Die Grenzboten. Jg. 47, 1888, Viertes Vierteljahr.Der Rupferstich und die vervielfältigenden Künste der Neuzeit. Benehmen Wischers beim Einpacken in Ulm ganz so, als wäre sie dem Roman Moritz Necker. Der Kupferstich und die vervielfältigenden Künste der Neuzeit. v Adolf Rosenberg. on l e Klagen über die stetig wachsende Konkurrenz, die dem ehr¬ Der Rupferstich und die vervielfältigenden Künste der Neuzeit. Benehmen Wischers beim Einpacken in Ulm ganz so, als wäre sie dem Roman Moritz Necker. Der Kupferstich und die vervielfältigenden Künste der Neuzeit. v Adolf Rosenberg. on l e Klagen über die stetig wachsende Konkurrenz, die dem ehr¬ <TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <pb facs="#f0428" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/203863"/> <fw type="header" place="top"> Der Rupferstich und die vervielfältigenden Künste der Neuzeit.</fw><lb/> <p xml:id="ID_1093" prev="#ID_1092"> Benehmen Wischers beim Einpacken in Ulm ganz so, als wäre sie dem Roman<lb/> entnommen: „Beim Abschied (Juni 1866) leistete ich dem Freunde Beistand<lb/> beim Packen seiner mannigfachen Gegenstände, die er sämtlich auf Sofa, Tisch<lb/> und Stühle ausgekramt hatte — doch mehr mit den Augen, wie er wünschte,<lb/> als mit der Hand. Dabei war er stets eigen und possirlich. Es fehlte ein<lb/> Hemd, siehe da, es war bereits eingepackt. Dort lag noch ein Schnupftuch —<lb/> er hielt es schon im Koffer verwahrt. Nun rutschte ihm ein Stückchen Seife<lb/> aus, das er eben in einen Streifen Zeitungspapier wickelte. Dann wird der<lb/> Rasirpinsel vermißt und endlich — ein Werk des Dämons, der ihn plagte —<lb/> zwischen dem Tischchen und dem Spiegel über ihm eingeklemmt gefunden. Und<lb/> der Kellner kommt nicht mit der Rechnung! Als ihn wiederholtes, gesteigertes<lb/> Zerren am Glockenzug herbeigerufen hat und er bezahlt ist, will Bischer noch<lb/> einige Worte gemütlich sprechen und dazu eine jener kurzen österreichischen<lb/> Regiezigarren rauchen, die er so sehr liebt. Da fehlt das Messerchen zum Ab¬<lb/> schneiden, welches ihn nach Griechenland und seither überall hin begleitet hat —<lb/> ein teures Angedenken. Es ist verlegt, verdeckt durch die »Ulmer Schnellpost«,<lb/> befindet sich ganz in der Nähe, wird erst nach längerem Suchen entdeckt! All<lb/> dies geschieht ihm zum Posten — denn die Gegenstände haben eine Seele, und<lb/> all diese Seelen gehören Teufelchen, welche ihn necken, ärgern, verfolgen! Das<lb/> war Vischers Gespensterglauben!" Aber über Mörikes Geisterseherei konnte<lb/> er doch lachen.</p><lb/> <note type="byline"> Moritz Necker.</note><lb/> <milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/> </div> <div n="1"> <head> Der Kupferstich und die vervielfältigenden Künste der<lb/> Neuzeit.<lb/> v<note type="byline"> Adolf Rosenberg.</note> on</head><lb/> <p xml:id="ID_1094" next="#ID_1095"> l e Klagen über die stetig wachsende Konkurrenz, die dem ehr¬<lb/> würdigen Urvater der graphischen Kunst, dem Kupferstich, von<lb/> Kindern und Kindeskindern bereitet wird, ertönen immer stärker<lb/> und beweglicher. Während die einen auf diese Klagen nur ein<lb/> höhnisches: „Es geschieht dem alten pedantischen Herrn schon<lb/> recht"! zur Erwiderung haben, weisen die andern mit Entrüstung auf die<lb/> heilige Mission des reinen Linicnstichs, der allein würdig und berufen sei, die<lb/> Meisterwerke der klassischen Kunst zu verdolmetschen und in völliger Harmonie<lb/> mit ihrer erhabenen Einfachheit wiederzugeben. Aber den Kupferstechern ist</p><lb/> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0428]
Der Rupferstich und die vervielfältigenden Künste der Neuzeit.
Benehmen Wischers beim Einpacken in Ulm ganz so, als wäre sie dem Roman
entnommen: „Beim Abschied (Juni 1866) leistete ich dem Freunde Beistand
beim Packen seiner mannigfachen Gegenstände, die er sämtlich auf Sofa, Tisch
und Stühle ausgekramt hatte — doch mehr mit den Augen, wie er wünschte,
als mit der Hand. Dabei war er stets eigen und possirlich. Es fehlte ein
Hemd, siehe da, es war bereits eingepackt. Dort lag noch ein Schnupftuch —
er hielt es schon im Koffer verwahrt. Nun rutschte ihm ein Stückchen Seife
aus, das er eben in einen Streifen Zeitungspapier wickelte. Dann wird der
Rasirpinsel vermißt und endlich — ein Werk des Dämons, der ihn plagte —
zwischen dem Tischchen und dem Spiegel über ihm eingeklemmt gefunden. Und
der Kellner kommt nicht mit der Rechnung! Als ihn wiederholtes, gesteigertes
Zerren am Glockenzug herbeigerufen hat und er bezahlt ist, will Bischer noch
einige Worte gemütlich sprechen und dazu eine jener kurzen österreichischen
Regiezigarren rauchen, die er so sehr liebt. Da fehlt das Messerchen zum Ab¬
schneiden, welches ihn nach Griechenland und seither überall hin begleitet hat —
ein teures Angedenken. Es ist verlegt, verdeckt durch die »Ulmer Schnellpost«,
befindet sich ganz in der Nähe, wird erst nach längerem Suchen entdeckt! All
dies geschieht ihm zum Posten — denn die Gegenstände haben eine Seele, und
all diese Seelen gehören Teufelchen, welche ihn necken, ärgern, verfolgen! Das
war Vischers Gespensterglauben!" Aber über Mörikes Geisterseherei konnte
er doch lachen.
Moritz Necker.
Der Kupferstich und die vervielfältigenden Künste der
Neuzeit.
v Adolf Rosenberg. on
l e Klagen über die stetig wachsende Konkurrenz, die dem ehr¬
würdigen Urvater der graphischen Kunst, dem Kupferstich, von
Kindern und Kindeskindern bereitet wird, ertönen immer stärker
und beweglicher. Während die einen auf diese Klagen nur ein
höhnisches: „Es geschieht dem alten pedantischen Herrn schon
recht"! zur Erwiderung haben, weisen die andern mit Entrüstung auf die
heilige Mission des reinen Linicnstichs, der allein würdig und berufen sei, die
Meisterwerke der klassischen Kunst zu verdolmetschen und in völliger Harmonie
mit ihrer erhabenen Einfachheit wiederzugeben. Aber den Kupferstechern ist
Informationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
FeedbackSie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden. Kommentar zur DTA-AusgabeDieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen … Staats- und Universitätsbibliothek (SuUB) Bremen: Bereitstellung der Texttranskription.
Kay-Michael Würzner: Bearbeitung der digitalen Edition.
Weitere Informationen:Verfahren der Texterfassung: OCR mit Nachkorrektur. Bogensignaturen: gekennzeichnet;Druckfehler: ignoriert;fremdsprachliches Material: nicht gekennzeichnet;Geminations-/Abkürzungsstriche: wie Vorlage;Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): nicht ausgezeichnet;i/j in Fraktur: wie Vorlage;I/J in Fraktur: wie Vorlage;Kolumnentitel: gekennzeichnet;Kustoden: gekennzeichnet;langes s (ſ): als s transkribiert;Normalisierungen: stillschweigend;rundes r (ꝛ): als r/et transkribiert;Seitenumbrüche markiert: ja;Silbentrennung: wie Vorlage;u/v bzw. U/V: wie Vorlage;Vokale mit übergest. e: als ä/ö/ü transkribiert;Vollständigkeit: vollständig erfasst;Zeichensetzung: wie Vorlage;Zeilenumbrüche markiert: ja; Nachkorrektur erfolgte automatisch.
|
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden. Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des § 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2025 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften.
Kontakt: redaktion(at)deutschestextarchiv.de. |