Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Die Grenzboten. Jg. 47, 1888, Viertes Vierteljahr.

Bild:
<< vorherige Seite
Zur Geschichte der niederdeutschen Staaten Südafrikas.

Unruhen zu unterdrücken, und die Südafrikanische Republik war bereit, sie dabei
zu unterstützen, wies jedoch das spätere Ansinnen Englands, zu den Kosten
der Warrensschen Expedition beizutragen, mit dem Bemerken zurück, sie habe
weder die betreffenden Wirren verursacht, noch eine Absendung militärischer
Kräfte verlangt, auch habe Lord Derby ihren Abgeordneten in London gesagt,
er könne die Republik nicht zwingen, zur "Verjagung der Freibeuter aus dem
Betschuanenlcmde" mitzuwirken. Dieser Streit endigte mit der Anerkennung
der britischen Oberhoheit über das letztgenannte Gebiet und mit Feststellung der
Grenzen derselben.

Um dieselbe Zeit zog sich, ebenfalls im Osten der Boersrepublik, am Veni
eine andre bedenkliche Wolke zusammen. Als die Engländer die Zulus bei
Ulundi geschlagen und deren König Ketschwayo gefangen genommen hatten,
zerteilten sie das Gebiet derselben in zwölf Stücke und setzten nach dem Grund¬
satze vivicls se imxgrg. über jedes einen selbständigen Häuptling ein. Wie er¬
wartet, begannen diese kleinen Machthaber sofort einander zu bekämpfen, und
das Land geriet dadurch in solche Verwirrung, daß England sich genötigt fand,
Ketschwayo seine Gewalt zurückzugeben. Doch trennte es den Süden des
Zululandes als Reservegebiet von dem übrigen ab, nahm ihn unter eigne
Herrschaft und siedelte hier die einflußreichsten Gegner des Königs an. Den
Nordosten des Landes ferner erhielt der Häuptling Usipepu als Belohnung
seiner den Engländern geleisteten Dienste. Dieser rückte bald darauf mit einem
von dem Holländer Kohlenbrander geführten Heere gegen Ketschwayo ins Feld,
schlug ihn und zwang ihn zur Flucht zu dem ihm befreundeten Stamme der
Ahnens. Von da begab Ketschwayo sich in das englische Reservegebiet, wo er
starb, nachdem er den Häuptlingen der Nation noch seinen Sohn Diniznln
als Erben und Nachfolger bezeichnet hatte. Dinizulus Ansprüche auf die
königliche Macht und Würde wurden von der Partei seines Volkes, die für
seinen Vater gewesen war, anerkannt, und er hatte auch unter den übrigen
Zulus viele Freunde, aber trotzdem war er nicht stark genug, das Reich gegen
den Willen Usipopns und seines Anhangs ohne fremden Beistand in Besitz zu
nehmen. Der Erbe Ketschwayos nahm daher im Februar 1884 die ihm von
Lukas Meyer und Jnkobus van Stäben, Bürgern der südafrikanischen Republik,
gemachten Anerbietungen an; darnach versprachen sie ihm, mit einer Schar von
Boers aus dem Bezirke Utrecht im Transvaallande gegen Usipepu zu Hilfe
zu ziehen, wofür er sie mit Gewährung von Grund und Boden in seinem
Reiche .für ihre Dienste belohnen solle. Ein seit 1877 an der Grenze an¬
sässiger Deutscher namens Adolf Schiel sowie der Beamte William Gurt. der
seinerzeit dem Könige Ketschwayo von den Engländern an die Seite gestellt
worden war, dienten bei Abschluß dieses Vertrags als Zeugen. Im Mai 1884
rückten demzufolge 50" Boers aus dem Transvaallande, geführt von Meyer
Van Stäben und Schiel, in das Gebiet der Zulus ein, suchten den Feind auf.


Zur Geschichte der niederdeutschen Staaten Südafrikas.

Unruhen zu unterdrücken, und die Südafrikanische Republik war bereit, sie dabei
zu unterstützen, wies jedoch das spätere Ansinnen Englands, zu den Kosten
der Warrensschen Expedition beizutragen, mit dem Bemerken zurück, sie habe
weder die betreffenden Wirren verursacht, noch eine Absendung militärischer
Kräfte verlangt, auch habe Lord Derby ihren Abgeordneten in London gesagt,
er könne die Republik nicht zwingen, zur „Verjagung der Freibeuter aus dem
Betschuanenlcmde" mitzuwirken. Dieser Streit endigte mit der Anerkennung
der britischen Oberhoheit über das letztgenannte Gebiet und mit Feststellung der
Grenzen derselben.

Um dieselbe Zeit zog sich, ebenfalls im Osten der Boersrepublik, am Veni
eine andre bedenkliche Wolke zusammen. Als die Engländer die Zulus bei
Ulundi geschlagen und deren König Ketschwayo gefangen genommen hatten,
zerteilten sie das Gebiet derselben in zwölf Stücke und setzten nach dem Grund¬
satze vivicls se imxgrg. über jedes einen selbständigen Häuptling ein. Wie er¬
wartet, begannen diese kleinen Machthaber sofort einander zu bekämpfen, und
das Land geriet dadurch in solche Verwirrung, daß England sich genötigt fand,
Ketschwayo seine Gewalt zurückzugeben. Doch trennte es den Süden des
Zululandes als Reservegebiet von dem übrigen ab, nahm ihn unter eigne
Herrschaft und siedelte hier die einflußreichsten Gegner des Königs an. Den
Nordosten des Landes ferner erhielt der Häuptling Usipepu als Belohnung
seiner den Engländern geleisteten Dienste. Dieser rückte bald darauf mit einem
von dem Holländer Kohlenbrander geführten Heere gegen Ketschwayo ins Feld,
schlug ihn und zwang ihn zur Flucht zu dem ihm befreundeten Stamme der
Ahnens. Von da begab Ketschwayo sich in das englische Reservegebiet, wo er
starb, nachdem er den Häuptlingen der Nation noch seinen Sohn Diniznln
als Erben und Nachfolger bezeichnet hatte. Dinizulus Ansprüche auf die
königliche Macht und Würde wurden von der Partei seines Volkes, die für
seinen Vater gewesen war, anerkannt, und er hatte auch unter den übrigen
Zulus viele Freunde, aber trotzdem war er nicht stark genug, das Reich gegen
den Willen Usipopns und seines Anhangs ohne fremden Beistand in Besitz zu
nehmen. Der Erbe Ketschwayos nahm daher im Februar 1884 die ihm von
Lukas Meyer und Jnkobus van Stäben, Bürgern der südafrikanischen Republik,
gemachten Anerbietungen an; darnach versprachen sie ihm, mit einer Schar von
Boers aus dem Bezirke Utrecht im Transvaallande gegen Usipepu zu Hilfe
zu ziehen, wofür er sie mit Gewährung von Grund und Boden in seinem
Reiche .für ihre Dienste belohnen solle. Ein seit 1877 an der Grenze an¬
sässiger Deutscher namens Adolf Schiel sowie der Beamte William Gurt. der
seinerzeit dem Könige Ketschwayo von den Engländern an die Seite gestellt
worden war, dienten bei Abschluß dieses Vertrags als Zeugen. Im Mai 1884
rückten demzufolge 50» Boers aus dem Transvaallande, geführt von Meyer
Van Stäben und Schiel, in das Gebiet der Zulus ein, suchten den Feind auf.


<TEI>
  <text>
    <body>
      <div>
        <div n="1">
          <pb facs="#f0493" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/203928"/>
          <fw type="header" place="top"> Zur Geschichte der niederdeutschen Staaten Südafrikas.</fw><lb/>
          <p xml:id="ID_1261" prev="#ID_1260"> Unruhen zu unterdrücken, und die Südafrikanische Republik war bereit, sie dabei<lb/>
zu unterstützen, wies jedoch das spätere Ansinnen Englands, zu den Kosten<lb/>
der Warrensschen Expedition beizutragen, mit dem Bemerken zurück, sie habe<lb/>
weder die betreffenden Wirren verursacht, noch eine Absendung militärischer<lb/>
Kräfte verlangt, auch habe Lord Derby ihren Abgeordneten in London gesagt,<lb/>
er könne die Republik nicht zwingen, zur &#x201E;Verjagung der Freibeuter aus dem<lb/>
Betschuanenlcmde" mitzuwirken. Dieser Streit endigte mit der Anerkennung<lb/>
der britischen Oberhoheit über das letztgenannte Gebiet und mit Feststellung der<lb/>
Grenzen derselben.</p><lb/>
          <p xml:id="ID_1262" next="#ID_1263"> Um dieselbe Zeit zog sich, ebenfalls im Osten der Boersrepublik, am Veni<lb/>
eine andre bedenkliche Wolke zusammen. Als die Engländer die Zulus bei<lb/>
Ulundi geschlagen und deren König Ketschwayo gefangen genommen hatten,<lb/>
zerteilten sie das Gebiet derselben in zwölf Stücke und setzten nach dem Grund¬<lb/>
satze vivicls se imxgrg. über jedes einen selbständigen Häuptling ein. Wie er¬<lb/>
wartet, begannen diese kleinen Machthaber sofort einander zu bekämpfen, und<lb/>
das Land geriet dadurch in solche Verwirrung, daß England sich genötigt fand,<lb/>
Ketschwayo seine Gewalt zurückzugeben. Doch trennte es den Süden des<lb/>
Zululandes als Reservegebiet von dem übrigen ab, nahm ihn unter eigne<lb/>
Herrschaft und siedelte hier die einflußreichsten Gegner des Königs an. Den<lb/>
Nordosten des Landes ferner erhielt der Häuptling Usipepu als Belohnung<lb/>
seiner den Engländern geleisteten Dienste. Dieser rückte bald darauf mit einem<lb/>
von dem Holländer Kohlenbrander geführten Heere gegen Ketschwayo ins Feld,<lb/>
schlug ihn und zwang ihn zur Flucht zu dem ihm befreundeten Stamme der<lb/>
Ahnens. Von da begab Ketschwayo sich in das englische Reservegebiet, wo er<lb/>
starb, nachdem er den Häuptlingen der Nation noch seinen Sohn Diniznln<lb/>
als Erben und Nachfolger bezeichnet hatte. Dinizulus Ansprüche auf die<lb/>
königliche Macht und Würde wurden von der Partei seines Volkes, die für<lb/>
seinen Vater gewesen war, anerkannt, und er hatte auch unter den übrigen<lb/>
Zulus viele Freunde, aber trotzdem war er nicht stark genug, das Reich gegen<lb/>
den Willen Usipopns und seines Anhangs ohne fremden Beistand in Besitz zu<lb/>
nehmen. Der Erbe Ketschwayos nahm daher im Februar 1884 die ihm von<lb/>
Lukas Meyer und Jnkobus van Stäben, Bürgern der südafrikanischen Republik,<lb/>
gemachten Anerbietungen an; darnach versprachen sie ihm, mit einer Schar von<lb/>
Boers aus dem Bezirke Utrecht im Transvaallande gegen Usipepu zu Hilfe<lb/>
zu ziehen, wofür er sie mit Gewährung von Grund und Boden in seinem<lb/>
Reiche .für ihre Dienste belohnen solle. Ein seit 1877 an der Grenze an¬<lb/>
sässiger Deutscher namens Adolf Schiel sowie der Beamte William Gurt. der<lb/>
seinerzeit dem Könige Ketschwayo von den Engländern an die Seite gestellt<lb/>
worden war, dienten bei Abschluß dieses Vertrags als Zeugen. Im Mai 1884<lb/>
rückten demzufolge 50» Boers aus dem Transvaallande, geführt von Meyer<lb/>
Van Stäben und Schiel, in das Gebiet der Zulus ein, suchten den Feind auf.</p><lb/>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[0493] Zur Geschichte der niederdeutschen Staaten Südafrikas. Unruhen zu unterdrücken, und die Südafrikanische Republik war bereit, sie dabei zu unterstützen, wies jedoch das spätere Ansinnen Englands, zu den Kosten der Warrensschen Expedition beizutragen, mit dem Bemerken zurück, sie habe weder die betreffenden Wirren verursacht, noch eine Absendung militärischer Kräfte verlangt, auch habe Lord Derby ihren Abgeordneten in London gesagt, er könne die Republik nicht zwingen, zur „Verjagung der Freibeuter aus dem Betschuanenlcmde" mitzuwirken. Dieser Streit endigte mit der Anerkennung der britischen Oberhoheit über das letztgenannte Gebiet und mit Feststellung der Grenzen derselben. Um dieselbe Zeit zog sich, ebenfalls im Osten der Boersrepublik, am Veni eine andre bedenkliche Wolke zusammen. Als die Engländer die Zulus bei Ulundi geschlagen und deren König Ketschwayo gefangen genommen hatten, zerteilten sie das Gebiet derselben in zwölf Stücke und setzten nach dem Grund¬ satze vivicls se imxgrg. über jedes einen selbständigen Häuptling ein. Wie er¬ wartet, begannen diese kleinen Machthaber sofort einander zu bekämpfen, und das Land geriet dadurch in solche Verwirrung, daß England sich genötigt fand, Ketschwayo seine Gewalt zurückzugeben. Doch trennte es den Süden des Zululandes als Reservegebiet von dem übrigen ab, nahm ihn unter eigne Herrschaft und siedelte hier die einflußreichsten Gegner des Königs an. Den Nordosten des Landes ferner erhielt der Häuptling Usipepu als Belohnung seiner den Engländern geleisteten Dienste. Dieser rückte bald darauf mit einem von dem Holländer Kohlenbrander geführten Heere gegen Ketschwayo ins Feld, schlug ihn und zwang ihn zur Flucht zu dem ihm befreundeten Stamme der Ahnens. Von da begab Ketschwayo sich in das englische Reservegebiet, wo er starb, nachdem er den Häuptlingen der Nation noch seinen Sohn Diniznln als Erben und Nachfolger bezeichnet hatte. Dinizulus Ansprüche auf die königliche Macht und Würde wurden von der Partei seines Volkes, die für seinen Vater gewesen war, anerkannt, und er hatte auch unter den übrigen Zulus viele Freunde, aber trotzdem war er nicht stark genug, das Reich gegen den Willen Usipopns und seines Anhangs ohne fremden Beistand in Besitz zu nehmen. Der Erbe Ketschwayos nahm daher im Februar 1884 die ihm von Lukas Meyer und Jnkobus van Stäben, Bürgern der südafrikanischen Republik, gemachten Anerbietungen an; darnach versprachen sie ihm, mit einer Schar von Boers aus dem Bezirke Utrecht im Transvaallande gegen Usipepu zu Hilfe zu ziehen, wofür er sie mit Gewährung von Grund und Boden in seinem Reiche .für ihre Dienste belohnen solle. Ein seit 1877 an der Grenze an¬ sässiger Deutscher namens Adolf Schiel sowie der Beamte William Gurt. der seinerzeit dem Könige Ketschwayo von den Engländern an die Seite gestellt worden war, dienten bei Abschluß dieses Vertrags als Zeugen. Im Mai 1884 rückten demzufolge 50» Boers aus dem Transvaallande, geführt von Meyer Van Stäben und Schiel, in das Gebiet der Zulus ein, suchten den Feind auf.

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Staats- und Universitätsbibliothek (SuUB) Bremen: Bereitstellung der Texttranskription.
Kay-Michael Würzner: Bearbeitung der digitalen Edition.

Weitere Informationen:

Verfahren der Texterfassung: OCR mit Nachkorrektur.

Bogensignaturen: gekennzeichnet;Druckfehler: ignoriert;fremdsprachliches Material: nicht gekennzeichnet;Geminations-/Abkürzungsstriche: wie Vorlage;Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): nicht ausgezeichnet;i/j in Fraktur: wie Vorlage;I/J in Fraktur: wie Vorlage;Kolumnentitel: gekennzeichnet;Kustoden: gekennzeichnet;langes s (ſ): als s transkribiert;Normalisierungen: stillschweigend;rundes r (&#xa75b;): als r/et transkribiert;Seitenumbrüche markiert: ja;Silbentrennung: wie Vorlage;u/v bzw. U/V: wie Vorlage;Vokale mit übergest. e: als ä/ö/ü transkribiert;Vollständigkeit: vollständig erfasst;Zeichensetzung: wie Vorlage;Zeilenumbrüche markiert: ja;

Nachkorrektur erfolgte automatisch.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341847_203434
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341847_203434/493
Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 47, 1888, Viertes Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341847_203434/493>, abgerufen am 25.07.2024.