ 1oLg.1of, enüsinios und evläczruivL ihre Gedanken zu<lb/> richten, lind zwar so bin ich zuvörderst der Meinung, daß der Juristen ins¬<lb/> gemein zu viel, der msZioorura aber zu wenig seien." Weiter drängt Leibniz dazu,<lb/> einerseits die Ausbildung der Mediziner durch die notwendige Bekanntschaft<lb/> mit den Naturwissenschaften und besonders durch das Studium der Anatomie<lb/> zu vertiefen, anderseits die Kurpfuscherei zu beseitigen. Darum sollen die Ärzte<lb/> Staatsbeamte mit bestimmtem und in gewisser Stufe aufsteigenden und ihren<lb/> Leistungen entsprechendem Gehalte werden. Ferner soll eine eigne Sanitäts¬<lb/> behörde, ähnlich dem geistlichen Konsistorium, eingerichtet und teils mit<lb/> Regierungspersonen, teils mit Ärzten besetzt werden; dem obersten Leibarzt des<lb/> Fürsten soll die Leitung des Kollegiums zufallen, wie im geistlichen Kon¬<lb/> sistorium dem erste» Hofprediger. Die Aufgabe dieser Behörde wäre, die<lb/> richtige Lebensweise der Menschen zu beaufsichtigen und die Lebensmittel zu<lb/> untersuchen, namentlich Backwaren und Getränke. „Denn vor gewiß zu halten,<lb/> daß durch übel gebrautes oder in den Krüger verderbtes Bier der gemeine<lb/> Mann sehr an seiner Gesundheit verwahrlost wird. Dahero die Leute hernach<lb/> in den Zeitwechselungen des Jahres bei allerhand regierenden Krankheiten<lb/> wegen geschwächter Natur wie die Fliegen dahinfallen." Die ganze Vrannt-<lb/> weinfabrikativn möchte Leibniz den Privaten entziehen und verstaatlichen, um<lb/> sie unter die Aufsicht der Medizinalbehörde zu stellen. Unerläßlich für dieses<lb/> Gesundheitsamt erscheint ihn, die Auszeichnung, was in Gesuildheitssachen<lb/> lind damit verwandten von Zeit zu Zeit vorfällt, also über Witterungs¬<lb/> wechsel, Windrichtung, Feuchtigkeitsgehalt der Luft, über die Schwankungen<lb/> der magnetischen Deklination und Inklination, auch darüber, wie das Obst<lb/> und die Früchte geraten. Denn in allen diesen Sachen erkennt er die Vor¬<lb/> bedingungen für die sich nie gleich bleibenden Gesundheitsverhältnisse der Mensch¬<lb/> heit. Vornehmlich soll sorgfältig festgestellt werden, was für Krankheiten und<lb/> Zufälle unter Menschen und Vieh geherrscht haben, und zwar nicht bloß auf¬<lb/> fällige Krankheitserscheinungen, sondern auch die täglich auftreten, und jeder<lb/> Todesfall soll verzeichnet werden, nach Art der vitis ok inorwlit^ in England.<lb/> Wie bei den Bestrebungen, die der Förderung von Handel und Industrie<lb/> gelten, begegnen wir auch hier wieder dem Wunsche Leibnizens, mit Hilfe<lb/> der Statistik Erfahrungen zu sammeln zur Verhütung und Bekämpfung von<lb/> Krankheiten.</p><lb/> <p xml:id="ID_258" next="#ID_259"> Daß der Volkswirt Leibniz auch Erziehungs- und Unterrichtswesen nicht<lb/> als gleichgiltige Dinge behandelt, ist selbstverständlich. Sehen wir doch bei<lb/> allen seinen Plänen, daß er die Verbesserung der wirtschaftlichen Lage der</p><lb/> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0076]
Leibniz als Volkswirt
der Unterthanen zu achten; „zik welchem Ende nötig", heißt es in dein Schrift¬
stück von der Bestellung einer Medizinalbehörde, „verständige insätoos zu halten,
und mit denen diesfnlls zum öfteren zu ratschlagen, auch ihnen allerhand Fragen
zu gebührender Untersuchung vorzustellen, vornehmlich aber auf aörsui, aquÄS,
tsrras, s-UuiöntÄ, inorooZ 1oLg.1of, enüsinios und evläczruivL ihre Gedanken zu
richten, lind zwar so bin ich zuvörderst der Meinung, daß der Juristen ins¬
gemein zu viel, der msZioorura aber zu wenig seien." Weiter drängt Leibniz dazu,
einerseits die Ausbildung der Mediziner durch die notwendige Bekanntschaft
mit den Naturwissenschaften und besonders durch das Studium der Anatomie
zu vertiefen, anderseits die Kurpfuscherei zu beseitigen. Darum sollen die Ärzte
Staatsbeamte mit bestimmtem und in gewisser Stufe aufsteigenden und ihren
Leistungen entsprechendem Gehalte werden. Ferner soll eine eigne Sanitäts¬
behörde, ähnlich dem geistlichen Konsistorium, eingerichtet und teils mit
Regierungspersonen, teils mit Ärzten besetzt werden; dem obersten Leibarzt des
Fürsten soll die Leitung des Kollegiums zufallen, wie im geistlichen Kon¬
sistorium dem erste» Hofprediger. Die Aufgabe dieser Behörde wäre, die
richtige Lebensweise der Menschen zu beaufsichtigen und die Lebensmittel zu
untersuchen, namentlich Backwaren und Getränke. „Denn vor gewiß zu halten,
daß durch übel gebrautes oder in den Krüger verderbtes Bier der gemeine
Mann sehr an seiner Gesundheit verwahrlost wird. Dahero die Leute hernach
in den Zeitwechselungen des Jahres bei allerhand regierenden Krankheiten
wegen geschwächter Natur wie die Fliegen dahinfallen." Die ganze Vrannt-
weinfabrikativn möchte Leibniz den Privaten entziehen und verstaatlichen, um
sie unter die Aufsicht der Medizinalbehörde zu stellen. Unerläßlich für dieses
Gesundheitsamt erscheint ihn, die Auszeichnung, was in Gesuildheitssachen
lind damit verwandten von Zeit zu Zeit vorfällt, also über Witterungs¬
wechsel, Windrichtung, Feuchtigkeitsgehalt der Luft, über die Schwankungen
der magnetischen Deklination und Inklination, auch darüber, wie das Obst
und die Früchte geraten. Denn in allen diesen Sachen erkennt er die Vor¬
bedingungen für die sich nie gleich bleibenden Gesundheitsverhältnisse der Mensch¬
heit. Vornehmlich soll sorgfältig festgestellt werden, was für Krankheiten und
Zufälle unter Menschen und Vieh geherrscht haben, und zwar nicht bloß auf¬
fällige Krankheitserscheinungen, sondern auch die täglich auftreten, und jeder
Todesfall soll verzeichnet werden, nach Art der vitis ok inorwlit^ in England.
Wie bei den Bestrebungen, die der Förderung von Handel und Industrie
gelten, begegnen wir auch hier wieder dem Wunsche Leibnizens, mit Hilfe
der Statistik Erfahrungen zu sammeln zur Verhütung und Bekämpfung von
Krankheiten.
Daß der Volkswirt Leibniz auch Erziehungs- und Unterrichtswesen nicht
als gleichgiltige Dinge behandelt, ist selbstverständlich. Sehen wir doch bei
allen seinen Plänen, daß er die Verbesserung der wirtschaftlichen Lage der
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