Die Grenzboten. Jg. 47, 1888, Drittes Vierteljahr.Gefahren in der Geschichtswissenschaft. durch Verbindung der Konservativen mit dem Zentrum oder durch Einigung Gefahren in der Geschichtswissenschaft. von I. von Pflugk-Harttung. it Stolz darf der Deutsche auf die Ergebnisse seiner Geschicht¬ Gefahren in der Geschichtswissenschaft. durch Verbindung der Konservativen mit dem Zentrum oder durch Einigung Gefahren in der Geschichtswissenschaft. von I. von Pflugk-Harttung. it Stolz darf der Deutsche auf die Ergebnisse seiner Geschicht¬ <TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <pb facs="#f0352" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/289475"/> <fw type="header" place="top"> Gefahren in der Geschichtswissenschaft.</fw><lb/> <p xml:id="ID_1194" prev="#ID_1193"> durch Verbindung der Konservativen mit dem Zentrum oder durch Einigung<lb/> derselben mit den Nationalliberalen und den Freikonservativen. Mit der Partei<lb/> Windthorsts zu gehen ist selbstverständlich für die Negierung ein Ding der<lb/> Unmöglichkeit, sie kann sich auf keine Mehrheit stützen, deren Bestand vom<lb/> Belieben dieses unverbesserlichen Neichsfeindes abhängt, mit dem sie also fort¬<lb/> während zu Pallirer hätte. Sie kann nur eine aus Nationalliberalen und<lb/> Konservativen zusammengesetzte Mehrheit brauchen. Sie muß infolge dieser<lb/> Lage der Dinge nicht nur sich selbst der Bekämpfung einer der drei nationalen<lb/> Parteien enthalten, sondern auch bemüht sein, zu verhüten, daß diese sich unter<lb/> einander befehden, und nach Möglichkeit dahin wirken, daß sie einig bleiben,<lb/> ihren Besitzstand in den Wahlkreisen unter einander schonen und bei Stich¬<lb/> wahlen für einander stimmen. Die Negierung ist nicht imstande, zwischen den<lb/> Fraktionen, deren Unterstützung sie zu verfassungsmäßigen Regieren bedarf,<lb/> eine Auswahl zu treffen. Das Zusammenhalten der nationalen Parteien ist<lb/> für sie eine unbedingte Notwendigkeit. Ohne dieses bliebe ihr nur übrig,<lb/> entweder in dauernder Minderheit zu operiren oder sich Herrn Windthorst und<lb/> seiner Anhängerschaft auf gut Glück in die Arme zu werfen, Elementen, die<lb/> aus dem Polentum, dem Welfenlager und den Reihen des Freisinns sich<lb/> zusammengefunden haben. Diese Umstände bringen die Politik des Kanzlers<lb/> in eine Art Zwangslage, auf welche die Fraktionen, die das Interesse des<lb/> Staates über das der Parteien stellen, überall und dauernd Rücksicht nehmen<lb/> sollten.</p><lb/> <milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/> </div> <div n="1"> <head> Gefahren in der Geschichtswissenschaft.<lb/><note type="byline"> von I. von Pflugk-Harttung.</note></head><lb/> <p xml:id="ID_1195"> it Stolz darf der Deutsche auf die Ergebnisse seiner Geschicht¬<lb/> schreibung blicken. Ihm gehören die größten historischen Genies<lb/> der neuesten Zeit an, er schuf die Weltgeschichte und wurde<lb/> Hauptvertreter der Spezialforschung, er eröffnete die systematische<lb/> Durchforschung der Archive, wurde Wiedererwecker der Urkunden¬<lb/> lehre, zuverlässigster und umsichtigster Textherausgeber, von ihm ging die Rechts¬<lb/> wissenschaft aus und die Begründung der modernen historischen Kritik, die der<lb/> ganzen Wissenschaft und vielen Anverwandten ihre Grundfarbe verlieh. Kurz,<lb/> der Deutsche darf sich als vornehmster Träger der heutigen Geschichtskunde<lb/> ansehen.</p><lb/> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0352]
Gefahren in der Geschichtswissenschaft.
durch Verbindung der Konservativen mit dem Zentrum oder durch Einigung
derselben mit den Nationalliberalen und den Freikonservativen. Mit der Partei
Windthorsts zu gehen ist selbstverständlich für die Negierung ein Ding der
Unmöglichkeit, sie kann sich auf keine Mehrheit stützen, deren Bestand vom
Belieben dieses unverbesserlichen Neichsfeindes abhängt, mit dem sie also fort¬
während zu Pallirer hätte. Sie kann nur eine aus Nationalliberalen und
Konservativen zusammengesetzte Mehrheit brauchen. Sie muß infolge dieser
Lage der Dinge nicht nur sich selbst der Bekämpfung einer der drei nationalen
Parteien enthalten, sondern auch bemüht sein, zu verhüten, daß diese sich unter
einander befehden, und nach Möglichkeit dahin wirken, daß sie einig bleiben,
ihren Besitzstand in den Wahlkreisen unter einander schonen und bei Stich¬
wahlen für einander stimmen. Die Negierung ist nicht imstande, zwischen den
Fraktionen, deren Unterstützung sie zu verfassungsmäßigen Regieren bedarf,
eine Auswahl zu treffen. Das Zusammenhalten der nationalen Parteien ist
für sie eine unbedingte Notwendigkeit. Ohne dieses bliebe ihr nur übrig,
entweder in dauernder Minderheit zu operiren oder sich Herrn Windthorst und
seiner Anhängerschaft auf gut Glück in die Arme zu werfen, Elementen, die
aus dem Polentum, dem Welfenlager und den Reihen des Freisinns sich
zusammengefunden haben. Diese Umstände bringen die Politik des Kanzlers
in eine Art Zwangslage, auf welche die Fraktionen, die das Interesse des
Staates über das der Parteien stellen, überall und dauernd Rücksicht nehmen
sollten.
Gefahren in der Geschichtswissenschaft.
von I. von Pflugk-Harttung.
it Stolz darf der Deutsche auf die Ergebnisse seiner Geschicht¬
schreibung blicken. Ihm gehören die größten historischen Genies
der neuesten Zeit an, er schuf die Weltgeschichte und wurde
Hauptvertreter der Spezialforschung, er eröffnete die systematische
Durchforschung der Archive, wurde Wiedererwecker der Urkunden¬
lehre, zuverlässigster und umsichtigster Textherausgeber, von ihm ging die Rechts¬
wissenschaft aus und die Begründung der modernen historischen Kritik, die der
ganzen Wissenschaft und vielen Anverwandten ihre Grundfarbe verlieh. Kurz,
der Deutsche darf sich als vornehmster Träger der heutigen Geschichtskunde
ansehen.
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