Die Grenzboten. Jg. 48, 1889, Erstes Vierteljahr.Maßgebliches und Unmaßgebliches Stuttgart ausgegeben worden. Redakteur derselben war Huber, dessen Frau Therese, Einige Jahre führte die Zeitung ein ruhiges Leben. Als aber Cotta im Schaffte geht leider der Geschichte der "Allgemeinen Zeitung" -- sie erschien Maßgebliches und Unmaßgebliches Stuttgart ausgegeben worden. Redakteur derselben war Huber, dessen Frau Therese, Einige Jahre führte die Zeitung ein ruhiges Leben. Als aber Cotta im Schaffte geht leider der Geschichte der „Allgemeinen Zeitung" — sie erschien <TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <div n="2"> <pb facs="#f0108" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/204197"/> <fw type="header" place="top"> Maßgebliches und Unmaßgebliches</fw><lb/> <p xml:id="ID_328" prev="#ID_327"> Stuttgart ausgegeben worden. Redakteur derselben war Huber, dessen Frau Therese,<lb/> Georg Försters Witwe, später das Morgenblatt redigirte.</p><lb/> <p xml:id="ID_329"> Einige Jahre führte die Zeitung ein ruhiges Leben. Als aber Cotta im<lb/> Auftrage der württembergischen Landschaft 1799 nach Paris gereist war, um<lb/> Schonung für das Land zu erwirken, das durch die wankelmütige und gewaltthätige<lb/> Politik des Herzogs der Gefahr der Verwüstung durch die Franzosen ausgesetzt<lb/> worden war, und mau ihm Persönlich deswegen nichts anhaben konnte, wurde an<lb/> seinem Schoßkinde, der „Allgemeinen Zeitung," Rache genommen. Wiederholten<lb/> Nörgeleien folgte 1803 das Verbot „aus Gründen," wie es in dem Dekret heißt.<lb/> Den äußeren Anlaß scheint ein Auszug aus einer Rede des Präsidenten des<lb/> französischen Oberappellationsgerichtcs bei Vereidigung der Ehrenlegionäre gegeben<lb/> zu haben, in welcher das neue Ehrenzeichen verherrlicht wurde gegenüber „den<lb/> Orden, welche ersonnen worden sind, um der Eitelkeit zu schmeicheln und dem Un¬<lb/> wert Wert zu geben." Das mag der Kurfürst als persönliche Anspielung aufgefaßt<lb/> haben. Cotta durfte nicht einmal mehr eine Nummer ausgeben, um den Abnehmern<lb/> das Verbot mitzuteilen. Eine Beschwerde und Bitte um Schadenersatz wurde,<lb/> abermals ohne Gründe, abschläglich beschieden, und so entschloß sich der Verleger,<lb/> die Zeitung auswandern zu lassen. Weit brauchte sie uicht zu gehen, in der<lb/> ehemaligen freien Reichsstadt Ulm, die soeben zu Baiern geschlagen worden war,<lb/> fand sie gastliche Aufnahme. Die verschiedenen Grenznachbarn hatten sich förmlich<lb/> um die Zeitung beworben, die im Besitze eines kaiserlichen Privilegiums war, und<lb/> so ließ Cotta deu Gedanken, sie aufzugeben, wieder fallen. „Mein Kurfürst,"<lb/> schreibt er an Schiller, „kann nur durch Entgegensetzung von Kraft gcbcindiget<lb/> werden, mein persönlicher Feind ist er ohnedies, und also will ich, muß ich einen<lb/> Kampf bestehen." Man muß sich hierbei daran erinnern, daß dieser Kurfürst<lb/> derselbe war, bei dessen Krönung zum Könige von Napoleons Gnaden (1806) seine<lb/> Unterthanen den bösen Witz machten, als Text für die Festpredigt sei aus Versehen<lb/> anstatt des Psalm 21: „Herr, der König freuet sich in deiner Kraft, und wie fehr<lb/> fröhlich ist er über deine Hilfe! Du gibst ihm seines Herzens Wunsch ... du<lb/> setzest eine goldene Krone auf fein Haupt u. f. w." der nächstfolgende angesagt<lb/> worden: „Mein Gott, mein Gott, warum hast du mich verlassen? Ich heule, aber<lb/> meine Hilfe ist ferne . . . Ich aber bin ein Wurm und kein Mensch, ein Spott<lb/> der Leute und Verachtung des Volks."</p><lb/> <p xml:id="ID_330" next="#ID_331"> Schaffte geht leider der Geschichte der „Allgemeinen Zeitung" — sie erschien<lb/> von 1810 an in Augsburg und wird daher den Namen „Augsburger" wohl<lb/> immer behalten — nicht im einzelnen und selbstverständlich uicht über die<lb/> Lebensdauer seines Helden uach. Vielleicht entschließt sich die Redaktion einmal,<lb/> ihr Archiv für den ausdrücklichen Zweck eines Beitrages zur Geschichte der un¬<lb/> mittelbaren und mittelbaren Zensur zu öffnen. Eine solche Arbeit würde ohne.<lb/> Zweifel Einblicke in die deutsche Politik der jüngsten Vergangenheit eröffnen, wie<lb/> sie in dieser Art keine anderweitige Forschung gewähren könnte. Denn bis 1343<lb/> verstand es diese Zeitung ja, in Oesterreich zulässig zu bleiben, was kein geringes<lb/> Kunststück und nur möglich war bei sehr genanen Beziehungen zu den Wiener<lb/> Rcgierungskreisen. Und auch später bestanden offenkundige Verbindungen zwischen<lb/> dem „Ballplatz" tu Wien und dein Hause hinter der Augsburger Frohnveste.<lb/> Schäffle berichtet nur im allgemeinen, daß in den zwanziger Jahren der Druck<lb/> der Zensur bis ins Unerträgliche gesteigert worden sei und Vorstellungen in München<lb/> nichts gefruchtet hätten, weil „die bairische Negierung dem Drucke Metternichs<lb/> nicht widerstehen konnte." 1823 wurde der schon oben erwähnte Bücherzensor</p><lb/> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0108]
Maßgebliches und Unmaßgebliches
Stuttgart ausgegeben worden. Redakteur derselben war Huber, dessen Frau Therese,
Georg Försters Witwe, später das Morgenblatt redigirte.
Einige Jahre führte die Zeitung ein ruhiges Leben. Als aber Cotta im
Auftrage der württembergischen Landschaft 1799 nach Paris gereist war, um
Schonung für das Land zu erwirken, das durch die wankelmütige und gewaltthätige
Politik des Herzogs der Gefahr der Verwüstung durch die Franzosen ausgesetzt
worden war, und mau ihm Persönlich deswegen nichts anhaben konnte, wurde an
seinem Schoßkinde, der „Allgemeinen Zeitung," Rache genommen. Wiederholten
Nörgeleien folgte 1803 das Verbot „aus Gründen," wie es in dem Dekret heißt.
Den äußeren Anlaß scheint ein Auszug aus einer Rede des Präsidenten des
französischen Oberappellationsgerichtcs bei Vereidigung der Ehrenlegionäre gegeben
zu haben, in welcher das neue Ehrenzeichen verherrlicht wurde gegenüber „den
Orden, welche ersonnen worden sind, um der Eitelkeit zu schmeicheln und dem Un¬
wert Wert zu geben." Das mag der Kurfürst als persönliche Anspielung aufgefaßt
haben. Cotta durfte nicht einmal mehr eine Nummer ausgeben, um den Abnehmern
das Verbot mitzuteilen. Eine Beschwerde und Bitte um Schadenersatz wurde,
abermals ohne Gründe, abschläglich beschieden, und so entschloß sich der Verleger,
die Zeitung auswandern zu lassen. Weit brauchte sie uicht zu gehen, in der
ehemaligen freien Reichsstadt Ulm, die soeben zu Baiern geschlagen worden war,
fand sie gastliche Aufnahme. Die verschiedenen Grenznachbarn hatten sich förmlich
um die Zeitung beworben, die im Besitze eines kaiserlichen Privilegiums war, und
so ließ Cotta deu Gedanken, sie aufzugeben, wieder fallen. „Mein Kurfürst,"
schreibt er an Schiller, „kann nur durch Entgegensetzung von Kraft gcbcindiget
werden, mein persönlicher Feind ist er ohnedies, und also will ich, muß ich einen
Kampf bestehen." Man muß sich hierbei daran erinnern, daß dieser Kurfürst
derselbe war, bei dessen Krönung zum Könige von Napoleons Gnaden (1806) seine
Unterthanen den bösen Witz machten, als Text für die Festpredigt sei aus Versehen
anstatt des Psalm 21: „Herr, der König freuet sich in deiner Kraft, und wie fehr
fröhlich ist er über deine Hilfe! Du gibst ihm seines Herzens Wunsch ... du
setzest eine goldene Krone auf fein Haupt u. f. w." der nächstfolgende angesagt
worden: „Mein Gott, mein Gott, warum hast du mich verlassen? Ich heule, aber
meine Hilfe ist ferne . . . Ich aber bin ein Wurm und kein Mensch, ein Spott
der Leute und Verachtung des Volks."
Schaffte geht leider der Geschichte der „Allgemeinen Zeitung" — sie erschien
von 1810 an in Augsburg und wird daher den Namen „Augsburger" wohl
immer behalten — nicht im einzelnen und selbstverständlich uicht über die
Lebensdauer seines Helden uach. Vielleicht entschließt sich die Redaktion einmal,
ihr Archiv für den ausdrücklichen Zweck eines Beitrages zur Geschichte der un¬
mittelbaren und mittelbaren Zensur zu öffnen. Eine solche Arbeit würde ohne.
Zweifel Einblicke in die deutsche Politik der jüngsten Vergangenheit eröffnen, wie
sie in dieser Art keine anderweitige Forschung gewähren könnte. Denn bis 1343
verstand es diese Zeitung ja, in Oesterreich zulässig zu bleiben, was kein geringes
Kunststück und nur möglich war bei sehr genanen Beziehungen zu den Wiener
Rcgierungskreisen. Und auch später bestanden offenkundige Verbindungen zwischen
dem „Ballplatz" tu Wien und dein Hause hinter der Augsburger Frohnveste.
Schäffle berichtet nur im allgemeinen, daß in den zwanziger Jahren der Druck
der Zensur bis ins Unerträgliche gesteigert worden sei und Vorstellungen in München
nichts gefruchtet hätten, weil „die bairische Negierung dem Drucke Metternichs
nicht widerstehen konnte." 1823 wurde der schon oben erwähnte Bücherzensor
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