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Die Grenzboten. Jg. 47, 1888, Viertes Vierteljahr.

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Zur Geschichte der niederdeutschen Staaten Südafrikas.

derselben eine" Agenten abordnete, der dann u. a. von Umbandine das Recht
zur Anlegung einer Eisenbahn durch dessen Gebiet nach der Seeküste erlangte.
Auch hier also ringen Engländer und Boers mit einander um den politischen
Einfluß, und wenn bei Abschluß des Londoner Vertrags von 1884 die Un¬
abhängigkeit des Swazilandes vereinbart wurde, so haben sich die Verhältnisse
dort jetzt so gestaltet, daß eine Abänderung jener Klausel bald dringende Not¬
wendigkeit werden wird, und gegenwärtig unterliegt es kaum noch einem Zweifel,
daß die Südafrikanische Republik zuletzt den Swazikönig beerben wird.

Inzwischen gelangten auch die Unterhandlungen zwischen der letztern und
der portugiesischen Regierung, die den Bau einer Eisenbahn von der Delagoa-
bucht nach dem Innern bezweckten, zum Abschlüsse, und ein niederländisch-
deutsches Konsortium brachte im Jahre 1837 eine Anleihe zustande, mit der
die von einer englischen Gesellschaft durch das portugiesische Gebiet bis zur
Grenze der südafrikanischen Republik geführte und jetzt vollendete Bahn bis
nach Pretoria weiter gebaut werden soll.

Nach den letzten Nachrichten hat England den Versuch unternommen,
seine Oberherrschaft auch über Matebelelcmd auszudehnen, nachdem gegen Ende
des Jahres 1887 die Beherrscherin des Reiches der Amatonga, mit welcher
Agenten der südafrikanischen Republik bereits über Abtretung der Kasibucht
einig zu werden im Begriffe standen, zum Abschlüsse eines Bündnisses mit
Großbritannien bewogen und Khcmaland unter britischen Schutz gestellt worden
war. Lobengula, der König von Matebeleland schloß auch mit dem von der
englischen Regierung dazu beauftragten ehemaligen Missionar Moffat einen
Vertrag ab, in welchem Lobengula sich verpflichtete, ohne Genehmigung des
britischen Oberkommissars für Südafrika weder Land abzutreten, noch Zugeständ¬
nisse zu machen, womit natürlich den Boers im Transvaallande ein Riegel
vorgesteckt werden sollte. Doch besitzt der in der Hauptstadt des Matebele-
lcmdcs wohnende Konsul der südafrikanischen Republik einen viel älteren Ver¬
trag, der mit dem früheren Oberhäuptling Moselikatse und ebenso mit Lobengula
vereinbart worden ist, sodaß der Mvffats keine Giltigkeit beanspruchen kann.

Es wird ersprießlich sein, wenn wir von Zeit zu Zeit die Blicke nach den
Boersstaaten Südafrikas wenden. Es entwickeln sich dort Dinge, welche die
Engländer in eine üble Lage bringen werden, während wir unter Umständen
erheblichen Vorteil daraus ziehen können.




Zur Geschichte der niederdeutschen Staaten Südafrikas.

derselben eine» Agenten abordnete, der dann u. a. von Umbandine das Recht
zur Anlegung einer Eisenbahn durch dessen Gebiet nach der Seeküste erlangte.
Auch hier also ringen Engländer und Boers mit einander um den politischen
Einfluß, und wenn bei Abschluß des Londoner Vertrags von 1884 die Un¬
abhängigkeit des Swazilandes vereinbart wurde, so haben sich die Verhältnisse
dort jetzt so gestaltet, daß eine Abänderung jener Klausel bald dringende Not¬
wendigkeit werden wird, und gegenwärtig unterliegt es kaum noch einem Zweifel,
daß die Südafrikanische Republik zuletzt den Swazikönig beerben wird.

Inzwischen gelangten auch die Unterhandlungen zwischen der letztern und
der portugiesischen Regierung, die den Bau einer Eisenbahn von der Delagoa-
bucht nach dem Innern bezweckten, zum Abschlüsse, und ein niederländisch-
deutsches Konsortium brachte im Jahre 1837 eine Anleihe zustande, mit der
die von einer englischen Gesellschaft durch das portugiesische Gebiet bis zur
Grenze der südafrikanischen Republik geführte und jetzt vollendete Bahn bis
nach Pretoria weiter gebaut werden soll.

Nach den letzten Nachrichten hat England den Versuch unternommen,
seine Oberherrschaft auch über Matebelelcmd auszudehnen, nachdem gegen Ende
des Jahres 1887 die Beherrscherin des Reiches der Amatonga, mit welcher
Agenten der südafrikanischen Republik bereits über Abtretung der Kasibucht
einig zu werden im Begriffe standen, zum Abschlüsse eines Bündnisses mit
Großbritannien bewogen und Khcmaland unter britischen Schutz gestellt worden
war. Lobengula, der König von Matebeleland schloß auch mit dem von der
englischen Regierung dazu beauftragten ehemaligen Missionar Moffat einen
Vertrag ab, in welchem Lobengula sich verpflichtete, ohne Genehmigung des
britischen Oberkommissars für Südafrika weder Land abzutreten, noch Zugeständ¬
nisse zu machen, womit natürlich den Boers im Transvaallande ein Riegel
vorgesteckt werden sollte. Doch besitzt der in der Hauptstadt des Matebele-
lcmdcs wohnende Konsul der südafrikanischen Republik einen viel älteren Ver¬
trag, der mit dem früheren Oberhäuptling Moselikatse und ebenso mit Lobengula
vereinbart worden ist, sodaß der Mvffats keine Giltigkeit beanspruchen kann.

Es wird ersprießlich sein, wenn wir von Zeit zu Zeit die Blicke nach den
Boersstaaten Südafrikas wenden. Es entwickeln sich dort Dinge, welche die
Engländer in eine üble Lage bringen werden, während wir unter Umständen
erheblichen Vorteil daraus ziehen können.




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[0496] Zur Geschichte der niederdeutschen Staaten Südafrikas. derselben eine» Agenten abordnete, der dann u. a. von Umbandine das Recht zur Anlegung einer Eisenbahn durch dessen Gebiet nach der Seeküste erlangte. Auch hier also ringen Engländer und Boers mit einander um den politischen Einfluß, und wenn bei Abschluß des Londoner Vertrags von 1884 die Un¬ abhängigkeit des Swazilandes vereinbart wurde, so haben sich die Verhältnisse dort jetzt so gestaltet, daß eine Abänderung jener Klausel bald dringende Not¬ wendigkeit werden wird, und gegenwärtig unterliegt es kaum noch einem Zweifel, daß die Südafrikanische Republik zuletzt den Swazikönig beerben wird. Inzwischen gelangten auch die Unterhandlungen zwischen der letztern und der portugiesischen Regierung, die den Bau einer Eisenbahn von der Delagoa- bucht nach dem Innern bezweckten, zum Abschlüsse, und ein niederländisch- deutsches Konsortium brachte im Jahre 1837 eine Anleihe zustande, mit der die von einer englischen Gesellschaft durch das portugiesische Gebiet bis zur Grenze der südafrikanischen Republik geführte und jetzt vollendete Bahn bis nach Pretoria weiter gebaut werden soll. Nach den letzten Nachrichten hat England den Versuch unternommen, seine Oberherrschaft auch über Matebelelcmd auszudehnen, nachdem gegen Ende des Jahres 1887 die Beherrscherin des Reiches der Amatonga, mit welcher Agenten der südafrikanischen Republik bereits über Abtretung der Kasibucht einig zu werden im Begriffe standen, zum Abschlüsse eines Bündnisses mit Großbritannien bewogen und Khcmaland unter britischen Schutz gestellt worden war. Lobengula, der König von Matebeleland schloß auch mit dem von der englischen Regierung dazu beauftragten ehemaligen Missionar Moffat einen Vertrag ab, in welchem Lobengula sich verpflichtete, ohne Genehmigung des britischen Oberkommissars für Südafrika weder Land abzutreten, noch Zugeständ¬ nisse zu machen, womit natürlich den Boers im Transvaallande ein Riegel vorgesteckt werden sollte. Doch besitzt der in der Hauptstadt des Matebele- lcmdcs wohnende Konsul der südafrikanischen Republik einen viel älteren Ver¬ trag, der mit dem früheren Oberhäuptling Moselikatse und ebenso mit Lobengula vereinbart worden ist, sodaß der Mvffats keine Giltigkeit beanspruchen kann. Es wird ersprießlich sein, wenn wir von Zeit zu Zeit die Blicke nach den Boersstaaten Südafrikas wenden. Es entwickeln sich dort Dinge, welche die Engländer in eine üble Lage bringen werden, während wir unter Umständen erheblichen Vorteil daraus ziehen können.

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 47, 1888, Viertes Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341847_203434/496>, abgerufen am 24.08.2024.