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Die Grenzboten. Jg. 47, 1888, Viertes Vierteljahr.

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<Lin Denkmal der Leipziger Völkerschlacht.

Im Fürsten, Fürstin und im Fnrstenkindc
Und Höfling, auf des Hofes Ehrenbahn
Parisers Mischungssprache sei die Winde,
Den Geist zu wuchteu auf der Bildungsbahn;
Die Lindcnstadt dich herrlich hat entbunden,
Der schnöden ward der Herrscherstab entwunden.

Ein siebenter Vorschlag ging wieder auf ein plastisches Werk, er ließ die
Wahl zwischen einem auf einen Würfel gestellten 30 bis 40 Fuß hohen Obe¬
lisken oder einer Pyramide, auf deren Seiten, in Eisen gegossen oder in weißen
Marmor gehauen, die Bildnisse der verbündeten Mächte angebracht werden
sollten; dazu eine kurze lateinische (!) Inschrift, das Ganze von Pappeln oder
Linden umgeben.

Noch ehe diese Vorschläge alle an Seckendorff gelangt waren, hatte er
seinen eignen Plan unterm 11. Mai 1814 im "Allgemeinen Anzeiger der
Deutschen" (Ur. 131) veröffentlicht, eine Anzahl hervorragender Leipziger Kauf¬
mannsfirmen genannt, die bereit wären, "sowohl Subskriptionen als Pränu-
merationen anzunehmen," auch in Aussicht gestellt, daß die "Zeitung für die
elegante Welt" nächstens einen Umriß seines Entwurfes bringen würde. Unter
dem 18. Juni 1814 teilte er dann in den "Leipziger Zeitungen" mit, daß ihm
verschiedene Ideen und Zeichnungen zugegangen seien. "Ich ersuche nun dieje¬
nigen, welche Kenntnisse und Geschmack besitzen, und welche ohne Interesse ^un¬
parteiisch^ diese Ideen prüfen wollen, sich mir zu nennen, um mit ihnen vereint
das Beste wählen und dann höchsten Orts zur Genehmigung vorlegen zu
können." Auch bat er, ihm noch weitere Ideen und Vorschläge zuzusenden und
etwa ihm zugedachte Geldbeiträge, um die Größe und Kostbarkeit des Denk¬
mals abmessen zu können, wenigstens bei ihm anzumelden.

Aber die Sache fand keine rechte Teilnahme. Seckendorff erhielt zwar
noch manche Zuschriften und Zeichnungen, es wurden ihm Geldbeiträge in
Aussicht gestellt, wenn man erst genaueres über den Plan erfahren Hütte,
auch Abänderungsvorschläge seines Planes kamen in die Zeitungen -- einer
wollte an der Kugel die Worte: "Und Gott sprach: Es werde Licht! und
es ward Licht" anbringen, aber in hebräischer (!) Sprache, weil da die einzelnen
Buchstaben als Zahlzeichen zusammengezählt gerade die Jahreszahl der Schlacht
ergäben, ein andrer hielt es für zweckmäßiger, das Denkmal, anstatt andert¬
halb Stunden von Leipzig entfernt, lieber in der Stadt aufzuführen, und zwar
vor dem innern Grimmischen Thore, wo die Sieger eingezogen waren, in Ge¬
stalt eines Triumphbogens; aber im Übrigen ging niemand ernstlich auf seinen
Plan ein. Das schlimmste war, daß mit Ausnahme eines einzigen Postens von
10 Thalern nicht ein einziger Geldbeitrag gezeichnet wurde, in Leipzig fühlten
sich einige "beschwert," daß Seckendorff ihnen zuvorgekommen sei, und äußerten,
man werde, falls er das Denkmal allein setzen und die Stadt übergehen wollte,
ein weit größeres Denkmal daneben setzen, Mahlmann, der Herausgeber der


<Lin Denkmal der Leipziger Völkerschlacht.

Im Fürsten, Fürstin und im Fnrstenkindc
Und Höfling, auf des Hofes Ehrenbahn
Parisers Mischungssprache sei die Winde,
Den Geist zu wuchteu auf der Bildungsbahn;
Die Lindcnstadt dich herrlich hat entbunden,
Der schnöden ward der Herrscherstab entwunden.

Ein siebenter Vorschlag ging wieder auf ein plastisches Werk, er ließ die
Wahl zwischen einem auf einen Würfel gestellten 30 bis 40 Fuß hohen Obe¬
lisken oder einer Pyramide, auf deren Seiten, in Eisen gegossen oder in weißen
Marmor gehauen, die Bildnisse der verbündeten Mächte angebracht werden
sollten; dazu eine kurze lateinische (!) Inschrift, das Ganze von Pappeln oder
Linden umgeben.

Noch ehe diese Vorschläge alle an Seckendorff gelangt waren, hatte er
seinen eignen Plan unterm 11. Mai 1814 im „Allgemeinen Anzeiger der
Deutschen" (Ur. 131) veröffentlicht, eine Anzahl hervorragender Leipziger Kauf¬
mannsfirmen genannt, die bereit wären, „sowohl Subskriptionen als Pränu-
merationen anzunehmen," auch in Aussicht gestellt, daß die „Zeitung für die
elegante Welt" nächstens einen Umriß seines Entwurfes bringen würde. Unter
dem 18. Juni 1814 teilte er dann in den „Leipziger Zeitungen" mit, daß ihm
verschiedene Ideen und Zeichnungen zugegangen seien. „Ich ersuche nun dieje¬
nigen, welche Kenntnisse und Geschmack besitzen, und welche ohne Interesse ^un¬
parteiisch^ diese Ideen prüfen wollen, sich mir zu nennen, um mit ihnen vereint
das Beste wählen und dann höchsten Orts zur Genehmigung vorlegen zu
können." Auch bat er, ihm noch weitere Ideen und Vorschläge zuzusenden und
etwa ihm zugedachte Geldbeiträge, um die Größe und Kostbarkeit des Denk¬
mals abmessen zu können, wenigstens bei ihm anzumelden.

Aber die Sache fand keine rechte Teilnahme. Seckendorff erhielt zwar
noch manche Zuschriften und Zeichnungen, es wurden ihm Geldbeiträge in
Aussicht gestellt, wenn man erst genaueres über den Plan erfahren Hütte,
auch Abänderungsvorschläge seines Planes kamen in die Zeitungen — einer
wollte an der Kugel die Worte: „Und Gott sprach: Es werde Licht! und
es ward Licht" anbringen, aber in hebräischer (!) Sprache, weil da die einzelnen
Buchstaben als Zahlzeichen zusammengezählt gerade die Jahreszahl der Schlacht
ergäben, ein andrer hielt es für zweckmäßiger, das Denkmal, anstatt andert¬
halb Stunden von Leipzig entfernt, lieber in der Stadt aufzuführen, und zwar
vor dem innern Grimmischen Thore, wo die Sieger eingezogen waren, in Ge¬
stalt eines Triumphbogens; aber im Übrigen ging niemand ernstlich auf seinen
Plan ein. Das schlimmste war, daß mit Ausnahme eines einzigen Postens von
10 Thalern nicht ein einziger Geldbeitrag gezeichnet wurde, in Leipzig fühlten
sich einige „beschwert," daß Seckendorff ihnen zuvorgekommen sei, und äußerten,
man werde, falls er das Denkmal allein setzen und die Stadt übergehen wollte,
ein weit größeres Denkmal daneben setzen, Mahlmann, der Herausgeber der


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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 47, 1888, Viertes Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341847_203434/194>, abgerufen am 22.07.2024.