Die Grenzboten. Jg. 48, 1889, Erstes Vierteljahr.Englische Technik und deutsche Konkurrenz mögliche zu leisten, in der technischen Lehranstalt dein Besucher entgegen. Die Einen großen Übelstand freilich bemerkte ich bei dem Besuche dieser Werk¬ Englische Technik und deutsche Konkurrenz mögliche zu leisten, in der technischen Lehranstalt dein Besucher entgegen. Die Einen großen Übelstand freilich bemerkte ich bei dem Besuche dieser Werk¬ <TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <pb facs="#f0506" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/204595"/> <fw type="header" place="top"> Englische Technik und deutsche Konkurrenz</fw><lb/> <p xml:id="ID_1666" prev="#ID_1665"> mögliche zu leisten, in der technischen Lehranstalt dein Besucher entgegen. Die<lb/> Werkstätten der Maschinenbauer und Kunstschlosser, der Schiffsbauer und<lb/> Kunsttischler zeugten von dein lebhaften Interesse und der hochherzigen Förde¬<lb/> rung, die diese Anstalt der Stadt verdankte. Einen großen Flügel des mäch¬<lb/> tigen Gebäudes nahm ein Museum ein, das an Reichhaltigkeit jedes mir<lb/> bekannte deutsche Uuiversitätsmuscum übertraf. In jeder der oben erwähnten<lb/> Werkstätten, wie auch in dem großen, geräumigen Websale befand sich ein<lb/> Lehrmeister und meist noch ein Gehilfe, unter deren Leitung die jungen Männer<lb/> arbeiteten. Maschinenmvdelle, Ruderboote, Werkzeuge der verschiedensten Art,<lb/> Thürschlösser, Flintenlüufe waren als Erzeugnisse dieser Werkstätten darin<lb/> ausgestellt, während andre gerade eingepackt wurden, um bei einer Ausstellung<lb/> in Ostindien die englische Heimat auch in den Erzeugnissen ihrer technischen<lb/> Schulen würdig zu vertreten. An den aufgeklebten Zetteln konnte man er¬<lb/> kennen, daß diese Probearbeiten bereits in vielen in- und ausländischen Aus¬<lb/> stellungen gewesen und teilweise auch prämiirt worden waren. Manche schienen<lb/> mir allerdings mit einer geradezu erstaunlichen Sorgfalt und Genauigkeit<lb/> ausgeführt zu sein und ebensowohl von großem Geschick als besonders<lb/> auch von unermüdlicher Geduld Probe abzulegen und mit vollem Rechte<lb/> das Lob der Preisrichter zu verdienen. Als Muster der Metallschleifknnst<lb/> sind mir noch zwei Stahlwürfel erinnerlich, deren Flächen so sorgsam ge¬<lb/> schliffen waren, daß, wenn man sie aufeinander legte, es schwer war, sie<lb/> wieder zu trennen.</p><lb/> <p xml:id="ID_1667" next="#ID_1668"> Einen großen Übelstand freilich bemerkte ich bei dem Besuche dieser Werk¬<lb/> stätten; sie waren, obgleich der Herbstkursus bereits angefangen hatte, sehr<lb/> spärlich besucht. Kaum drei oder vier Lernende kamen durchschnittlich auf<lb/> jeden der Arbeitssäle, die doch für ebenso viele Dutzende berechnet waren.<lb/> Auf meine Frage nach dem Grunde dieses geringen Besuchs sagte nur mein<lb/> Begleiter, das sei auch anderwärts die Klage, im Anfang, da seien die Werk¬<lb/> stätten alle voll gewesen, da habe man fortwährend Meldungen zurückweisen<lb/> müssen, nach und nach aber sei die Lust und das Interesse der jungen Leute<lb/> erkaltet, und da kein Besuchszwang ausgeübt werde, sei es so weit gekommen,<lb/> daß in einzelnen dieser mit vielen Kosten eingerichteten und unterhaltenen<lb/> Arbeitssäle nnr noch Dilettanten thätig seien, die eben nichts Besseres zu thun<lb/> hätten, aber im Leben nicht daran dachten, das hier gelernte praktisch zu<lb/> verwerten. Also wozu der mächtige Ban, die großen Säle, die kostbaren<lb/> Lehrmittel, wozu die vielen Lehrmeister und ihr Fleiß? Von allen Seiten<lb/> wurde mir dieselbe Antwort zu teil: Die Deutschen bedrohen unsre Industrie<lb/> mit dem vollständigen Ruin; wir müssen alle Kräfte aufbiete», um der deutschen<lb/> Konkurrenz Herr zu werden. Die technischen Schulen sind nur ein Glied in<lb/> der Kette, die unsre Industrie halten, unsern Handel wieder heben soll. Sehen<lb/> Sie dieses Grabscheit, sagte der Werkführer in der Schiniedewerkstatt, das ist</p><lb/> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0506]
Englische Technik und deutsche Konkurrenz
mögliche zu leisten, in der technischen Lehranstalt dein Besucher entgegen. Die
Werkstätten der Maschinenbauer und Kunstschlosser, der Schiffsbauer und
Kunsttischler zeugten von dein lebhaften Interesse und der hochherzigen Förde¬
rung, die diese Anstalt der Stadt verdankte. Einen großen Flügel des mäch¬
tigen Gebäudes nahm ein Museum ein, das an Reichhaltigkeit jedes mir
bekannte deutsche Uuiversitätsmuscum übertraf. In jeder der oben erwähnten
Werkstätten, wie auch in dem großen, geräumigen Websale befand sich ein
Lehrmeister und meist noch ein Gehilfe, unter deren Leitung die jungen Männer
arbeiteten. Maschinenmvdelle, Ruderboote, Werkzeuge der verschiedensten Art,
Thürschlösser, Flintenlüufe waren als Erzeugnisse dieser Werkstätten darin
ausgestellt, während andre gerade eingepackt wurden, um bei einer Ausstellung
in Ostindien die englische Heimat auch in den Erzeugnissen ihrer technischen
Schulen würdig zu vertreten. An den aufgeklebten Zetteln konnte man er¬
kennen, daß diese Probearbeiten bereits in vielen in- und ausländischen Aus¬
stellungen gewesen und teilweise auch prämiirt worden waren. Manche schienen
mir allerdings mit einer geradezu erstaunlichen Sorgfalt und Genauigkeit
ausgeführt zu sein und ebensowohl von großem Geschick als besonders
auch von unermüdlicher Geduld Probe abzulegen und mit vollem Rechte
das Lob der Preisrichter zu verdienen. Als Muster der Metallschleifknnst
sind mir noch zwei Stahlwürfel erinnerlich, deren Flächen so sorgsam ge¬
schliffen waren, daß, wenn man sie aufeinander legte, es schwer war, sie
wieder zu trennen.
Einen großen Übelstand freilich bemerkte ich bei dem Besuche dieser Werk¬
stätten; sie waren, obgleich der Herbstkursus bereits angefangen hatte, sehr
spärlich besucht. Kaum drei oder vier Lernende kamen durchschnittlich auf
jeden der Arbeitssäle, die doch für ebenso viele Dutzende berechnet waren.
Auf meine Frage nach dem Grunde dieses geringen Besuchs sagte nur mein
Begleiter, das sei auch anderwärts die Klage, im Anfang, da seien die Werk¬
stätten alle voll gewesen, da habe man fortwährend Meldungen zurückweisen
müssen, nach und nach aber sei die Lust und das Interesse der jungen Leute
erkaltet, und da kein Besuchszwang ausgeübt werde, sei es so weit gekommen,
daß in einzelnen dieser mit vielen Kosten eingerichteten und unterhaltenen
Arbeitssäle nnr noch Dilettanten thätig seien, die eben nichts Besseres zu thun
hätten, aber im Leben nicht daran dachten, das hier gelernte praktisch zu
verwerten. Also wozu der mächtige Ban, die großen Säle, die kostbaren
Lehrmittel, wozu die vielen Lehrmeister und ihr Fleiß? Von allen Seiten
wurde mir dieselbe Antwort zu teil: Die Deutschen bedrohen unsre Industrie
mit dem vollständigen Ruin; wir müssen alle Kräfte aufbiete», um der deutschen
Konkurrenz Herr zu werden. Die technischen Schulen sind nur ein Glied in
der Kette, die unsre Industrie halten, unsern Handel wieder heben soll. Sehen
Sie dieses Grabscheit, sagte der Werkführer in der Schiniedewerkstatt, das ist
Informationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
FeedbackSie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden. Kommentar zur DTA-AusgabeDieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen … Staats- und Universitätsbibliothek (SuUB) Bremen: Bereitstellung der Texttranskription.
Kay-Michael Würzner: Bearbeitung der digitalen Edition.
Weitere Informationen:Verfahren der Texterfassung: OCR mit Nachkorrektur. Bogensignaturen: gekennzeichnet;Druckfehler: ignoriert;fremdsprachliches Material: nicht gekennzeichnet;Geminations-/Abkürzungsstriche: wie Vorlage;Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): nicht ausgezeichnet;i/j in Fraktur: wie Vorlage;I/J in Fraktur: wie Vorlage;Kolumnentitel: gekennzeichnet;Kustoden: gekennzeichnet;langes s (ſ): als s transkribiert;Normalisierungen: stillschweigend;rundes r (ꝛ): als r/et transkribiert;Seitenumbrüche markiert: ja;Silbentrennung: wie Vorlage;u/v bzw. U/V: wie Vorlage;Vokale mit übergest. e: als ä/ö/ü transkribiert;Vollständigkeit: vollständig erfasst;Zeichensetzung: wie Vorlage;Zeilenumbrüche markiert: ja; Nachkorrektur erfolgte automatisch.
|
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden. Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des § 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2024 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften.
Kontakt: redaktion(at)deutschestextarchiv.de. |