Die Grenzboten. Jg. 47, 1888, Viertes Vierteljahr.Die Gebietsentwicklnng der Linzelstaaten Deutschlands. Der Bruder des Kaisers Karl, Ferdinand I., der Stammvater der deutschen Die Krone des heiligen Stephan und die angebliche Wenzelskrone, welche Auch die Krone des heiligen Stephan, die jeder Ungar als unschätzbares Die Gebietsentwicklnng der Linzelstaaten Deutschlands. Der Bruder des Kaisers Karl, Ferdinand I., der Stammvater der deutschen Die Krone des heiligen Stephan und die angebliche Wenzelskrone, welche Auch die Krone des heiligen Stephan, die jeder Ungar als unschätzbares <TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <pb facs="#f0084" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/203519"/> <fw type="header" place="top"> Die Gebietsentwicklnng der Linzelstaaten Deutschlands.</fw><lb/> <p xml:id="ID_179"> Der Bruder des Kaisers Karl, Ferdinand I., der Stammvater der deutschen<lb/> Linie des Hauses Habsburg, erhielt die Besitzungen seines Geschlechts in<lb/> Deutschland, deren Negierung er thatsächlich schon lange geleitet hatte, da die<lb/> weltumspannenden Pläne des Kaisers und seine häufige Abwesenheit diesen<lb/> hinderten, sich persönlich darum zu kümmern. Seit 1531 war er erwählter<lb/> Römischer König und hat als solcher auch in den Reichsangelegenheiten regel¬<lb/> müßig seinen Bruder vertreten. Vermähle war Ferdinand mit Anna, der<lb/> Schwester Ludwigs II., des Königs von Böhmen und Ungarn. Es ist dies<lb/> die vierte der Heiraten, die auf die Geschicke der tslix ^.ustrig. einen so ge¬<lb/> waltigen Einfluß geübt haben. Allerdings hatte das Haus Habsburg die Erb¬<lb/> ausprüche auf die beiden Königreiche, die es durch die Heirat Albrechts II. mit<lb/> Maria, der Tochter des Kaisers Sigismund, erworben hatte, niemals auf¬<lb/> gegeben, und Maximilian hatte sich diese 1506 ganz ausdrücklich vorbehalten<lb/> und gewahrt. Aber wann und ob ohne diese Heirat Ferdinands jene Anwart¬<lb/> schaft zu einem greifbaren Erfolge geführt hätte, ist nicht zu sagen. Als<lb/> Ludwig II. auf dem blutigen Felde von Mohacz am 29. August 1527 im<lb/> Kampfe gegen die Erbfeinde der Christenheit sein junges Leben eingebüßt hatte,<lb/> wurde Ferdinand am 16. Dezember desselben Jahres zum Könige von Ungarn<lb/> und Böhmen gewählt.</p><lb/> <p xml:id="ID_180"> Die Krone des heiligen Stephan und die angebliche Wenzelskrone, welche<lb/> tschechische Heißsporne in der Neuzeit erfunden haben, sind seit jener Zeit, ab¬<lb/> gesehen von kurzen Unterbrechungen, bei den Habsburgern und deren Nach¬<lb/> folgern, den Lothringern, dauernd verblieben. Die Wahlfreiheit der böhmischen<lb/> Krone, die Schiller in den „Piccolomini" von dem Kellermeister so begeistert<lb/> preisen läßt, hörte bald auf. Da die Protestanten in Böhmen während des<lb/> schmalkaldischen Krieges ihre Glaubensgenossen in Deutschland unterstützt hatten,<lb/> wenn auch nicht kräftig und nachhaltig genug, so hob Ferdinand diese Freiheit<lb/> nach Unterdrückung eines Aufstandes auf und erklärte Böhmen für ein Erd¬<lb/> reich. Der Versuch der böhmischen Stände, diese Freiheit bei der Thron¬<lb/> besteigung Kaiser Ferdinands II. wiederzugewinnen, die Berufung des Pfalz¬<lb/> grafen Friedrichs V. auf den Thron der sagenhaften Libussa führten zu Er¬<lb/> eignissen, die aus der allgemeinen Geschichte bekannt genug sind. Mit der<lb/> Schlacht auf dem weißen Berge fand das Winterkönigtum ein jähes Ende mit<lb/> Schrecken; Böhmen wurde zum zweiten Male für ein Erdreich des Hauses<lb/> Habsburg erklärt, und alle Versuche, dieses Verhältnis zu Österreich zu lösen,<lb/> sind stets erfolglos gewesen.</p><lb/> <p xml:id="ID_181" next="#ID_182"> Auch die Krone des heiligen Stephan, die jeder Ungar als unschätzbares<lb/> und unersetzbares Nationalheiligtum mit einer unbegrenzten, mit Scheu ge¬<lb/> mischten Ehrfurcht betrachtet, wurde erst in der neuesten Zeit, und zwar für<lb/> nicht lange den Fürsten des Hauses Habsburg — genommen, kann man eigent¬<lb/> lich nicht sagen, aber doch wenigstens vorenthalten. Das Stirnband dieser in</p><lb/> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0084]
Die Gebietsentwicklnng der Linzelstaaten Deutschlands.
Der Bruder des Kaisers Karl, Ferdinand I., der Stammvater der deutschen
Linie des Hauses Habsburg, erhielt die Besitzungen seines Geschlechts in
Deutschland, deren Negierung er thatsächlich schon lange geleitet hatte, da die
weltumspannenden Pläne des Kaisers und seine häufige Abwesenheit diesen
hinderten, sich persönlich darum zu kümmern. Seit 1531 war er erwählter
Römischer König und hat als solcher auch in den Reichsangelegenheiten regel¬
müßig seinen Bruder vertreten. Vermähle war Ferdinand mit Anna, der
Schwester Ludwigs II., des Königs von Böhmen und Ungarn. Es ist dies
die vierte der Heiraten, die auf die Geschicke der tslix ^.ustrig. einen so ge¬
waltigen Einfluß geübt haben. Allerdings hatte das Haus Habsburg die Erb¬
ausprüche auf die beiden Königreiche, die es durch die Heirat Albrechts II. mit
Maria, der Tochter des Kaisers Sigismund, erworben hatte, niemals auf¬
gegeben, und Maximilian hatte sich diese 1506 ganz ausdrücklich vorbehalten
und gewahrt. Aber wann und ob ohne diese Heirat Ferdinands jene Anwart¬
schaft zu einem greifbaren Erfolge geführt hätte, ist nicht zu sagen. Als
Ludwig II. auf dem blutigen Felde von Mohacz am 29. August 1527 im
Kampfe gegen die Erbfeinde der Christenheit sein junges Leben eingebüßt hatte,
wurde Ferdinand am 16. Dezember desselben Jahres zum Könige von Ungarn
und Böhmen gewählt.
Die Krone des heiligen Stephan und die angebliche Wenzelskrone, welche
tschechische Heißsporne in der Neuzeit erfunden haben, sind seit jener Zeit, ab¬
gesehen von kurzen Unterbrechungen, bei den Habsburgern und deren Nach¬
folgern, den Lothringern, dauernd verblieben. Die Wahlfreiheit der böhmischen
Krone, die Schiller in den „Piccolomini" von dem Kellermeister so begeistert
preisen läßt, hörte bald auf. Da die Protestanten in Böhmen während des
schmalkaldischen Krieges ihre Glaubensgenossen in Deutschland unterstützt hatten,
wenn auch nicht kräftig und nachhaltig genug, so hob Ferdinand diese Freiheit
nach Unterdrückung eines Aufstandes auf und erklärte Böhmen für ein Erd¬
reich. Der Versuch der böhmischen Stände, diese Freiheit bei der Thron¬
besteigung Kaiser Ferdinands II. wiederzugewinnen, die Berufung des Pfalz¬
grafen Friedrichs V. auf den Thron der sagenhaften Libussa führten zu Er¬
eignissen, die aus der allgemeinen Geschichte bekannt genug sind. Mit der
Schlacht auf dem weißen Berge fand das Winterkönigtum ein jähes Ende mit
Schrecken; Böhmen wurde zum zweiten Male für ein Erdreich des Hauses
Habsburg erklärt, und alle Versuche, dieses Verhältnis zu Österreich zu lösen,
sind stets erfolglos gewesen.
Auch die Krone des heiligen Stephan, die jeder Ungar als unschätzbares
und unersetzbares Nationalheiligtum mit einer unbegrenzten, mit Scheu ge¬
mischten Ehrfurcht betrachtet, wurde erst in der neuesten Zeit, und zwar für
nicht lange den Fürsten des Hauses Habsburg — genommen, kann man eigent¬
lich nicht sagen, aber doch wenigstens vorenthalten. Das Stirnband dieser in
Informationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
FeedbackSie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden. Kommentar zur DTA-AusgabeDieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen … Staats- und Universitätsbibliothek (SuUB) Bremen: Bereitstellung der Texttranskription.
Kay-Michael Würzner: Bearbeitung der digitalen Edition.
Weitere Informationen:Verfahren der Texterfassung: OCR mit Nachkorrektur. Bogensignaturen: gekennzeichnet;Druckfehler: ignoriert;fremdsprachliches Material: nicht gekennzeichnet;Geminations-/Abkürzungsstriche: wie Vorlage;Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): nicht ausgezeichnet;i/j in Fraktur: wie Vorlage;I/J in Fraktur: wie Vorlage;Kolumnentitel: gekennzeichnet;Kustoden: gekennzeichnet;langes s (ſ): als s transkribiert;Normalisierungen: stillschweigend;rundes r (ꝛ): als r/et transkribiert;Seitenumbrüche markiert: ja;Silbentrennung: wie Vorlage;u/v bzw. U/V: wie Vorlage;Vokale mit übergest. e: als ä/ö/ü transkribiert;Vollständigkeit: vollständig erfasst;Zeichensetzung: wie Vorlage;Zeilenumbrüche markiert: ja; Nachkorrektur erfolgte automatisch.
|
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden. Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des § 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2025 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften.
Kontakt: redaktion(at)deutschestextarchiv.de. |