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Die Grenzboten. Jg. 47, 1888, Drittes Vierteljahr.

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Sind die heutigen Arbeiternttlelstiiiznngsvcrl'ante Versicherungsgesellschaften?

und führte dort auf dein "ersten deutschen Buchdruckertage" (20, bis 22. Mai
1866) zur Begründung des "Deutschen Buchdruckerverbandes/' Man begnügte
sich zunächst damit, die leitenden Grundsätze festzustellen und durch Einsetzung
einer Kommission, sowie Beschaffung eines Fachblattes (des "Korrespondenten"
in Leipzig) eine vorläufige Organisation zu schaffen. Als nächste Hauptaufgabe
galt es, das vorhandene Netz der örtlichen Vereine und Kassen möglichst zu
vervollständigen und überall den Grundsatz der Freizügigkeit und Gegenseitigkeit
zur Anerkennung zu bringen. Erst nachdem dies gelungen und das Feld ent¬
sprechend geebnet war, kam das Zentralisationsprinzip zur strengen Durch¬
führung, die bisher selbständigen Fachvereine wurden Mitgliedschaften des
Verbandes, für die das Hanptstatut bindend war. und die örtlichen Unter¬
stützungskassen verwandelten sich in Zahlstellen einheitlicher Verbandskassen. So
wurde am 1. Oktober 1875 eine Verbandskasse zur Unterstützung der Arbeits¬
losen auf der Reise begründet, am 1. Januar 1879 die "Zentralinvalidenkasse"
eröffnet, am 1. Januar 1880 die Wirksamkeit der erstem auch auf die Unter¬
stützung der Arbeitslosen am Orte ausgedehnt ("Allgemeine Verbandskasse")
und am ö. Juli 1881 die "Zcutralkranken- und Begräbniskasse" ins Leben
gerufen.

Nach Inhalt der gegenwärtigen Verbandssatzungen und Kassenordnungen
ist die Verfassung des Buchdruckerverbandes -- oder des "Unterstützungsvereins
deutscher Buchdrucker," wie er sich seit Verlegung seines Sitzes nach Stuttgart
(im Jahre 1878) nennt -- folgende: die örtlichen "Mitgliedschaften" einer
Provinz bilden den "Gauverein" und sämtliche Gauvereine den Gesamtverband;
als Verwaltungsorgane wirken die betreffenden Vorstände (Orts-, Gan- und
Vereinsvorstand) und als gesetzgebende Körperschaften die aller drei Jahre ans
Abgeordneten der Gauvereine zusammentretender Generalversammlungen. Mit
dieser Vereinsorganisation sind die vorbezeichneten Unterstützungskassen -- mit
Ausnahme der als "eingeschriebene Hilfskasse" abgesonderten Zentralkranken- und
Begräbniskasse -- derart verschmolzen, daß in Wirklichkeit nur ein einheitlicher
Verwaltungskörper besteht, obgleich die verschiednen Kassen getrennte Buch¬
führung haben. So bildet jede Mitgliedschaft zugleich eine mit Stellennachweis
verbundene Zahlstelle, welche von einem besoldeten (Orts-)Verwalter, der zugleich
Mitglied des Ortsvorstandes ist, versehen wird; diese steht unter der Aufsicht des
Gauvorstandes, erhält von diesem die zur Auszahlung der Unterstützungen er¬
forderlichen Kassenmittel angewiesen und hat monatliche Abschlüsse an den dem
Hauptvorstande angehörenden Hauptverwalter einzusenden, von welchem er die
gesamten technischen Anweisungen nebst Formularen u. s. w. empfängt.

Die Gauvorstände wieder stehen in vierteljährlicher Abrechnung mit dem
Berbcmdsvorstande, indem sie die Überschüsse an den Hcmptkassirer abführen
oder etwaige durch Vcrbandsausgaben veranlaßte Ausfälle zur Erstat¬
tung aufgeben. Endlich sind sämtliche Verbandsbeiträge und -Unterstützungen


Sind die heutigen Arbeiternttlelstiiiznngsvcrl'ante Versicherungsgesellschaften?

und führte dort auf dein „ersten deutschen Buchdruckertage" (20, bis 22. Mai
1866) zur Begründung des „Deutschen Buchdruckerverbandes/' Man begnügte
sich zunächst damit, die leitenden Grundsätze festzustellen und durch Einsetzung
einer Kommission, sowie Beschaffung eines Fachblattes (des „Korrespondenten"
in Leipzig) eine vorläufige Organisation zu schaffen. Als nächste Hauptaufgabe
galt es, das vorhandene Netz der örtlichen Vereine und Kassen möglichst zu
vervollständigen und überall den Grundsatz der Freizügigkeit und Gegenseitigkeit
zur Anerkennung zu bringen. Erst nachdem dies gelungen und das Feld ent¬
sprechend geebnet war, kam das Zentralisationsprinzip zur strengen Durch¬
führung, die bisher selbständigen Fachvereine wurden Mitgliedschaften des
Verbandes, für die das Hanptstatut bindend war. und die örtlichen Unter¬
stützungskassen verwandelten sich in Zahlstellen einheitlicher Verbandskassen. So
wurde am 1. Oktober 1875 eine Verbandskasse zur Unterstützung der Arbeits¬
losen auf der Reise begründet, am 1. Januar 1879 die „Zentralinvalidenkasse"
eröffnet, am 1. Januar 1880 die Wirksamkeit der erstem auch auf die Unter¬
stützung der Arbeitslosen am Orte ausgedehnt („Allgemeine Verbandskasse")
und am ö. Juli 1881 die „Zcutralkranken- und Begräbniskasse" ins Leben
gerufen.

Nach Inhalt der gegenwärtigen Verbandssatzungen und Kassenordnungen
ist die Verfassung des Buchdruckerverbandes — oder des „Unterstützungsvereins
deutscher Buchdrucker," wie er sich seit Verlegung seines Sitzes nach Stuttgart
(im Jahre 1878) nennt — folgende: die örtlichen „Mitgliedschaften" einer
Provinz bilden den „Gauverein" und sämtliche Gauvereine den Gesamtverband;
als Verwaltungsorgane wirken die betreffenden Vorstände (Orts-, Gan- und
Vereinsvorstand) und als gesetzgebende Körperschaften die aller drei Jahre ans
Abgeordneten der Gauvereine zusammentretender Generalversammlungen. Mit
dieser Vereinsorganisation sind die vorbezeichneten Unterstützungskassen — mit
Ausnahme der als „eingeschriebene Hilfskasse" abgesonderten Zentralkranken- und
Begräbniskasse — derart verschmolzen, daß in Wirklichkeit nur ein einheitlicher
Verwaltungskörper besteht, obgleich die verschiednen Kassen getrennte Buch¬
führung haben. So bildet jede Mitgliedschaft zugleich eine mit Stellennachweis
verbundene Zahlstelle, welche von einem besoldeten (Orts-)Verwalter, der zugleich
Mitglied des Ortsvorstandes ist, versehen wird; diese steht unter der Aufsicht des
Gauvorstandes, erhält von diesem die zur Auszahlung der Unterstützungen er¬
forderlichen Kassenmittel angewiesen und hat monatliche Abschlüsse an den dem
Hauptvorstande angehörenden Hauptverwalter einzusenden, von welchem er die
gesamten technischen Anweisungen nebst Formularen u. s. w. empfängt.

Die Gauvorstände wieder stehen in vierteljährlicher Abrechnung mit dem
Berbcmdsvorstande, indem sie die Überschüsse an den Hcmptkassirer abführen
oder etwaige durch Vcrbandsausgaben veranlaßte Ausfälle zur Erstat¬
tung aufgeben. Endlich sind sämtliche Verbandsbeiträge und -Unterstützungen


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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 47, 1888, Drittes Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341847_289122/165>, abgerufen am 24.08.2024.