Die Grenzboten. Jg. 47, 1888, Drittes Vierteljahr.Deutsche Arbeit in Afrika. gewisse Bedeutung zu haben scheint. Dieses erste Kapitel handelt über "Unsre Da weist nun Soyaux zunächst auf die Thatsache hin, daß bei unsern Deutsche Arbeit in Afrika. gewisse Bedeutung zu haben scheint. Dieses erste Kapitel handelt über „Unsre Da weist nun Soyaux zunächst auf die Thatsache hin, daß bei unsern <TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <pb facs="#f0443" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/289566"/> <fw type="header" place="top"> Deutsche Arbeit in Afrika.</fw><lb/> <p xml:id="ID_1512" prev="#ID_1511"> gewisse Bedeutung zu haben scheint. Dieses erste Kapitel handelt über „Unsre<lb/> geographischen und wissenschaftlichen Kenntnisse von Deutsch-Afrika."</p><lb/> <p xml:id="ID_1513" next="#ID_1514"> Da weist nun Soyaux zunächst auf die Thatsache hin, daß bei unsern<lb/> deutschen Besitzungen und Interessensphären in Afrika fast überall die geogra¬<lb/> phische Erkenntnis sich kaum über die Kttstenzonen erstreckt und vielerorten weniger<lb/> weit in die binnenländischen Gebiete hineinragt, als das in Kolonialgebieten<lb/> andrer europäischer Völker der Fall ist, die an jenen Gestaden Fuß gefaßt<lb/> haben. Das ist eine Sache, die auch Vismarck einmal berührte in seiner Rede<lb/> im deutschen Reichstage am 10. März 1887, wenn er sagte: „Merkwürdiger¬<lb/> weise ist hinter unsern Küstenkolonien gerade das Land unbekannter als z. B.<lb/> am Kongo. Ich habe das Gefühl, daß es geradezu ehrenrührig für unsre<lb/> Leistungen auch auf dem Gebiete der Wissenschaft sein würde, wenn wir über<lb/> das Gebiet hinter unsern Besitzungen keine Auskunft geben könnten, sobald es<lb/> eine Tagereise von der Küste entfernt ist. Mit den großen Länderstrecken, wo<lb/> wir weder englische noch französische Konkurrenz zu fürchten haben, sind wir<lb/> viel unbekannter, als mit dem Kongogebiet." Wundern darf man sich nun<lb/> nicht, wenn ein Aufschließen dieser dunkeln Gebiete immer nur laugsam vor<lb/> sich geht; es geschieht doch bei uns in der Hauptsache immer nur noch mit<lb/> Privatmitteln, im günstigsten Falle mit Geldern, die von Gesellschaften zu¬<lb/> sammengebracht sind, und der Opfer an Menschenleben werden dabei genug<lb/> gebracht; ist doch erst vor wenig Wochen einer der vortrefflichsten, kundigsten<lb/> und unternehmendsten Reisenden in Afrika seinem Forschungstricbe erlegen,<lb/> Heinrich Semler, und Kund und Tappenbeck sind nur eben mit dem Leben<lb/> davon gekommen; die koloniale Bewegung hat aber den Geist des deutschen<lb/> Volkes so mächtig gefaßt, daß die Lücken immer wieder ausgefüllt werden;<lb/> und so wird ja wohl auch das Dunkel, welches noch auf unsern binnenländischen<lb/> Besitzungen in Afrika meist liegt, mehr und mehr schwinden. Wenn aber Fürst<lb/> Bismarck von großen Länderstrecken sprach, wo wir weder englische noch fran¬<lb/> zösische Konkurrenz zu fürchten hätten, so hat er die Chikanen unsrer eng¬<lb/> lischen Vettern damals noch nicht so gekannt, wie er sie heute wohl kennen<lb/> wird. England gönnt uns unsre Hinterländer ebensowenig als unsre Küsten¬<lb/> strecken, und wird, soviel es kann, uns das Aufschließen und Ausnutzen der¬<lb/> selben hindern. Erst jüngst brachte die norddeutsche Allgemeine Zeitung die<lb/> Nachricht, daß im Kap-Parlament, augenscheinlich infolge eines Auftrags, der<lb/> Abgeordnete Osthuizen an die Kapregierung die Anfrage gestellt habe, ob sie<lb/> sich durch Vermittlung der königlich großbritannischen Regierung an Deutsch¬<lb/> land mit dem Ersuchen um Aufhebung des deutschen Protektorats über Damara-<lb/> land und über das Hinterland von Walfischbai wenden wolle. Der Premier¬<lb/> minister Sir Gordon Sprigg machte seinem Ärger über die deutschen Besitzungen<lb/> in Südwestafrika Luft und sprach sein großes Bedauern darüber aus, daß die<lb/> kaiserlich deutsche Regierung überhaupt Rechte und Jurisdiktion in der Gegend</p><lb/> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0443]
Deutsche Arbeit in Afrika.
gewisse Bedeutung zu haben scheint. Dieses erste Kapitel handelt über „Unsre
geographischen und wissenschaftlichen Kenntnisse von Deutsch-Afrika."
Da weist nun Soyaux zunächst auf die Thatsache hin, daß bei unsern
deutschen Besitzungen und Interessensphären in Afrika fast überall die geogra¬
phische Erkenntnis sich kaum über die Kttstenzonen erstreckt und vielerorten weniger
weit in die binnenländischen Gebiete hineinragt, als das in Kolonialgebieten
andrer europäischer Völker der Fall ist, die an jenen Gestaden Fuß gefaßt
haben. Das ist eine Sache, die auch Vismarck einmal berührte in seiner Rede
im deutschen Reichstage am 10. März 1887, wenn er sagte: „Merkwürdiger¬
weise ist hinter unsern Küstenkolonien gerade das Land unbekannter als z. B.
am Kongo. Ich habe das Gefühl, daß es geradezu ehrenrührig für unsre
Leistungen auch auf dem Gebiete der Wissenschaft sein würde, wenn wir über
das Gebiet hinter unsern Besitzungen keine Auskunft geben könnten, sobald es
eine Tagereise von der Küste entfernt ist. Mit den großen Länderstrecken, wo
wir weder englische noch französische Konkurrenz zu fürchten haben, sind wir
viel unbekannter, als mit dem Kongogebiet." Wundern darf man sich nun
nicht, wenn ein Aufschließen dieser dunkeln Gebiete immer nur laugsam vor
sich geht; es geschieht doch bei uns in der Hauptsache immer nur noch mit
Privatmitteln, im günstigsten Falle mit Geldern, die von Gesellschaften zu¬
sammengebracht sind, und der Opfer an Menschenleben werden dabei genug
gebracht; ist doch erst vor wenig Wochen einer der vortrefflichsten, kundigsten
und unternehmendsten Reisenden in Afrika seinem Forschungstricbe erlegen,
Heinrich Semler, und Kund und Tappenbeck sind nur eben mit dem Leben
davon gekommen; die koloniale Bewegung hat aber den Geist des deutschen
Volkes so mächtig gefaßt, daß die Lücken immer wieder ausgefüllt werden;
und so wird ja wohl auch das Dunkel, welches noch auf unsern binnenländischen
Besitzungen in Afrika meist liegt, mehr und mehr schwinden. Wenn aber Fürst
Bismarck von großen Länderstrecken sprach, wo wir weder englische noch fran¬
zösische Konkurrenz zu fürchten hätten, so hat er die Chikanen unsrer eng¬
lischen Vettern damals noch nicht so gekannt, wie er sie heute wohl kennen
wird. England gönnt uns unsre Hinterländer ebensowenig als unsre Küsten¬
strecken, und wird, soviel es kann, uns das Aufschließen und Ausnutzen der¬
selben hindern. Erst jüngst brachte die norddeutsche Allgemeine Zeitung die
Nachricht, daß im Kap-Parlament, augenscheinlich infolge eines Auftrags, der
Abgeordnete Osthuizen an die Kapregierung die Anfrage gestellt habe, ob sie
sich durch Vermittlung der königlich großbritannischen Regierung an Deutsch¬
land mit dem Ersuchen um Aufhebung des deutschen Protektorats über Damara-
land und über das Hinterland von Walfischbai wenden wolle. Der Premier¬
minister Sir Gordon Sprigg machte seinem Ärger über die deutschen Besitzungen
in Südwestafrika Luft und sprach sein großes Bedauern darüber aus, daß die
kaiserlich deutsche Regierung überhaupt Rechte und Jurisdiktion in der Gegend
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