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Die Grenzboten. Jg. 47, 1888, Drittes Vierteljahr.

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Die Schulvereine.

nicht an Raum und Boden dafür. Wir sollten doch jeden geeigneten Umstand
nützen, unsre Bevölkerung nutzbringend zu mehren. Die Zeit der Auseinander¬
setzung mit unsern mißgünstigen Nachbarn, auf die sich unsers Staates weise
Führer so mächtig vorbereiten, wird früher oder später kommen; möchten wir
dann nicht bloß gewappnet, sondern auch zahlreich genug sein, um dem allseitig
gewaltigen Andrange mit Erfolg widerstehen zu können.

Die Verwaltung der preußischen Staatsdomänen sollte den Bau von eigent¬
lichen Arbeitcrwohnhäusern auf ihren Gütern aufgeben und an deren Stelle mit
der Errichtung kleiner Wirtschaften vorgehen, sich also vorläufig nur auf die
Herrichtung von Wohnungen für das wirkliche Dienstgesinde beschränken. Der
Übergang zur Beschaffung des Dienstgesindes aus den neu gewonnenen Kolo¬
nistenfamilien wird sich für spätere Zeiten von selbst ergeben.

(Schluß folgt.)




Die Schulvereine.
(Schluß.)

WM
Mönnte es jemanden geben, dem die weittragende Bedeutung des
Schulvereinsgedankens nicht sofort einleuchtete, dem müßte das
Verhalten unsrer nationalen Gegner die Augen gewaltsam öffnen.
Was in den russischen Ostseeprovinzen seit Jahrzehnten gegen das
dortige zähe Deutschtum geübt wird, spottet jeder Beschreibung und
bedarf auch wohl keiner solchen, denn es "schreit zum Himmel um Rache." Da
aber diese Gewaltthaten von einer uns "befreundeten" Regierung ausgehen, so
werden die baltischen Deutschen wohl noch lange auf Selbsthilfe angewiesen sein
und diese hoffentlich so kräftig und so lange ausüben, bis andre Zeiten gekommen
sind. Die polnischen und wendischen Landesteile Preußens sind durch ihre
Staatsangehörigkeit in die bloße Verteidigung geworfen, wehren sich aber hart¬
näckig gegen die unabweisliche Germanisation. In diesen Gebieten ist es Sache
der preußischen Regierung, für das Deutschtum zu wirken.

Um so ärger ist aber der Streit in Österreich ausgebrochen, wo ein
slawenfreundliches Regiment dem Schulverein kühl bis ans Herz hinan gegen¬
übersteht. Kaum war von feiten der Deutschen nicht etwa ein Angriffskampf,
sondern nur eine ehrliche Verteidigung organisirt, als auch mit einem Schlage
die Gegenrüstung begann. Nie ward über einen Verein so viel Zeter ge¬
schrieen, so viel verleumdet, verdächtigt und Lärm geschlagen wie über diesen


Grenzboten III. 1833. 69
Die Schulvereine.

nicht an Raum und Boden dafür. Wir sollten doch jeden geeigneten Umstand
nützen, unsre Bevölkerung nutzbringend zu mehren. Die Zeit der Auseinander¬
setzung mit unsern mißgünstigen Nachbarn, auf die sich unsers Staates weise
Führer so mächtig vorbereiten, wird früher oder später kommen; möchten wir
dann nicht bloß gewappnet, sondern auch zahlreich genug sein, um dem allseitig
gewaltigen Andrange mit Erfolg widerstehen zu können.

Die Verwaltung der preußischen Staatsdomänen sollte den Bau von eigent¬
lichen Arbeitcrwohnhäusern auf ihren Gütern aufgeben und an deren Stelle mit
der Errichtung kleiner Wirtschaften vorgehen, sich also vorläufig nur auf die
Herrichtung von Wohnungen für das wirkliche Dienstgesinde beschränken. Der
Übergang zur Beschaffung des Dienstgesindes aus den neu gewonnenen Kolo¬
nistenfamilien wird sich für spätere Zeiten von selbst ergeben.

(Schluß folgt.)




Die Schulvereine.
(Schluß.)

WM
Mönnte es jemanden geben, dem die weittragende Bedeutung des
Schulvereinsgedankens nicht sofort einleuchtete, dem müßte das
Verhalten unsrer nationalen Gegner die Augen gewaltsam öffnen.
Was in den russischen Ostseeprovinzen seit Jahrzehnten gegen das
dortige zähe Deutschtum geübt wird, spottet jeder Beschreibung und
bedarf auch wohl keiner solchen, denn es „schreit zum Himmel um Rache." Da
aber diese Gewaltthaten von einer uns „befreundeten" Regierung ausgehen, so
werden die baltischen Deutschen wohl noch lange auf Selbsthilfe angewiesen sein
und diese hoffentlich so kräftig und so lange ausüben, bis andre Zeiten gekommen
sind. Die polnischen und wendischen Landesteile Preußens sind durch ihre
Staatsangehörigkeit in die bloße Verteidigung geworfen, wehren sich aber hart¬
näckig gegen die unabweisliche Germanisation. In diesen Gebieten ist es Sache
der preußischen Regierung, für das Deutschtum zu wirken.

Um so ärger ist aber der Streit in Österreich ausgebrochen, wo ein
slawenfreundliches Regiment dem Schulverein kühl bis ans Herz hinan gegen¬
übersteht. Kaum war von feiten der Deutschen nicht etwa ein Angriffskampf,
sondern nur eine ehrliche Verteidigung organisirt, als auch mit einem Schlage
die Gegenrüstung begann. Nie ward über einen Verein so viel Zeter ge¬
schrieen, so viel verleumdet, verdächtigt und Lärm geschlagen wie über diesen


Grenzboten III. 1833. 69
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[0553] Die Schulvereine. nicht an Raum und Boden dafür. Wir sollten doch jeden geeigneten Umstand nützen, unsre Bevölkerung nutzbringend zu mehren. Die Zeit der Auseinander¬ setzung mit unsern mißgünstigen Nachbarn, auf die sich unsers Staates weise Führer so mächtig vorbereiten, wird früher oder später kommen; möchten wir dann nicht bloß gewappnet, sondern auch zahlreich genug sein, um dem allseitig gewaltigen Andrange mit Erfolg widerstehen zu können. Die Verwaltung der preußischen Staatsdomänen sollte den Bau von eigent¬ lichen Arbeitcrwohnhäusern auf ihren Gütern aufgeben und an deren Stelle mit der Errichtung kleiner Wirtschaften vorgehen, sich also vorläufig nur auf die Herrichtung von Wohnungen für das wirkliche Dienstgesinde beschränken. Der Übergang zur Beschaffung des Dienstgesindes aus den neu gewonnenen Kolo¬ nistenfamilien wird sich für spätere Zeiten von selbst ergeben. (Schluß folgt.) Die Schulvereine. (Schluß.) WM Mönnte es jemanden geben, dem die weittragende Bedeutung des Schulvereinsgedankens nicht sofort einleuchtete, dem müßte das Verhalten unsrer nationalen Gegner die Augen gewaltsam öffnen. Was in den russischen Ostseeprovinzen seit Jahrzehnten gegen das dortige zähe Deutschtum geübt wird, spottet jeder Beschreibung und bedarf auch wohl keiner solchen, denn es „schreit zum Himmel um Rache." Da aber diese Gewaltthaten von einer uns „befreundeten" Regierung ausgehen, so werden die baltischen Deutschen wohl noch lange auf Selbsthilfe angewiesen sein und diese hoffentlich so kräftig und so lange ausüben, bis andre Zeiten gekommen sind. Die polnischen und wendischen Landesteile Preußens sind durch ihre Staatsangehörigkeit in die bloße Verteidigung geworfen, wehren sich aber hart¬ näckig gegen die unabweisliche Germanisation. In diesen Gebieten ist es Sache der preußischen Regierung, für das Deutschtum zu wirken. Um so ärger ist aber der Streit in Österreich ausgebrochen, wo ein slawenfreundliches Regiment dem Schulverein kühl bis ans Herz hinan gegen¬ übersteht. Kaum war von feiten der Deutschen nicht etwa ein Angriffskampf, sondern nur eine ehrliche Verteidigung organisirt, als auch mit einem Schlage die Gegenrüstung begann. Nie ward über einen Verein so viel Zeter ge¬ schrieen, so viel verleumdet, verdächtigt und Lärm geschlagen wie über diesen Grenzboten III. 1833. 69

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 47, 1888, Drittes Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341847_289122/553>, abgerufen am 22.07.2024.