Die Grenzboten. Jg. 48, 1889, Erstes Vierteljahr.klinischen Ursprungs. Rindfleisch und Hammelfleisch kosten 54 bis 58 Pf. dus Und nun die Wvhuungsverhültnisse. Es ist bekannt, daß in England klinischen Ursprungs. Rindfleisch und Hammelfleisch kosten 54 bis 58 Pf. dus Und nun die Wvhuungsverhültnisse. Es ist bekannt, daß in England <TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <pb facs="#f0554" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/204643"/> <fw type="header" place="top"/><lb/> <p xml:id="ID_1795" prev="#ID_1794"> klinischen Ursprungs. Rindfleisch und Hammelfleisch kosten 54 bis 58 Pf. dus<lb/> Pfund, sind also auch eher billiger als teurer als bei uns. Daß die Fisch¬<lb/> preise in England außerordentlich niedrig sind, ist zu bekannt und zu natürlich,<lb/> als daß ich es weiter zu erörtern brauchte. Das Pfund Weizenbrod kostet in<lb/> Englaud migenblicklich 12 Pf. Ju alleu diesen Angaben meine ich das deutsche<lb/> Pfund oder halbe Kilo, nicht das etwas kleinere englische. Wenn es also die<lb/> Lebensmittel sein sollen, deren niedrige Preise Deutschland die Konkurrenz mit<lb/> England erleichtern, so kann weder vom Brote noch vom Fleische die Rede<lb/> sein; es müßten also die andern landwirtschaftlichen Erzeugnisse, wie Milch,<lb/> Butter, Käse, Eier, in Betracht kommen, denn die Kolonialwaren, wie Kaffee,<lb/> Thee, Zucker, Reis, sowie die Hülsenfrüchte, sind bekanntlich weit billiger in<lb/> Englaud als in Deutschland. Aber auch in den Milch-, Butter-, Käse- und<lb/> Eierprciseu besteht kein sehr erheblicher Unterschied gegen die unsrigen. Ju<lb/> Irland klagten mir im vorigen Sommer verschiedne Landwirte ihre Not, wie<lb/> furchtbar schwer es sei, mich unter Verzicht auf Getreidebau für die Erzeugnisse<lb/> der Landwirtschaft einen lohnenden Absatz zu finden; die englischen Händler<lb/> bezahlen ans den irischen Buttermärkten höchstens 7-—8 et ----- 58—67 Ps. für<lb/> das englische Pfund, also einen Preis, den wir für das halbe Pfund bezahlen.<lb/> Wirklich viel teurer als bei uns sind nach meinen Beobachtungen Bier, Wein,<lb/> Branntwein und Tabak; aber ich glaube, daß dieser Unterschied durch die<lb/> ebenerwähnte Billigkeit andrer Verbrauchsnrtikel mindestens aufgewogen wird.<lb/> Auch hinsichtlich der Kleidung kaun von Teuerung entschieden nicht die Rede<lb/> sein. Ich habe gestaunt, als ich im vorigen Sommer nicht nur in London,<lb/> sondern auch in Provinzialstädten in de» Kleider- und Schuhhandlnngen die<lb/> den einzelnen Gegenständen angehefteten Preisbezeichnungen las: Männer¬<lb/> anzüge von derbem, reinwollenem, hübsch aussehenden Stoffe zu 25 Mr.,<lb/> starke Schnürschuhe von Rindsleber mit Dvppelsohleu zu 6 Mk., natürlich<lb/> Fabrikarbeit, aber augenscheinlich gut und dauerhaft gearbeitet; so billig können<lb/> die Arbeiter in Deutschland sich nicht kleiden.</p><lb/> <p xml:id="ID_1796" next="#ID_1797"> Und nun die Wvhuungsverhültnisse. Es ist bekannt, daß in England<lb/> die meisten Arbeiter, wenigstens die verheirateten, ein Häuschen, eine sogenannte<lb/> Cottage, für sich bewohnen. In neuerer Zeit haben ja auch unsre Gro߬<lb/> industriellen angefangen, der Arbeiterwohnungsfrage mehr Aufmerksamkeit zu<lb/> schenken, und es sind ganze Arbeiterstädte nach englischem Muster geschaffen<lb/> worden. Aber es wird wohl leider noch eine lange Zeit vergehen, ehe überall<lb/> das Übel der Mietkasernen dnrch eine vernünftige, den Anforderungen des<lb/> Arbeiterstandes entsprechende Arbeiterkolonie mit kleinen, mir für eine Familie<lb/> (oder höchstens zwei) bestimmten Häusern und Gärten beseitigt wird. Es<lb/> liegt mir fern, zu wünschen, die Arbeiter aus der Stadt vertrieben zu sehen,<lb/> aber ich behaupte, sie wohnen in Anbetracht der Mietrünme zu teuer, weil<lb/> der Grund und Boden in der Stadt selbst zu kostspielig ist. In den großen</p><lb/> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0554]
klinischen Ursprungs. Rindfleisch und Hammelfleisch kosten 54 bis 58 Pf. dus
Pfund, sind also auch eher billiger als teurer als bei uns. Daß die Fisch¬
preise in England außerordentlich niedrig sind, ist zu bekannt und zu natürlich,
als daß ich es weiter zu erörtern brauchte. Das Pfund Weizenbrod kostet in
Englaud migenblicklich 12 Pf. Ju alleu diesen Angaben meine ich das deutsche
Pfund oder halbe Kilo, nicht das etwas kleinere englische. Wenn es also die
Lebensmittel sein sollen, deren niedrige Preise Deutschland die Konkurrenz mit
England erleichtern, so kann weder vom Brote noch vom Fleische die Rede
sein; es müßten also die andern landwirtschaftlichen Erzeugnisse, wie Milch,
Butter, Käse, Eier, in Betracht kommen, denn die Kolonialwaren, wie Kaffee,
Thee, Zucker, Reis, sowie die Hülsenfrüchte, sind bekanntlich weit billiger in
Englaud als in Deutschland. Aber auch in den Milch-, Butter-, Käse- und
Eierprciseu besteht kein sehr erheblicher Unterschied gegen die unsrigen. Ju
Irland klagten mir im vorigen Sommer verschiedne Landwirte ihre Not, wie
furchtbar schwer es sei, mich unter Verzicht auf Getreidebau für die Erzeugnisse
der Landwirtschaft einen lohnenden Absatz zu finden; die englischen Händler
bezahlen ans den irischen Buttermärkten höchstens 7-—8 et ----- 58—67 Ps. für
das englische Pfund, also einen Preis, den wir für das halbe Pfund bezahlen.
Wirklich viel teurer als bei uns sind nach meinen Beobachtungen Bier, Wein,
Branntwein und Tabak; aber ich glaube, daß dieser Unterschied durch die
ebenerwähnte Billigkeit andrer Verbrauchsnrtikel mindestens aufgewogen wird.
Auch hinsichtlich der Kleidung kaun von Teuerung entschieden nicht die Rede
sein. Ich habe gestaunt, als ich im vorigen Sommer nicht nur in London,
sondern auch in Provinzialstädten in de» Kleider- und Schuhhandlnngen die
den einzelnen Gegenständen angehefteten Preisbezeichnungen las: Männer¬
anzüge von derbem, reinwollenem, hübsch aussehenden Stoffe zu 25 Mr.,
starke Schnürschuhe von Rindsleber mit Dvppelsohleu zu 6 Mk., natürlich
Fabrikarbeit, aber augenscheinlich gut und dauerhaft gearbeitet; so billig können
die Arbeiter in Deutschland sich nicht kleiden.
Und nun die Wvhuungsverhültnisse. Es ist bekannt, daß in England
die meisten Arbeiter, wenigstens die verheirateten, ein Häuschen, eine sogenannte
Cottage, für sich bewohnen. In neuerer Zeit haben ja auch unsre Gro߬
industriellen angefangen, der Arbeiterwohnungsfrage mehr Aufmerksamkeit zu
schenken, und es sind ganze Arbeiterstädte nach englischem Muster geschaffen
worden. Aber es wird wohl leider noch eine lange Zeit vergehen, ehe überall
das Übel der Mietkasernen dnrch eine vernünftige, den Anforderungen des
Arbeiterstandes entsprechende Arbeiterkolonie mit kleinen, mir für eine Familie
(oder höchstens zwei) bestimmten Häusern und Gärten beseitigt wird. Es
liegt mir fern, zu wünschen, die Arbeiter aus der Stadt vertrieben zu sehen,
aber ich behaupte, sie wohnen in Anbetracht der Mietrünme zu teuer, weil
der Grund und Boden in der Stadt selbst zu kostspielig ist. In den großen
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