Die Grenzboten. Jg. 47, 1888, Zweites Vierteljahr.Die Rarlsschule und Schillers Jugendtraum. Professoren bei einer Bitte um erhöhte Besoldung geltend machen konnten, daß Am 17. Januar 1773 findet sich in dem Napportbuch eingetragen: "Zu¬ Seit die Militärakademie ihren Sitz in Stuttgart hatte, wurde sie auch Die Rarlsschule und Schillers Jugendtraum. Professoren bei einer Bitte um erhöhte Besoldung geltend machen konnten, daß Am 17. Januar 1773 findet sich in dem Napportbuch eingetragen: „Zu¬ Seit die Militärakademie ihren Sitz in Stuttgart hatte, wurde sie auch <TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <pb facs="#f0478" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/203255"/> <fw type="header" place="top"> Die Rarlsschule und Schillers Jugendtraum.</fw><lb/> <p xml:id="ID_1504" prev="#ID_1503"> Professoren bei einer Bitte um erhöhte Besoldung geltend machen konnten, daß<lb/> sie ordnungsmäßig „neun rechtliche Wissenschaften vorzutragen hätten, so auf<lb/> Universitäten gar nicht vorkommen." Theologie war von der Akademie aus¬<lb/> geschlossen schon durch das Mißtrauen der in dem ständischen Vertretungskörper<lb/> höchst einflußreichen Prälaten der Landeskirche gegen den der katholischen Kon¬<lb/> fession angehörigen Stifter und Leiter der Lehranstalt. Für die Entwicklung<lb/> einer medizinischen Abteilung, zu welcher der ursprünglich für das Studium<lb/> der Rechtswissenschaft bestimmte Schiller übertrat, war es von Wichtigkeit,<lb/> daß die Anstalt im Jahre 1775 nach Stuttgart übersiedelte, welche als Landes¬<lb/> hauptstadt, wenn auch nur etwa 16 000 Einwohner zählend, doch dem Studium<lb/> Hilfsmittel bieten konnte, die eine medizinische Fakultät sonst nirgends gefunden<lb/> Hütte. Die entsprechende Abteilung der Landesuniversität Tübingen ward dem¬<lb/> nach auch bald überflügelt. Unter den Jüngern der Karlsschule haben im<lb/> allgemeinen die der medizinisch-naturwissenschaftlichen Klasse angehörigen am<lb/> meisten zu ihrem Ruhme beigetragen.</p><lb/> <p xml:id="ID_1505"> Am 17. Januar 1773 findet sich in dem Napportbuch eingetragen: „Zu¬<lb/> wachs bei der ersten Klasse: Johann Christoph Friedrich Schiller, von Marbach,<lb/> Z. 6 Fuß, 13 Jahre alt, evangelisch, konfirmirt; dessen Vater Hauptmann beim<lb/> General v. Stainschen Infanterieregiment." Mit Anfang des folgenden Jahres<lb/> wird der neu aufgenommene Zögling unter den „Juristen" aufgeführt, wobei<lb/> übrigens noch an kein eigentliches Fachstudium zu denken ist. Es handelte sich<lb/> für den Vierzehnjährigen nur um allgemeinere philosophische Vorbildung mit<lb/> Beifügung einiger juristischen Vorbcgrisfe xro <nxw aäolssosntium.</p><lb/> <p xml:id="ID_1506" next="#ID_1507"> Seit die Militärakademie ihren Sitz in Stuttgart hatte, wurde sie auch<lb/> im Auslande immer mehr bekannt, und von nah und fern strömten immer zahl¬<lb/> reichere fremde Zöglinge herbei. Bisher hatte Herzog Karl die sämtlichen Be¬<lb/> sucher seiner Schule auf seine Kosten aufgenommen und erzogen, mit dem einzigen<lb/> Unterschiede, daß die einen ihre Ausrüstung selbst zu bestreiten hatten, während<lb/> diese den völlig unbemittelten gleichfalls gewährt wurde. Die Kosten beliefen<lb/> sich um diese Zeit auf mehr als 60 000 Gulden jährlich. Im Jahre 1776<lb/> wurde zunächst aus den Ausländern eine Klasse von „Pensionärs" gebildet,<lb/> deren Geldbeitrag sich zwischen ISO und 600 si. bewegte. Die buntere Zusammen¬<lb/> setzung, welche die Schule dadurch erhielt, war in manchen Beziehungen an¬<lb/> regend, anderseits brachte sie aber auch, bei den ganz verschiedenartigen Vor¬<lb/> kenntnissen der Eintretenden, in den bisher so fest bestimmten Unterrichtsgang<lb/> etwas Unsicheres und Schwankendes. Der äußere Glanz der Schule hob sich<lb/> jedoch fortwährend, vor allem durch die Erhebung derselben zum Rang einer<lb/> Universität. Kaiser Josef II. verfügte diese am 22. Dezember 1781. Jetzt erst<lb/> wurde der Name Hohe Karlsschule, ganz offiziell eigentlich „Karls Hohe Schule,"<lb/> angenommen. Schiller, der schon 1780 auftrat, ist somit nicht im strengen<lb/> Sinne „Karlsschüler" gewesen. Nachdem die Universitätsrechte, welche der</p><lb/> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0478]
Die Rarlsschule und Schillers Jugendtraum.
Professoren bei einer Bitte um erhöhte Besoldung geltend machen konnten, daß
sie ordnungsmäßig „neun rechtliche Wissenschaften vorzutragen hätten, so auf
Universitäten gar nicht vorkommen." Theologie war von der Akademie aus¬
geschlossen schon durch das Mißtrauen der in dem ständischen Vertretungskörper
höchst einflußreichen Prälaten der Landeskirche gegen den der katholischen Kon¬
fession angehörigen Stifter und Leiter der Lehranstalt. Für die Entwicklung
einer medizinischen Abteilung, zu welcher der ursprünglich für das Studium
der Rechtswissenschaft bestimmte Schiller übertrat, war es von Wichtigkeit,
daß die Anstalt im Jahre 1775 nach Stuttgart übersiedelte, welche als Landes¬
hauptstadt, wenn auch nur etwa 16 000 Einwohner zählend, doch dem Studium
Hilfsmittel bieten konnte, die eine medizinische Fakultät sonst nirgends gefunden
Hütte. Die entsprechende Abteilung der Landesuniversität Tübingen ward dem¬
nach auch bald überflügelt. Unter den Jüngern der Karlsschule haben im
allgemeinen die der medizinisch-naturwissenschaftlichen Klasse angehörigen am
meisten zu ihrem Ruhme beigetragen.
Am 17. Januar 1773 findet sich in dem Napportbuch eingetragen: „Zu¬
wachs bei der ersten Klasse: Johann Christoph Friedrich Schiller, von Marbach,
Z. 6 Fuß, 13 Jahre alt, evangelisch, konfirmirt; dessen Vater Hauptmann beim
General v. Stainschen Infanterieregiment." Mit Anfang des folgenden Jahres
wird der neu aufgenommene Zögling unter den „Juristen" aufgeführt, wobei
übrigens noch an kein eigentliches Fachstudium zu denken ist. Es handelte sich
für den Vierzehnjährigen nur um allgemeinere philosophische Vorbildung mit
Beifügung einiger juristischen Vorbcgrisfe xro <nxw aäolssosntium.
Seit die Militärakademie ihren Sitz in Stuttgart hatte, wurde sie auch
im Auslande immer mehr bekannt, und von nah und fern strömten immer zahl¬
reichere fremde Zöglinge herbei. Bisher hatte Herzog Karl die sämtlichen Be¬
sucher seiner Schule auf seine Kosten aufgenommen und erzogen, mit dem einzigen
Unterschiede, daß die einen ihre Ausrüstung selbst zu bestreiten hatten, während
diese den völlig unbemittelten gleichfalls gewährt wurde. Die Kosten beliefen
sich um diese Zeit auf mehr als 60 000 Gulden jährlich. Im Jahre 1776
wurde zunächst aus den Ausländern eine Klasse von „Pensionärs" gebildet,
deren Geldbeitrag sich zwischen ISO und 600 si. bewegte. Die buntere Zusammen¬
setzung, welche die Schule dadurch erhielt, war in manchen Beziehungen an¬
regend, anderseits brachte sie aber auch, bei den ganz verschiedenartigen Vor¬
kenntnissen der Eintretenden, in den bisher so fest bestimmten Unterrichtsgang
etwas Unsicheres und Schwankendes. Der äußere Glanz der Schule hob sich
jedoch fortwährend, vor allem durch die Erhebung derselben zum Rang einer
Universität. Kaiser Josef II. verfügte diese am 22. Dezember 1781. Jetzt erst
wurde der Name Hohe Karlsschule, ganz offiziell eigentlich „Karls Hohe Schule,"
angenommen. Schiller, der schon 1780 auftrat, ist somit nicht im strengen
Sinne „Karlsschüler" gewesen. Nachdem die Universitätsrechte, welche der
Informationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
FeedbackSie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden. Kommentar zur DTA-AusgabeDieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen … Staats- und Universitätsbibliothek (SuUB) Bremen: Bereitstellung der Texttranskription.
Kay-Michael Würzner: Bearbeitung der digitalen Edition.
Weitere Informationen:Verfahren der Texterfassung: OCR mit Nachkorrektur. Bogensignaturen: gekennzeichnet;Druckfehler: ignoriert;fremdsprachliches Material: nicht gekennzeichnet;Geminations-/Abkürzungsstriche: wie Vorlage;Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): nicht ausgezeichnet;i/j in Fraktur: wie Vorlage;I/J in Fraktur: wie Vorlage;Kolumnentitel: gekennzeichnet;Kustoden: gekennzeichnet;langes s (ſ): als s transkribiert;Normalisierungen: stillschweigend;rundes r (ꝛ): als r/et transkribiert;Seitenumbrüche markiert: ja;Silbentrennung: wie Vorlage;u/v bzw. U/V: wie Vorlage;Vokale mit übergest. e: als ä/ö/ü transkribiert;Vollständigkeit: vollständig erfasst;Zeichensetzung: wie Vorlage;Zeilenumbrüche markiert: ja; Nachkorrektur erfolgte automatisch.
|
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden. Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des § 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2025 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften.
Kontakt: redaktion(at)deutschestextarchiv.de. |