Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Die Grenzboten. Jg. 47, 1888, Viertes Vierteljahr.

Bild:
<< vorherige Seite
Die Stellung Bismarcks und des Kronprinzen zu Baiern im Winter ^370.

rath. über die gedachte Frage der Haftbarkeit finden sich die entgegengesetzten
Ansichten in dem von der Kommission erstatteten Berichte (Aktenstück 273 der
Anlagen) ausführlich mitgeteilt. Nach unsrer Ansicht sind die Gründe der
Minderheit die bei weitem schwerer wiegenden, und sie dürften auch heute noch
bei Beurteilung der Frage sich zum Lesen empfehlen.

Wir würden nach dem allen, so weit die beschränkte Haftbarkeit in Betracht
kommt, den Gedanken Hammachers nur befürworten können, wenn es möglich
sein sollte, für diesen Zweck gewisse Arten von Gesellschaften auszuscheiden, die
ebenso, wie die Berggewerkschaften, in ihrem Vcrmögensbestcmde den Gläubigern
eine Art dinglicher Sicherheit böten. Dem weitergehenden Gedanken Öchel-
hciusers aber stehen wir mit überwiegendem Bedenken gegenüber, wenn wir auch
nicht zweifeln, daß er von seinem Vertreter im wohlwollendsten Sinne auf¬
gestellt worden ist.

Ausdrücklich wollen wir noch bemerken, daß wir als Gegensatz der be¬
schränkten Haftbarkeit nicht unbedingt die Solidarhaft sämtlicher Mitglieder im
Sinne haben. Die Solidarhaft ist ein gefährliches Institut und führt ebenso
leicht zu Ungerechtigkeiten nach der andern Seite. Wohl aber würden sich
Formen schaffen lassen, die eine Haftbarkeit der Mitglieder für die Verbind¬
lichkeiten der Gesellschaft unter gleichmäßiger Belastung aller herbeizuführen
geeignet wären.




Die Stellung Bismarcks und des Kronprinzen zu
Vaiern im Winter ^870.

us gewissen Stellen des vielbcsprochnen "Tagebuchs" war zu
ersehen, daß Kronprinz Friedrich 1870 der Meinung gewesen ist,
der Eintritt der süddeutschen Königreiche in den Norddeutschen
Bund könne und müsse nötigenfalls erzwungen werden, und ans
andern Stellen hat man schließen wollen, der Kronprinz habe
durch sein beharrliches Mahnen und Drängen den Bundeskanzler, der sehr wenig
oder gar keine Neigung für die deutsche Einheit und den Reichsgedanken mit
dem Kaiser gehabt habe, diesen Gedanken und die Maßregeln, die ihn damals
förderten und schließlich verwirklichten, gewissermaßen aufgenötigt, ihm gehöre
also in erster Reihe das Verdienst bei der Schöpfung des neuen Reiches.

Die letztere Behauptung und der damit verbundene Vorwurf gegen Bismarck


Die Stellung Bismarcks und des Kronprinzen zu Baiern im Winter ^370.

rath. über die gedachte Frage der Haftbarkeit finden sich die entgegengesetzten
Ansichten in dem von der Kommission erstatteten Berichte (Aktenstück 273 der
Anlagen) ausführlich mitgeteilt. Nach unsrer Ansicht sind die Gründe der
Minderheit die bei weitem schwerer wiegenden, und sie dürften auch heute noch
bei Beurteilung der Frage sich zum Lesen empfehlen.

Wir würden nach dem allen, so weit die beschränkte Haftbarkeit in Betracht
kommt, den Gedanken Hammachers nur befürworten können, wenn es möglich
sein sollte, für diesen Zweck gewisse Arten von Gesellschaften auszuscheiden, die
ebenso, wie die Berggewerkschaften, in ihrem Vcrmögensbestcmde den Gläubigern
eine Art dinglicher Sicherheit böten. Dem weitergehenden Gedanken Öchel-
hciusers aber stehen wir mit überwiegendem Bedenken gegenüber, wenn wir auch
nicht zweifeln, daß er von seinem Vertreter im wohlwollendsten Sinne auf¬
gestellt worden ist.

Ausdrücklich wollen wir noch bemerken, daß wir als Gegensatz der be¬
schränkten Haftbarkeit nicht unbedingt die Solidarhaft sämtlicher Mitglieder im
Sinne haben. Die Solidarhaft ist ein gefährliches Institut und führt ebenso
leicht zu Ungerechtigkeiten nach der andern Seite. Wohl aber würden sich
Formen schaffen lassen, die eine Haftbarkeit der Mitglieder für die Verbind¬
lichkeiten der Gesellschaft unter gleichmäßiger Belastung aller herbeizuführen
geeignet wären.




Die Stellung Bismarcks und des Kronprinzen zu
Vaiern im Winter ^870.

us gewissen Stellen des vielbcsprochnen „Tagebuchs" war zu
ersehen, daß Kronprinz Friedrich 1870 der Meinung gewesen ist,
der Eintritt der süddeutschen Königreiche in den Norddeutschen
Bund könne und müsse nötigenfalls erzwungen werden, und ans
andern Stellen hat man schließen wollen, der Kronprinz habe
durch sein beharrliches Mahnen und Drängen den Bundeskanzler, der sehr wenig
oder gar keine Neigung für die deutsche Einheit und den Reichsgedanken mit
dem Kaiser gehabt habe, diesen Gedanken und die Maßregeln, die ihn damals
förderten und schließlich verwirklichten, gewissermaßen aufgenötigt, ihm gehöre
also in erster Reihe das Verdienst bei der Schöpfung des neuen Reiches.

Die letztere Behauptung und der damit verbundene Vorwurf gegen Bismarck


<TEI>
  <text>
    <body>
      <div>
        <div n="1">
          <pb facs="#f0357" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/203792"/>
          <fw type="header" place="top"> Die Stellung Bismarcks und des Kronprinzen zu Baiern im Winter ^370.</fw><lb/>
          <p xml:id="ID_895" prev="#ID_894"> rath. über die gedachte Frage der Haftbarkeit finden sich die entgegengesetzten<lb/>
Ansichten in dem von der Kommission erstatteten Berichte (Aktenstück 273 der<lb/>
Anlagen) ausführlich mitgeteilt. Nach unsrer Ansicht sind die Gründe der<lb/>
Minderheit die bei weitem schwerer wiegenden, und sie dürften auch heute noch<lb/>
bei Beurteilung der Frage sich zum Lesen empfehlen.</p><lb/>
          <p xml:id="ID_896"> Wir würden nach dem allen, so weit die beschränkte Haftbarkeit in Betracht<lb/>
kommt, den Gedanken Hammachers nur befürworten können, wenn es möglich<lb/>
sein sollte, für diesen Zweck gewisse Arten von Gesellschaften auszuscheiden, die<lb/>
ebenso, wie die Berggewerkschaften, in ihrem Vcrmögensbestcmde den Gläubigern<lb/>
eine Art dinglicher Sicherheit böten. Dem weitergehenden Gedanken Öchel-<lb/>
hciusers aber stehen wir mit überwiegendem Bedenken gegenüber, wenn wir auch<lb/>
nicht zweifeln, daß er von seinem Vertreter im wohlwollendsten Sinne auf¬<lb/>
gestellt worden ist.</p><lb/>
          <p xml:id="ID_897"> Ausdrücklich wollen wir noch bemerken, daß wir als Gegensatz der be¬<lb/>
schränkten Haftbarkeit nicht unbedingt die Solidarhaft sämtlicher Mitglieder im<lb/>
Sinne haben. Die Solidarhaft ist ein gefährliches Institut und führt ebenso<lb/>
leicht zu Ungerechtigkeiten nach der andern Seite. Wohl aber würden sich<lb/>
Formen schaffen lassen, die eine Haftbarkeit der Mitglieder für die Verbind¬<lb/>
lichkeiten der Gesellschaft unter gleichmäßiger Belastung aller herbeizuführen<lb/>
geeignet wären.</p><lb/>
          <milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/>
        </div>
        <div n="1">
          <head> Die Stellung Bismarcks und des Kronprinzen zu<lb/>
Vaiern im Winter ^870.</head><lb/>
          <p xml:id="ID_898"> us gewissen Stellen des vielbcsprochnen &#x201E;Tagebuchs" war zu<lb/>
ersehen, daß Kronprinz Friedrich 1870 der Meinung gewesen ist,<lb/>
der Eintritt der süddeutschen Königreiche in den Norddeutschen<lb/>
Bund könne und müsse nötigenfalls erzwungen werden, und ans<lb/>
andern Stellen hat man schließen wollen, der Kronprinz habe<lb/>
durch sein beharrliches Mahnen und Drängen den Bundeskanzler, der sehr wenig<lb/>
oder gar keine Neigung für die deutsche Einheit und den Reichsgedanken mit<lb/>
dem Kaiser gehabt habe, diesen Gedanken und die Maßregeln, die ihn damals<lb/>
förderten und schließlich verwirklichten, gewissermaßen aufgenötigt, ihm gehöre<lb/>
also in erster Reihe das Verdienst bei der Schöpfung des neuen Reiches.</p><lb/>
          <p xml:id="ID_899" next="#ID_900"> Die letztere Behauptung und der damit verbundene Vorwurf gegen Bismarck</p><lb/>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[0357] Die Stellung Bismarcks und des Kronprinzen zu Baiern im Winter ^370. rath. über die gedachte Frage der Haftbarkeit finden sich die entgegengesetzten Ansichten in dem von der Kommission erstatteten Berichte (Aktenstück 273 der Anlagen) ausführlich mitgeteilt. Nach unsrer Ansicht sind die Gründe der Minderheit die bei weitem schwerer wiegenden, und sie dürften auch heute noch bei Beurteilung der Frage sich zum Lesen empfehlen. Wir würden nach dem allen, so weit die beschränkte Haftbarkeit in Betracht kommt, den Gedanken Hammachers nur befürworten können, wenn es möglich sein sollte, für diesen Zweck gewisse Arten von Gesellschaften auszuscheiden, die ebenso, wie die Berggewerkschaften, in ihrem Vcrmögensbestcmde den Gläubigern eine Art dinglicher Sicherheit böten. Dem weitergehenden Gedanken Öchel- hciusers aber stehen wir mit überwiegendem Bedenken gegenüber, wenn wir auch nicht zweifeln, daß er von seinem Vertreter im wohlwollendsten Sinne auf¬ gestellt worden ist. Ausdrücklich wollen wir noch bemerken, daß wir als Gegensatz der be¬ schränkten Haftbarkeit nicht unbedingt die Solidarhaft sämtlicher Mitglieder im Sinne haben. Die Solidarhaft ist ein gefährliches Institut und führt ebenso leicht zu Ungerechtigkeiten nach der andern Seite. Wohl aber würden sich Formen schaffen lassen, die eine Haftbarkeit der Mitglieder für die Verbind¬ lichkeiten der Gesellschaft unter gleichmäßiger Belastung aller herbeizuführen geeignet wären. Die Stellung Bismarcks und des Kronprinzen zu Vaiern im Winter ^870. us gewissen Stellen des vielbcsprochnen „Tagebuchs" war zu ersehen, daß Kronprinz Friedrich 1870 der Meinung gewesen ist, der Eintritt der süddeutschen Königreiche in den Norddeutschen Bund könne und müsse nötigenfalls erzwungen werden, und ans andern Stellen hat man schließen wollen, der Kronprinz habe durch sein beharrliches Mahnen und Drängen den Bundeskanzler, der sehr wenig oder gar keine Neigung für die deutsche Einheit und den Reichsgedanken mit dem Kaiser gehabt habe, diesen Gedanken und die Maßregeln, die ihn damals förderten und schließlich verwirklichten, gewissermaßen aufgenötigt, ihm gehöre also in erster Reihe das Verdienst bei der Schöpfung des neuen Reiches. Die letztere Behauptung und der damit verbundene Vorwurf gegen Bismarck

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Staats- und Universitätsbibliothek (SuUB) Bremen: Bereitstellung der Texttranskription.
Kay-Michael Würzner: Bearbeitung der digitalen Edition.

Weitere Informationen:

Verfahren der Texterfassung: OCR mit Nachkorrektur.

Bogensignaturen: gekennzeichnet;Druckfehler: ignoriert;fremdsprachliches Material: nicht gekennzeichnet;Geminations-/Abkürzungsstriche: wie Vorlage;Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): nicht ausgezeichnet;i/j in Fraktur: wie Vorlage;I/J in Fraktur: wie Vorlage;Kolumnentitel: gekennzeichnet;Kustoden: gekennzeichnet;langes s (ſ): als s transkribiert;Normalisierungen: stillschweigend;rundes r (&#xa75b;): als r/et transkribiert;Seitenumbrüche markiert: ja;Silbentrennung: wie Vorlage;u/v bzw. U/V: wie Vorlage;Vokale mit übergest. e: als ä/ö/ü transkribiert;Vollständigkeit: vollständig erfasst;Zeichensetzung: wie Vorlage;Zeilenumbrüche markiert: ja;

Nachkorrektur erfolgte automatisch.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341847_203434
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341847_203434/357
Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 47, 1888, Viertes Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341847_203434/357>, abgerufen am 22.07.2024.