Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Die Grenzboten. Jg. 47, 1888, Zweites Vierteljahr.

Bild:
<< vorherige Seite
Amerikanisches Eisenbahnwesen.

ist das Rauchen auf dem ganzen Zuge nicht gestattet. Dies ist unbestreitbar
ein großer Vorzug der amerikanischen Eisenbahnen, da sich die Mehrzahl des
reisenden Publikums doch immerhin aus Nichtrauchern zusammensetzt. Man
sollte daher unsre "Nichtraucherkoupees" lieber umgekehrt in "Raucherkoupees"
umwandeln und überall sonst das Rauchen gleichfalls untersagen.

Die "Auswandererwagen" stehen mit unsrer vierten Klasse auf einer Stufe,
sind aber mit hölzernen Doppelsitzen versehen, welche durch Einlegung eines
Mittelstückes und Abklappung einer obern Seitcnlade sich in ein unteres und
ein oberes Bettgestell umwandeln lassen, wozu die Eisenbahngesellschaften den
Leuten für ein Villiges die nötigen Matratzen liefern, falls sie nicht schon vom
Schiffe her damit versehen sind. Außerdem haben diese Wagen ans den beiden
Enden je eine abgetrennte Abteilung, von denen die eine als Abort, die andre
als Küche dient; ein eiserner Herd darin mit der nötigen Feuerung steht den
Reisenden zur Verfügung, da diese, oft Tage lang unterwegs, sich aus mit¬
genommenen Vorräten selbst zu unterhalten Pflegen. Die Wagen sind vor allem,
wie schon ihr Namen anzeigt, für Auswanderer bestimmt und in allen westwärts
oder ostwärts durchgehenden Zügen zu finden; sie werden aber der Billigkeit
halber auch vielfach von andern und im Westen mit Vorliebe von den Chinesen
(Kukis) benutzt.

Von Salonwagen (Mach em'8) giebt es zwei Arten: xarlor und sleexiiiA
v"8, d. i. Tages- und Schlafwagen. Beide sind durchweg mit Teppichen
belegt, mit Spiegeln und sonstigem Schmuck reichlich ausgestattet und mit ebenso
guter Beleuchtung als Luftheizung versehen, sodaß sie im ganzen unsern Salou-
und Schlafwagen gleichkommen. In den Tageswagen findet man statt der
sonst üblichen festen Doppelsitze einzelstehende Faureuils, die aufs bequemste ge¬
polstert sind und sich um ihre Axe drehen lassen. Mitunter sind sie so ein¬
gerichtet, daß man durch einen Handdruck an der Seite in eine halb liegende
Stellung kommt, sogenannte rsvlininA vbmrs, welche unter andern auf der
Vandalialinie zwischen Newyork und Se. Louis anzutreffen sind. Die Schlaf¬
wagen haben feste Doppelsitze, in der Regel auf jeder Längsseite je zwölf, die
wieder zu je zwei einander gegenüber liegen und durch Einlegung eines Mittel¬
stücks sowie Abklappuug einer obern Seitenlade in ein vollständiges Unter- und
Oberdoppelbett umgewandelt werden können, sodaß der vollbesetzte Wagen acht-
undvierzig Personen beherbergen kann. Außerdem haben die Schlafwagen, wie
auch die meisten Tageswagcu, an den Enden zwei besondre Zimmerchen, von
denen eins als Herren-, das andre als Damenzimmer dient; daneben liegen die
zugehörigen Aborte. Dadurch ist zugleich der eigentliche Innenraum der Wagen
nach beiden Enden zu durch doppelte Thüren abgeschlossen, sodaß der Aufent¬
halt darin schon der beständigem Temperatur und der bessern Luft wegen weit
angenehmer ist. Die Bedienung besteht hier durchweg aus Negern. So bequem
wie unsre Schlafwagen sind die amerikanischen freilich nicht, denn da es keine


Grenzboten II. 1383. 58
Amerikanisches Eisenbahnwesen.

ist das Rauchen auf dem ganzen Zuge nicht gestattet. Dies ist unbestreitbar
ein großer Vorzug der amerikanischen Eisenbahnen, da sich die Mehrzahl des
reisenden Publikums doch immerhin aus Nichtrauchern zusammensetzt. Man
sollte daher unsre „Nichtraucherkoupees" lieber umgekehrt in „Raucherkoupees"
umwandeln und überall sonst das Rauchen gleichfalls untersagen.

Die „Auswandererwagen" stehen mit unsrer vierten Klasse auf einer Stufe,
sind aber mit hölzernen Doppelsitzen versehen, welche durch Einlegung eines
Mittelstückes und Abklappung einer obern Seitcnlade sich in ein unteres und
ein oberes Bettgestell umwandeln lassen, wozu die Eisenbahngesellschaften den
Leuten für ein Villiges die nötigen Matratzen liefern, falls sie nicht schon vom
Schiffe her damit versehen sind. Außerdem haben diese Wagen ans den beiden
Enden je eine abgetrennte Abteilung, von denen die eine als Abort, die andre
als Küche dient; ein eiserner Herd darin mit der nötigen Feuerung steht den
Reisenden zur Verfügung, da diese, oft Tage lang unterwegs, sich aus mit¬
genommenen Vorräten selbst zu unterhalten Pflegen. Die Wagen sind vor allem,
wie schon ihr Namen anzeigt, für Auswanderer bestimmt und in allen westwärts
oder ostwärts durchgehenden Zügen zu finden; sie werden aber der Billigkeit
halber auch vielfach von andern und im Westen mit Vorliebe von den Chinesen
(Kukis) benutzt.

Von Salonwagen (Mach em'8) giebt es zwei Arten: xarlor und sleexiiiA
v»8, d. i. Tages- und Schlafwagen. Beide sind durchweg mit Teppichen
belegt, mit Spiegeln und sonstigem Schmuck reichlich ausgestattet und mit ebenso
guter Beleuchtung als Luftheizung versehen, sodaß sie im ganzen unsern Salou-
und Schlafwagen gleichkommen. In den Tageswagen findet man statt der
sonst üblichen festen Doppelsitze einzelstehende Faureuils, die aufs bequemste ge¬
polstert sind und sich um ihre Axe drehen lassen. Mitunter sind sie so ein¬
gerichtet, daß man durch einen Handdruck an der Seite in eine halb liegende
Stellung kommt, sogenannte rsvlininA vbmrs, welche unter andern auf der
Vandalialinie zwischen Newyork und Se. Louis anzutreffen sind. Die Schlaf¬
wagen haben feste Doppelsitze, in der Regel auf jeder Längsseite je zwölf, die
wieder zu je zwei einander gegenüber liegen und durch Einlegung eines Mittel¬
stücks sowie Abklappuug einer obern Seitenlade in ein vollständiges Unter- und
Oberdoppelbett umgewandelt werden können, sodaß der vollbesetzte Wagen acht-
undvierzig Personen beherbergen kann. Außerdem haben die Schlafwagen, wie
auch die meisten Tageswagcu, an den Enden zwei besondre Zimmerchen, von
denen eins als Herren-, das andre als Damenzimmer dient; daneben liegen die
zugehörigen Aborte. Dadurch ist zugleich der eigentliche Innenraum der Wagen
nach beiden Enden zu durch doppelte Thüren abgeschlossen, sodaß der Aufent¬
halt darin schon der beständigem Temperatur und der bessern Luft wegen weit
angenehmer ist. Die Bedienung besteht hier durchweg aus Negern. So bequem
wie unsre Schlafwagen sind die amerikanischen freilich nicht, denn da es keine


Grenzboten II. 1383. 58
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div>
        <div n="1">
          <pb facs="#f0465" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/203242"/>
          <fw type="header" place="top"> Amerikanisches Eisenbahnwesen.</fw><lb/>
          <p xml:id="ID_1474" prev="#ID_1473"> ist das Rauchen auf dem ganzen Zuge nicht gestattet. Dies ist unbestreitbar<lb/>
ein großer Vorzug der amerikanischen Eisenbahnen, da sich die Mehrzahl des<lb/>
reisenden Publikums doch immerhin aus Nichtrauchern zusammensetzt. Man<lb/>
sollte daher unsre &#x201E;Nichtraucherkoupees" lieber umgekehrt in &#x201E;Raucherkoupees"<lb/>
umwandeln und überall sonst das Rauchen gleichfalls untersagen.</p><lb/>
          <p xml:id="ID_1475"> Die &#x201E;Auswandererwagen" stehen mit unsrer vierten Klasse auf einer Stufe,<lb/>
sind aber mit hölzernen Doppelsitzen versehen, welche durch Einlegung eines<lb/>
Mittelstückes und Abklappung einer obern Seitcnlade sich in ein unteres und<lb/>
ein oberes Bettgestell umwandeln lassen, wozu die Eisenbahngesellschaften den<lb/>
Leuten für ein Villiges die nötigen Matratzen liefern, falls sie nicht schon vom<lb/>
Schiffe her damit versehen sind. Außerdem haben diese Wagen ans den beiden<lb/>
Enden je eine abgetrennte Abteilung, von denen die eine als Abort, die andre<lb/>
als Küche dient; ein eiserner Herd darin mit der nötigen Feuerung steht den<lb/>
Reisenden zur Verfügung, da diese, oft Tage lang unterwegs, sich aus mit¬<lb/>
genommenen Vorräten selbst zu unterhalten Pflegen. Die Wagen sind vor allem,<lb/>
wie schon ihr Namen anzeigt, für Auswanderer bestimmt und in allen westwärts<lb/>
oder ostwärts durchgehenden Zügen zu finden; sie werden aber der Billigkeit<lb/>
halber auch vielfach von andern und im Westen mit Vorliebe von den Chinesen<lb/>
(Kukis) benutzt.</p><lb/>
          <p xml:id="ID_1476" next="#ID_1477"> Von Salonwagen (Mach em'8) giebt es zwei Arten: xarlor und sleexiiiA<lb/>
v»8, d. i. Tages- und Schlafwagen. Beide sind durchweg mit Teppichen<lb/>
belegt, mit Spiegeln und sonstigem Schmuck reichlich ausgestattet und mit ebenso<lb/>
guter Beleuchtung als Luftheizung versehen, sodaß sie im ganzen unsern Salou-<lb/>
und Schlafwagen gleichkommen. In den Tageswagen findet man statt der<lb/>
sonst üblichen festen Doppelsitze einzelstehende Faureuils, die aufs bequemste ge¬<lb/>
polstert sind und sich um ihre Axe drehen lassen. Mitunter sind sie so ein¬<lb/>
gerichtet, daß man durch einen Handdruck an der Seite in eine halb liegende<lb/>
Stellung kommt, sogenannte rsvlininA vbmrs, welche unter andern auf der<lb/>
Vandalialinie zwischen Newyork und Se. Louis anzutreffen sind. Die Schlaf¬<lb/>
wagen haben feste Doppelsitze, in der Regel auf jeder Längsseite je zwölf, die<lb/>
wieder zu je zwei einander gegenüber liegen und durch Einlegung eines Mittel¬<lb/>
stücks sowie Abklappuug einer obern Seitenlade in ein vollständiges Unter- und<lb/>
Oberdoppelbett umgewandelt werden können, sodaß der vollbesetzte Wagen acht-<lb/>
undvierzig Personen beherbergen kann. Außerdem haben die Schlafwagen, wie<lb/>
auch die meisten Tageswagcu, an den Enden zwei besondre Zimmerchen, von<lb/>
denen eins als Herren-, das andre als Damenzimmer dient; daneben liegen die<lb/>
zugehörigen Aborte. Dadurch ist zugleich der eigentliche Innenraum der Wagen<lb/>
nach beiden Enden zu durch doppelte Thüren abgeschlossen, sodaß der Aufent¬<lb/>
halt darin schon der beständigem Temperatur und der bessern Luft wegen weit<lb/>
angenehmer ist. Die Bedienung besteht hier durchweg aus Negern. So bequem<lb/>
wie unsre Schlafwagen sind die amerikanischen freilich nicht, denn da es keine</p><lb/>
          <fw type="sig" place="bottom"> Grenzboten II. 1383. 58</fw><lb/>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[0465] Amerikanisches Eisenbahnwesen. ist das Rauchen auf dem ganzen Zuge nicht gestattet. Dies ist unbestreitbar ein großer Vorzug der amerikanischen Eisenbahnen, da sich die Mehrzahl des reisenden Publikums doch immerhin aus Nichtrauchern zusammensetzt. Man sollte daher unsre „Nichtraucherkoupees" lieber umgekehrt in „Raucherkoupees" umwandeln und überall sonst das Rauchen gleichfalls untersagen. Die „Auswandererwagen" stehen mit unsrer vierten Klasse auf einer Stufe, sind aber mit hölzernen Doppelsitzen versehen, welche durch Einlegung eines Mittelstückes und Abklappung einer obern Seitcnlade sich in ein unteres und ein oberes Bettgestell umwandeln lassen, wozu die Eisenbahngesellschaften den Leuten für ein Villiges die nötigen Matratzen liefern, falls sie nicht schon vom Schiffe her damit versehen sind. Außerdem haben diese Wagen ans den beiden Enden je eine abgetrennte Abteilung, von denen die eine als Abort, die andre als Küche dient; ein eiserner Herd darin mit der nötigen Feuerung steht den Reisenden zur Verfügung, da diese, oft Tage lang unterwegs, sich aus mit¬ genommenen Vorräten selbst zu unterhalten Pflegen. Die Wagen sind vor allem, wie schon ihr Namen anzeigt, für Auswanderer bestimmt und in allen westwärts oder ostwärts durchgehenden Zügen zu finden; sie werden aber der Billigkeit halber auch vielfach von andern und im Westen mit Vorliebe von den Chinesen (Kukis) benutzt. Von Salonwagen (Mach em'8) giebt es zwei Arten: xarlor und sleexiiiA v»8, d. i. Tages- und Schlafwagen. Beide sind durchweg mit Teppichen belegt, mit Spiegeln und sonstigem Schmuck reichlich ausgestattet und mit ebenso guter Beleuchtung als Luftheizung versehen, sodaß sie im ganzen unsern Salou- und Schlafwagen gleichkommen. In den Tageswagen findet man statt der sonst üblichen festen Doppelsitze einzelstehende Faureuils, die aufs bequemste ge¬ polstert sind und sich um ihre Axe drehen lassen. Mitunter sind sie so ein¬ gerichtet, daß man durch einen Handdruck an der Seite in eine halb liegende Stellung kommt, sogenannte rsvlininA vbmrs, welche unter andern auf der Vandalialinie zwischen Newyork und Se. Louis anzutreffen sind. Die Schlaf¬ wagen haben feste Doppelsitze, in der Regel auf jeder Längsseite je zwölf, die wieder zu je zwei einander gegenüber liegen und durch Einlegung eines Mittel¬ stücks sowie Abklappuug einer obern Seitenlade in ein vollständiges Unter- und Oberdoppelbett umgewandelt werden können, sodaß der vollbesetzte Wagen acht- undvierzig Personen beherbergen kann. Außerdem haben die Schlafwagen, wie auch die meisten Tageswagcu, an den Enden zwei besondre Zimmerchen, von denen eins als Herren-, das andre als Damenzimmer dient; daneben liegen die zugehörigen Aborte. Dadurch ist zugleich der eigentliche Innenraum der Wagen nach beiden Enden zu durch doppelte Thüren abgeschlossen, sodaß der Aufent¬ halt darin schon der beständigem Temperatur und der bessern Luft wegen weit angenehmer ist. Die Bedienung besteht hier durchweg aus Negern. So bequem wie unsre Schlafwagen sind die amerikanischen freilich nicht, denn da es keine Grenzboten II. 1383. 58

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Staats- und Universitätsbibliothek (SuUB) Bremen: Bereitstellung der Texttranskription.
Kay-Michael Würzner: Bearbeitung der digitalen Edition.

Weitere Informationen:

Verfahren der Texterfassung: OCR mit Nachkorrektur.

Bogensignaturen: gekennzeichnet;Druckfehler: ignoriert;fremdsprachliches Material: nicht gekennzeichnet;Geminations-/Abkürzungsstriche: wie Vorlage;Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): nicht ausgezeichnet;i/j in Fraktur: wie Vorlage;I/J in Fraktur: wie Vorlage;Kolumnentitel: gekennzeichnet;Kustoden: gekennzeichnet;langes s (ſ): als s transkribiert;Normalisierungen: stillschweigend;rundes r (&#xa75b;): als r/et transkribiert;Seitenumbrüche markiert: ja;Silbentrennung: wie Vorlage;u/v bzw. U/V: wie Vorlage;Vokale mit übergest. e: als ä/ö/ü transkribiert;Vollständigkeit: vollständig erfasst;Zeichensetzung: wie Vorlage;Zeilenumbrüche markiert: ja;

Nachkorrektur erfolgte automatisch.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341847_202776
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341847_202776/465
Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 47, 1888, Zweites Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341847_202776/465>, abgerufen am 01.09.2024.