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Die Grenzboten. Jg. 48, 1889, Erstes Vierteljahr.

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Deutschland, und die Südafrikanische Republik

Anlaß zu Klagen giebt und hier mehr Achtung und Gehorsam gegenüber den
Weißen zeigt als in der Kapkolonie, weiter heben.

Die Südafrikanische Republik hat eine Verfassung, die von 1858 datirt,
ihr jetziger Präsident, der am 9. Mai 1888 zum zweitenmale gewählt worden
ist, ist Stephnnus Johannes Paulus Krüger. Das Land zerfällt in zwölf
Bezirke. Die Einnahmen fließen vorzüglich aus direkte": Steuern und Zollen.
Die öffentliche Schuld beträgt 430000 Pfund Sterling, das öffentliche Ver¬
mögen besteht in Ländereien, deren Wert unsre Schrift anf 10632200 Mk.
mischlägt. Die Einnahmen des Staates beliefen sich im Finanzjahre 1885/86
auf 4371880, die Ausgaben anf 4344400 Mk.; im letzten dagegen (1887/88)
wies das Budget 12 629620 Mk. Einnahmen bei 9303620 Mk. Ausgaben
auf, so daß ein Überschuß von 3326000 Mk. verblieb, von denen 2000000 Mk.
bei einer Bank niedergelegt worden sind. Die Republik hat kein stehendes
Heer. Bei Kriegsfällen werden aber alle waffenfähigen Weißen (im Jahre 1881
zählten diese 7326 Mann) aufgeboten, darunter auch Einwanderer, wenn sie
seit sechs Monaten im Lande wohnen. Stimmberechtigter Bürger wird der
Eingewanderte nach fünfjährigem Aufenthalte, und nach fünfzehn Jahren kann
er Aufnahme in den Volksrat erlangen, falls er Grundbesitzer ist und einer
Protestantischen Kirchengemeinde angehört. Ein Beamter, der bei einer Wahl
als Kandidat auftreten will, muß zuvor auf feine Stelle verzichten. Die
Eisenbahnverbindung der südafrikanischen Republik mit der Küste, d. h. die
Linie Lorenzo Margues-Pretoria, ist im Oktober 1887 bis zur Grenze der
Republik, in einer Länge von 36 Kilometern, dem Verkehr übergeben worden
und sollte im Frühjahr 1888 ganz hergestellt sein. Mehrere andre Bahnen
werden demnächst in Angriff genommen werden, und sind diese, die zusammen
452 englische Meilen lang sein und 2800000 Pfund Sterling kosten werden,
fertig, so werden die Südafrikanische Republik und der Oranje-Freistaat sowohl
unter sich wie mit der Kapkolonie und Natal und deren Hafenorten durch
Schienenstrnßen vollständig verbunden sein. Telegraphenleitungen bestehen in
dem Boersstaate jenseits des Vnal und dem benachbarten Oranje-Freistaate
zwischen Pretoria, Standerton, Heidelberg und Heilbronn sowie zwischen Pre¬
toria und den Kapgvldfelderu, und verschiedene Zweiglinien sind im Ban be¬
griffen.

Während der Oranje-Freistaat sich wegen seines vielfach sandigen und
steinige,: Boden besonders zur Viehzucht eignet und hier nnr im Osten Ge¬
treide (meist Weizen, Mais und Kaffernkorn) gebant wird, bietet die Süd¬
afrikanische Republik dem Ackersmnnn auf weite Strecken hin ein lohnendes
Feld. Die Mitte dieses Landes sowie der östliche und südliche Teil empfiehlt
sich vornehmlich zum Anbau von Weizen, der in dem Bezirk von Pretoria
vierzig- bis fünfzigfältig trägt und sich in dem von Leitenburg durch Schwere
und weißes Mehl so auszeichnet, daß er ans der Pariser Weltausstellung mit


Deutschland, und die Südafrikanische Republik

Anlaß zu Klagen giebt und hier mehr Achtung und Gehorsam gegenüber den
Weißen zeigt als in der Kapkolonie, weiter heben.

Die Südafrikanische Republik hat eine Verfassung, die von 1858 datirt,
ihr jetziger Präsident, der am 9. Mai 1888 zum zweitenmale gewählt worden
ist, ist Stephnnus Johannes Paulus Krüger. Das Land zerfällt in zwölf
Bezirke. Die Einnahmen fließen vorzüglich aus direkte»: Steuern und Zollen.
Die öffentliche Schuld beträgt 430000 Pfund Sterling, das öffentliche Ver¬
mögen besteht in Ländereien, deren Wert unsre Schrift anf 10632200 Mk.
mischlägt. Die Einnahmen des Staates beliefen sich im Finanzjahre 1885/86
auf 4371880, die Ausgaben anf 4344400 Mk.; im letzten dagegen (1887/88)
wies das Budget 12 629620 Mk. Einnahmen bei 9303620 Mk. Ausgaben
auf, so daß ein Überschuß von 3326000 Mk. verblieb, von denen 2000000 Mk.
bei einer Bank niedergelegt worden sind. Die Republik hat kein stehendes
Heer. Bei Kriegsfällen werden aber alle waffenfähigen Weißen (im Jahre 1881
zählten diese 7326 Mann) aufgeboten, darunter auch Einwanderer, wenn sie
seit sechs Monaten im Lande wohnen. Stimmberechtigter Bürger wird der
Eingewanderte nach fünfjährigem Aufenthalte, und nach fünfzehn Jahren kann
er Aufnahme in den Volksrat erlangen, falls er Grundbesitzer ist und einer
Protestantischen Kirchengemeinde angehört. Ein Beamter, der bei einer Wahl
als Kandidat auftreten will, muß zuvor auf feine Stelle verzichten. Die
Eisenbahnverbindung der südafrikanischen Republik mit der Küste, d. h. die
Linie Lorenzo Margues-Pretoria, ist im Oktober 1887 bis zur Grenze der
Republik, in einer Länge von 36 Kilometern, dem Verkehr übergeben worden
und sollte im Frühjahr 1888 ganz hergestellt sein. Mehrere andre Bahnen
werden demnächst in Angriff genommen werden, und sind diese, die zusammen
452 englische Meilen lang sein und 2800000 Pfund Sterling kosten werden,
fertig, so werden die Südafrikanische Republik und der Oranje-Freistaat sowohl
unter sich wie mit der Kapkolonie und Natal und deren Hafenorten durch
Schienenstrnßen vollständig verbunden sein. Telegraphenleitungen bestehen in
dem Boersstaate jenseits des Vnal und dem benachbarten Oranje-Freistaate
zwischen Pretoria, Standerton, Heidelberg und Heilbronn sowie zwischen Pre¬
toria und den Kapgvldfelderu, und verschiedene Zweiglinien sind im Ban be¬
griffen.

Während der Oranje-Freistaat sich wegen seines vielfach sandigen und
steinige,: Boden besonders zur Viehzucht eignet und hier nnr im Osten Ge¬
treide (meist Weizen, Mais und Kaffernkorn) gebant wird, bietet die Süd¬
afrikanische Republik dem Ackersmnnn auf weite Strecken hin ein lohnendes
Feld. Die Mitte dieses Landes sowie der östliche und südliche Teil empfiehlt
sich vornehmlich zum Anbau von Weizen, der in dem Bezirk von Pretoria
vierzig- bis fünfzigfältig trägt und sich in dem von Leitenburg durch Schwere
und weißes Mehl so auszeichnet, daß er ans der Pariser Weltausstellung mit


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[0127] Deutschland, und die Südafrikanische Republik Anlaß zu Klagen giebt und hier mehr Achtung und Gehorsam gegenüber den Weißen zeigt als in der Kapkolonie, weiter heben. Die Südafrikanische Republik hat eine Verfassung, die von 1858 datirt, ihr jetziger Präsident, der am 9. Mai 1888 zum zweitenmale gewählt worden ist, ist Stephnnus Johannes Paulus Krüger. Das Land zerfällt in zwölf Bezirke. Die Einnahmen fließen vorzüglich aus direkte»: Steuern und Zollen. Die öffentliche Schuld beträgt 430000 Pfund Sterling, das öffentliche Ver¬ mögen besteht in Ländereien, deren Wert unsre Schrift anf 10632200 Mk. mischlägt. Die Einnahmen des Staates beliefen sich im Finanzjahre 1885/86 auf 4371880, die Ausgaben anf 4344400 Mk.; im letzten dagegen (1887/88) wies das Budget 12 629620 Mk. Einnahmen bei 9303620 Mk. Ausgaben auf, so daß ein Überschuß von 3326000 Mk. verblieb, von denen 2000000 Mk. bei einer Bank niedergelegt worden sind. Die Republik hat kein stehendes Heer. Bei Kriegsfällen werden aber alle waffenfähigen Weißen (im Jahre 1881 zählten diese 7326 Mann) aufgeboten, darunter auch Einwanderer, wenn sie seit sechs Monaten im Lande wohnen. Stimmberechtigter Bürger wird der Eingewanderte nach fünfjährigem Aufenthalte, und nach fünfzehn Jahren kann er Aufnahme in den Volksrat erlangen, falls er Grundbesitzer ist und einer Protestantischen Kirchengemeinde angehört. Ein Beamter, der bei einer Wahl als Kandidat auftreten will, muß zuvor auf feine Stelle verzichten. Die Eisenbahnverbindung der südafrikanischen Republik mit der Küste, d. h. die Linie Lorenzo Margues-Pretoria, ist im Oktober 1887 bis zur Grenze der Republik, in einer Länge von 36 Kilometern, dem Verkehr übergeben worden und sollte im Frühjahr 1888 ganz hergestellt sein. Mehrere andre Bahnen werden demnächst in Angriff genommen werden, und sind diese, die zusammen 452 englische Meilen lang sein und 2800000 Pfund Sterling kosten werden, fertig, so werden die Südafrikanische Republik und der Oranje-Freistaat sowohl unter sich wie mit der Kapkolonie und Natal und deren Hafenorten durch Schienenstrnßen vollständig verbunden sein. Telegraphenleitungen bestehen in dem Boersstaate jenseits des Vnal und dem benachbarten Oranje-Freistaate zwischen Pretoria, Standerton, Heidelberg und Heilbronn sowie zwischen Pre¬ toria und den Kapgvldfelderu, und verschiedene Zweiglinien sind im Ban be¬ griffen. Während der Oranje-Freistaat sich wegen seines vielfach sandigen und steinige,: Boden besonders zur Viehzucht eignet und hier nnr im Osten Ge¬ treide (meist Weizen, Mais und Kaffernkorn) gebant wird, bietet die Süd¬ afrikanische Republik dem Ackersmnnn auf weite Strecken hin ein lohnendes Feld. Die Mitte dieses Landes sowie der östliche und südliche Teil empfiehlt sich vornehmlich zum Anbau von Weizen, der in dem Bezirk von Pretoria vierzig- bis fünfzigfältig trägt und sich in dem von Leitenburg durch Schwere und weißes Mehl so auszeichnet, daß er ans der Pariser Weltausstellung mit

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 48, 1889, Erstes Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341849_204088/127>, abgerufen am 28.09.2024.