Die Grenzboten. Jg. 48, 1889, Erstes Vierteljahr.Die Gebietsentwicklung der Einzelstaaten Deutschlands Erwähnung. Der Mnrburger Erbschaftsstreit, dessen schon gedacht worden Die größten Gebietsumwnndlungen machte Hessen durch unter der Regierung Die Gebietsentwicklung der Einzelstaaten Deutschlands Erwähnung. Der Mnrburger Erbschaftsstreit, dessen schon gedacht worden Die größten Gebietsumwnndlungen machte Hessen durch unter der Regierung <TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <pb facs="#f0268" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/204357"/> <fw type="header" place="top"> Die Gebietsentwicklung der Einzelstaaten Deutschlands</fw><lb/> <p xml:id="ID_872" prev="#ID_871"> Erwähnung. Der Mnrburger Erbschaftsstreit, dessen schon gedacht worden<lb/> ist, hatte bereits 1625> einen vorläufigen Abschluß gefunden; endgiltig ent-<lb/> schieden wurde er erst um lvestfälischen Frieden. Hessen-Kassel verzichtete auf<lb/> alle Ansprüche auf die obere Grafschaft Katzenellenbogen, überlief; von der<lb/> untern Grafschaft noch Branbach und das Kirchspiel Katzenellenbogen an Darm-<lb/> stndt und trat diesem Gießen mit seinem Gebiete und die Hälfte des Marburger<lb/> Gebiets, etwa die heutige Provinz Oberhessen, ub. Einen zweiten, nicht un¬<lb/> ansehnlichen Gebietszuwachs brachte der Hammer Erbschnftsstreit. Die Grafen<lb/> von Hanau (ursprünglich Hagennu), Nachkömmlinge der edeln Herren von<lb/> Buchen, hatten, hauptsächlich durch glückliche Heiraten, nach und nach einen<lb/> bedeutenden Hausbesitz zusammengebracht, der bald in einer Hand vereinigt,<lb/> bald uuter verschiedene Linien geteilt war. Die Gebietsverhältnisse dieses<lb/> Geschlechtes sind aber so verzwickt, daß, wie man wohl scherzweise sagt, einer<lb/> allein sich gar nicht durchfinden kann. Der Merkwürdigkeit wegen mag angeführt<lb/> werdeu, daß die Herrschaft Münzenberg zeitweilig nach Vierundzwanzigsteln ge¬<lb/> teilt war, und daß, als schon einigermaßen Ordnung geschaffen war, Hanau<lb/> Stollberg-Gebern ^4 und Solms "'/s<>, dieser Herrschaft besaßen. Schließlich<lb/> gab es zwei Hauptlinien, Hanau-Münzenberg, deren Besitzungen an der Kinzig,<lb/> am Main und in der Wetterau, und Hanau-Lichtenberg, deren Besitzungen größten¬<lb/> teils im Nieder-Elsaß und in der heutigen preußischen Rheinprovinz lagen, teilweise<lb/> aber auch am rechten Rheinufer, im heutigen Baden. Die Linie Lichtenberg<lb/> starb schon 1642 aus, und uach weitschweifigen Verhandlungen einigten'sich<lb/> alle Prätendenten, zu denen auch Kursachsen gehörte, daß ihre Lande zunächst<lb/> an die Linie Lichtenberg fielen. Als anch diese im Jahre 1736 ausstarb, fiel<lb/> Hanau-Münzenberg an Kurhessen, Hanau-Lichtenberg all Hessen-Darlnstadt,<lb/> jedoch unter französischer Lehenshoheit.</p><lb/> <p xml:id="ID_873"> Die größten Gebietsumwnndlungen machte Hessen durch unter der Regierung<lb/> des Landgrafen Ludwig X., des nachmaligen Großherzogs Ludwig I., der von<lb/> 1790 bis 1830 regierte. Die durch die französische Revolution erregten Kriegs-<lb/> stürme zogen das Land natürlich sofort in Mitleidenschaft. Die liilksrheinischell<lb/> Besitzungen wurden von den französischen Heeren überschwemmt, und auch die<lb/> rechtsrheinischen Gebiete wurden vielfach verwüstet, bis der Landgraf im<lb/> Jahre 1799 mit Frankreich die Mainzer Neutralitätskvuveutiou abschloß. Im<lb/> Frieden vou LliNLville verlor Hessen alle jenseits des Rheins gelegenen Teile<lb/> der Grafschaft Hanau-Lichtenberg mit deu Ämtern Buchsweiler, Jngweiler,<lb/> Pfaffeilhofen, Brumath, Wvlfesheim, Westhofen, Wörth, Hatten, Offeudorf,<lb/> dazu alle seine übrigen linksrheinischen Besitzungen, darunter Pirmnseus, das<lb/> einst der Sitz eiuer eignen landgräslichen Linie gewesen war. Dazu mußte<lb/> es auf der rechten Rheinseite die zur Grafschaft Lichtenberg gehörigen Ämter<lb/> Willstett und Lichtenau an Baden, Braubach, Katzenellenbogen, die Herrschaft<lb/> Eppftein, Anteile an Eins, Anrechte auf Hohenburg an Nnssnn abtreten.</p><lb/> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0268]
Die Gebietsentwicklung der Einzelstaaten Deutschlands
Erwähnung. Der Mnrburger Erbschaftsstreit, dessen schon gedacht worden
ist, hatte bereits 1625> einen vorläufigen Abschluß gefunden; endgiltig ent-
schieden wurde er erst um lvestfälischen Frieden. Hessen-Kassel verzichtete auf
alle Ansprüche auf die obere Grafschaft Katzenellenbogen, überlief; von der
untern Grafschaft noch Branbach und das Kirchspiel Katzenellenbogen an Darm-
stndt und trat diesem Gießen mit seinem Gebiete und die Hälfte des Marburger
Gebiets, etwa die heutige Provinz Oberhessen, ub. Einen zweiten, nicht un¬
ansehnlichen Gebietszuwachs brachte der Hammer Erbschnftsstreit. Die Grafen
von Hanau (ursprünglich Hagennu), Nachkömmlinge der edeln Herren von
Buchen, hatten, hauptsächlich durch glückliche Heiraten, nach und nach einen
bedeutenden Hausbesitz zusammengebracht, der bald in einer Hand vereinigt,
bald uuter verschiedene Linien geteilt war. Die Gebietsverhältnisse dieses
Geschlechtes sind aber so verzwickt, daß, wie man wohl scherzweise sagt, einer
allein sich gar nicht durchfinden kann. Der Merkwürdigkeit wegen mag angeführt
werdeu, daß die Herrschaft Münzenberg zeitweilig nach Vierundzwanzigsteln ge¬
teilt war, und daß, als schon einigermaßen Ordnung geschaffen war, Hanau
Stollberg-Gebern ^4 und Solms "'/s<>, dieser Herrschaft besaßen. Schließlich
gab es zwei Hauptlinien, Hanau-Münzenberg, deren Besitzungen an der Kinzig,
am Main und in der Wetterau, und Hanau-Lichtenberg, deren Besitzungen größten¬
teils im Nieder-Elsaß und in der heutigen preußischen Rheinprovinz lagen, teilweise
aber auch am rechten Rheinufer, im heutigen Baden. Die Linie Lichtenberg
starb schon 1642 aus, und uach weitschweifigen Verhandlungen einigten'sich
alle Prätendenten, zu denen auch Kursachsen gehörte, daß ihre Lande zunächst
an die Linie Lichtenberg fielen. Als anch diese im Jahre 1736 ausstarb, fiel
Hanau-Münzenberg an Kurhessen, Hanau-Lichtenberg all Hessen-Darlnstadt,
jedoch unter französischer Lehenshoheit.
Die größten Gebietsumwnndlungen machte Hessen durch unter der Regierung
des Landgrafen Ludwig X., des nachmaligen Großherzogs Ludwig I., der von
1790 bis 1830 regierte. Die durch die französische Revolution erregten Kriegs-
stürme zogen das Land natürlich sofort in Mitleidenschaft. Die liilksrheinischell
Besitzungen wurden von den französischen Heeren überschwemmt, und auch die
rechtsrheinischen Gebiete wurden vielfach verwüstet, bis der Landgraf im
Jahre 1799 mit Frankreich die Mainzer Neutralitätskvuveutiou abschloß. Im
Frieden vou LliNLville verlor Hessen alle jenseits des Rheins gelegenen Teile
der Grafschaft Hanau-Lichtenberg mit deu Ämtern Buchsweiler, Jngweiler,
Pfaffeilhofen, Brumath, Wvlfesheim, Westhofen, Wörth, Hatten, Offeudorf,
dazu alle seine übrigen linksrheinischen Besitzungen, darunter Pirmnseus, das
einst der Sitz eiuer eignen landgräslichen Linie gewesen war. Dazu mußte
es auf der rechten Rheinseite die zur Grafschaft Lichtenberg gehörigen Ämter
Willstett und Lichtenau an Baden, Braubach, Katzenellenbogen, die Herrschaft
Eppftein, Anteile an Eins, Anrechte auf Hohenburg an Nnssnn abtreten.
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