Die Grenzboten. Jg. 47, 1888, Zweites Vierteljahr.Die Rarlsschulo und Schillers Jugendtraum. Geometrie unterrichtet zu werden. Daneben sollten sie zu Gartenarbeiten und Die Rarlsschulo und Schillers Jugendtraum. Geometrie unterrichtet zu werden. Daneben sollten sie zu Gartenarbeiten und <TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <pb facs="#f0477" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/203254"/> <fw type="header" place="top"> Die Rarlsschulo und Schillers Jugendtraum.</fw><lb/> <p xml:id="ID_1503" prev="#ID_1502" next="#ID_1504"> Geometrie unterrichtet zu werden. Daneben sollten sie zu Gartenarbeiten und<lb/> Baudiensten angeleitet werden, um dem Herzog für seine immer noch fort¬<lb/> gesetzten aufwandreichen Bauten wohlfeile Arbeitskräfte zu liefern. Die Idee,<lb/> für die Liebhabereien des Fürsten das Menschenmaterial aus Landeskindern<lb/> heranzubilden, erhielt schon in den nächsten Monaten eine Erweiterung, indem<lb/> die inzwischen auf nahezu ein halbes Hundert vermehrten Zöglinge der Schule<lb/> auch für die Zwecke des Orchesters und des Ballets bestimmt wurden. Die<lb/> Fürsorge für Einrichtung und Ausstattung der Anstalt gewährte dem durch<lb/> Lustbarkeiten aller Art übersättigten Herzog anfangs eine angenehme Ab¬<lb/> wechslung; nach und nach fand er immer größeren Gefallen am Schulmeistern,<lb/> und so entsann er sich denn auch wieder einer früheren Absicht, für den Zivil-<lb/> und Militärdienst seines Landes „Subjekte" heranzubilden, die von früh auf<lb/> ganz nach seinen eignen Ideen formirt wären. Diesem Zwecke entsprechend<lb/> nahm die Schule die gesamte Gymnasialbildung und einige akademische Fächer<lb/> in ihr Programm auf; sie erscheint vom März 1773 ab unter dem Namen<lb/> „Herzogliche Militärakademie." Die Benennung mochte sich rechtfertigen im<lb/> Hinblick auf den streng militärischen Charakter der Hausordnung und der Diszi¬<lb/> plin. Infolge der Verschmelzung einer schon früher begründeten ^.«aäsmis ä«zö<lb/> arts mit der „Militärakademie" wurde der Unterricht in den bildenden Künsten,<lb/> wozu auch die Gartenkunst gerechnet wurde, sowie in Vokal- und Instrumental¬<lb/> musik, in dramatischer Darstellung und Ballet so weit ausgedehnt, daß die künst¬<lb/> lerische Ausbildung bis zum letzten Abschluß geführt wurde. Eine militärische<lb/> Abteilung wurde zunächst aus den Reihen der älteren Zöglinge zusammen¬<lb/> gesetzt, und dieser Zweig der Anstalt galt nicht lange nachher für eine der voll¬<lb/> kommensten Kriegsschulen in Europa. Als ein Hauptübelstand der württem¬<lb/> bergischen Verwaltung war es, wie von manchen andern freier blickenden, so<lb/> von Herzog Karl erkannt worden, daß die „Menschenklasse der Schreiber,"<lb/> Leute, die nach dem Besuch der Trivialschule nur durch die Routine gebildet<lb/> waren, eine große Anzahl von teilweise einflußreichen Stellen im städtischen<lb/> und Staatsdienste ausfüllte, wie denn namentlich die Finanzverwaltung fast<lb/> ganz in ihren Händen war. Um diese Beamtenklasse geistig zu heben, ließ der<lb/> Fürst schon im Jahre 1773 eine Abteilung der „Kameralisten" ins Leben treten,<lb/> der sich aus denselben Gründen eine forstwissenschaftliche Abteilung anschloß.<lb/> Eine im Jahre 1779 eingerichtete Klasse für „Handelswissenschaft" berührte<lb/> sich vielfach mit den Lehrfächern dieser beiden Abteilungen. Die bisher er¬<lb/> wähnten Gründungen konnten für eine dankenswerte Ausfüllung von Lücken im<lb/> öffentlichen Unterrichtswesen des Landes gelten. Die Errichtung einer juristischen<lb/> Abteilung im Jahre 1774 schuf aber eine unmittelbare Konkurrenz mit der<lb/> Landesuniversität Tübingen und führte zu lebhaftem Konflikt, namentlich mit<lb/> dem Ausschuß der Landstände. Der Herzog führte indessen das ins Auge<lb/> gefaßte Programm so vollständig durch, daß im Jahre 1781 die vier juristischen</p><lb/> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0477]
Die Rarlsschulo und Schillers Jugendtraum.
Geometrie unterrichtet zu werden. Daneben sollten sie zu Gartenarbeiten und
Baudiensten angeleitet werden, um dem Herzog für seine immer noch fort¬
gesetzten aufwandreichen Bauten wohlfeile Arbeitskräfte zu liefern. Die Idee,
für die Liebhabereien des Fürsten das Menschenmaterial aus Landeskindern
heranzubilden, erhielt schon in den nächsten Monaten eine Erweiterung, indem
die inzwischen auf nahezu ein halbes Hundert vermehrten Zöglinge der Schule
auch für die Zwecke des Orchesters und des Ballets bestimmt wurden. Die
Fürsorge für Einrichtung und Ausstattung der Anstalt gewährte dem durch
Lustbarkeiten aller Art übersättigten Herzog anfangs eine angenehme Ab¬
wechslung; nach und nach fand er immer größeren Gefallen am Schulmeistern,
und so entsann er sich denn auch wieder einer früheren Absicht, für den Zivil-
und Militärdienst seines Landes „Subjekte" heranzubilden, die von früh auf
ganz nach seinen eignen Ideen formirt wären. Diesem Zwecke entsprechend
nahm die Schule die gesamte Gymnasialbildung und einige akademische Fächer
in ihr Programm auf; sie erscheint vom März 1773 ab unter dem Namen
„Herzogliche Militärakademie." Die Benennung mochte sich rechtfertigen im
Hinblick auf den streng militärischen Charakter der Hausordnung und der Diszi¬
plin. Infolge der Verschmelzung einer schon früher begründeten ^.«aäsmis ä«zö
arts mit der „Militärakademie" wurde der Unterricht in den bildenden Künsten,
wozu auch die Gartenkunst gerechnet wurde, sowie in Vokal- und Instrumental¬
musik, in dramatischer Darstellung und Ballet so weit ausgedehnt, daß die künst¬
lerische Ausbildung bis zum letzten Abschluß geführt wurde. Eine militärische
Abteilung wurde zunächst aus den Reihen der älteren Zöglinge zusammen¬
gesetzt, und dieser Zweig der Anstalt galt nicht lange nachher für eine der voll¬
kommensten Kriegsschulen in Europa. Als ein Hauptübelstand der württem¬
bergischen Verwaltung war es, wie von manchen andern freier blickenden, so
von Herzog Karl erkannt worden, daß die „Menschenklasse der Schreiber,"
Leute, die nach dem Besuch der Trivialschule nur durch die Routine gebildet
waren, eine große Anzahl von teilweise einflußreichen Stellen im städtischen
und Staatsdienste ausfüllte, wie denn namentlich die Finanzverwaltung fast
ganz in ihren Händen war. Um diese Beamtenklasse geistig zu heben, ließ der
Fürst schon im Jahre 1773 eine Abteilung der „Kameralisten" ins Leben treten,
der sich aus denselben Gründen eine forstwissenschaftliche Abteilung anschloß.
Eine im Jahre 1779 eingerichtete Klasse für „Handelswissenschaft" berührte
sich vielfach mit den Lehrfächern dieser beiden Abteilungen. Die bisher er¬
wähnten Gründungen konnten für eine dankenswerte Ausfüllung von Lücken im
öffentlichen Unterrichtswesen des Landes gelten. Die Errichtung einer juristischen
Abteilung im Jahre 1774 schuf aber eine unmittelbare Konkurrenz mit der
Landesuniversität Tübingen und führte zu lebhaftem Konflikt, namentlich mit
dem Ausschuß der Landstände. Der Herzog führte indessen das ins Auge
gefaßte Programm so vollständig durch, daß im Jahre 1781 die vier juristischen
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