Die Grenzboten. Jg. 47, 1888, Drittes Vierteljahr.Ricks Lyhne. I. P. Jacobsen. Roman von Aus dem Dänischen übersetzt von Mathilde Mann. (Fortsetzung.) Elftes Aapitel. rei Jahre sind verstrichen, Erik und Fennimore sind zwei Jahre Die unerwartete Verlobung Eriks war ein harter Schlag für Ricks ge¬ Ricks Lyhne. I. P. Jacobsen. Roman von Aus dem Dänischen übersetzt von Mathilde Mann. (Fortsetzung.) Elftes Aapitel. rei Jahre sind verstrichen, Erik und Fennimore sind zwei Jahre Die unerwartete Verlobung Eriks war ein harter Schlag für Ricks ge¬ <TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <pb facs="#f0278" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/289401"/> <figure facs="http://media.dwds.de/dta/images/grenzboten_341847_289122/figures/grenzboten_341847_289122_289401_000.jpg"/><lb/> </div> <div n="1"> <head> Ricks Lyhne.<lb/><note type="byline"> I. P. Jacobsen.</note> Roman von<lb/> Aus dem Dänischen übersetzt von Mathilde Mann.<lb/> (Fortsetzung.)<lb/> Elftes Aapitel.</head><lb/> <p xml:id="ID_911"> rei Jahre sind verstrichen, Erik und Fennimore sind zwei Jahre<lb/> verheiratet und wohnen in einem kleinen Landhause am Mariager¬<lb/> fjord. Ricks hat Fennimore seit jenem Sommer in Fjordby<lb/> nicht gesehen. Er wohnt in Kopenhagen und hat viel Verkehr,<lb/> doch steht er zu niemand in freundschaftlichen Beziehungen, aus¬<lb/> genommen zu Doktor Hjerrild, der sich alt nennt, weil sich bereits weiße Silber¬<lb/> fäden zwischen seinem dunkeln Haar zeigen.</p><lb/> <p xml:id="ID_912" next="#ID_913"> Die unerwartete Verlobung Eriks war ein harter Schlag für Ricks ge¬<lb/> wesen, er ist infolge dessen ein wenig stumpf geworden, auch ein wenig bitterer<lb/> und nicht mehr so vertrauensvoll, er hat auch Hjerrilds Mißmut gegenüber<lb/> nicht mehr so viel Begeisterung. Er setzt seine Studien unverdrossen fort, doch<lb/> sind sie planloser geworden, und der Gedanke, fertig zu werden, um vortreten<lb/> und zugreifen zu können, fristet nur noch ein schwaches, flackerndes Leben. Er lebt<lb/> viel mit andern, aber er lebt eigentlich nicht mit ihnen; sie interessiren ihn wohl,<lb/> aber es ist ihm völlig gleichgiltig, ob sie irgend welches Interesse für ihn haben<lb/> oder nicht, und das eine fühlt er: die Kraft in ihm, die ihn dazu hätte an¬<lb/> spornen können, sein Teil in der Welt zu leisten, im Verein mit andern oder<lb/> im Kampf mit andern, diese Kraft wird schwächer und schwächer. Er kann ja<lb/> warten, sagt er sich, und sollte er selbst so lange warten, bis es zu spät ge¬<lb/> worden ist. Wer glaubt, der hat keine Eile, das ist sein Trost. Denn er besitzt<lb/> Glauben genug, das fühlt er, wenn er nur auf den Grund seines Herzens<lb/> geht, Glauben genug, um Berge zu versetzen; er kann sich nur nicht überwinden,<lb/> die Schulter dagegen zu stemmen. Hin und wieder erfaßt ihn wohl ein Drang,</p><lb/> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0278]
[Abbildung]
Ricks Lyhne.
I. P. Jacobsen. Roman von
Aus dem Dänischen übersetzt von Mathilde Mann.
(Fortsetzung.)
Elftes Aapitel.
rei Jahre sind verstrichen, Erik und Fennimore sind zwei Jahre
verheiratet und wohnen in einem kleinen Landhause am Mariager¬
fjord. Ricks hat Fennimore seit jenem Sommer in Fjordby
nicht gesehen. Er wohnt in Kopenhagen und hat viel Verkehr,
doch steht er zu niemand in freundschaftlichen Beziehungen, aus¬
genommen zu Doktor Hjerrild, der sich alt nennt, weil sich bereits weiße Silber¬
fäden zwischen seinem dunkeln Haar zeigen.
Die unerwartete Verlobung Eriks war ein harter Schlag für Ricks ge¬
wesen, er ist infolge dessen ein wenig stumpf geworden, auch ein wenig bitterer
und nicht mehr so vertrauensvoll, er hat auch Hjerrilds Mißmut gegenüber
nicht mehr so viel Begeisterung. Er setzt seine Studien unverdrossen fort, doch
sind sie planloser geworden, und der Gedanke, fertig zu werden, um vortreten
und zugreifen zu können, fristet nur noch ein schwaches, flackerndes Leben. Er lebt
viel mit andern, aber er lebt eigentlich nicht mit ihnen; sie interessiren ihn wohl,
aber es ist ihm völlig gleichgiltig, ob sie irgend welches Interesse für ihn haben
oder nicht, und das eine fühlt er: die Kraft in ihm, die ihn dazu hätte an¬
spornen können, sein Teil in der Welt zu leisten, im Verein mit andern oder
im Kampf mit andern, diese Kraft wird schwächer und schwächer. Er kann ja
warten, sagt er sich, und sollte er selbst so lange warten, bis es zu spät ge¬
worden ist. Wer glaubt, der hat keine Eile, das ist sein Trost. Denn er besitzt
Glauben genug, das fühlt er, wenn er nur auf den Grund seines Herzens
geht, Glauben genug, um Berge zu versetzen; er kann sich nur nicht überwinden,
die Schulter dagegen zu stemmen. Hin und wieder erfaßt ihn wohl ein Drang,
Informationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
FeedbackSie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden. Kommentar zur DTA-AusgabeDieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen … Staats- und Universitätsbibliothek (SuUB) Bremen: Bereitstellung der Texttranskription.
Kay-Michael Würzner: Bearbeitung der digitalen Edition.
Weitere Informationen:Verfahren der Texterfassung: OCR mit Nachkorrektur. Bogensignaturen: gekennzeichnet;Druckfehler: ignoriert;fremdsprachliches Material: nicht gekennzeichnet;Geminations-/Abkürzungsstriche: wie Vorlage;Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): nicht ausgezeichnet;i/j in Fraktur: wie Vorlage;I/J in Fraktur: wie Vorlage;Kolumnentitel: gekennzeichnet;Kustoden: gekennzeichnet;langes s (ſ): als s transkribiert;Normalisierungen: stillschweigend;rundes r (ꝛ): als r/et transkribiert;Seitenumbrüche markiert: ja;Silbentrennung: wie Vorlage;u/v bzw. U/V: wie Vorlage;Vokale mit übergest. e: als ä/ö/ü transkribiert;Vollständigkeit: vollständig erfasst;Zeichensetzung: wie Vorlage;Zeilenumbrüche markiert: ja; Nachkorrektur erfolgte automatisch.
|
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden. Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des § 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2025 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften.
Kontakt: redaktion(at)deutschestextarchiv.de. |