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Die Grenzboten. Jg. 47, 1888, Zweites Vierteljahr.

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(Österreich und der deutsch-französische Krieg.

hätte eine Beteiligung Spaniens am Kriege zur Folge gehabt. Dagegen ist
einzuwenden, daß bei einer so entschiedenen Haltung Frankreichs, die in einer
materiellen maritimen Demonstration gegipfelt Hütte, es für Spanien ebenso
schwer gewesen sein würde, darauf mit einer Kriegserklärung zu antworten
^warum, sagt der Verfasser nicht), als es sür Preußen schwer gewesen wäre,
eines französisch-spanischen Konfliktes wegen das deutsche Volk uuter die Waffen
zu rufen, nur darum, weil die private Angelegenheit eines nicht einmal dem
regierenden Hause angehörende" Prinzen im Spiele war. Mes ist allerdings
eine richtige Vermutung des arglistigen Franzvsenfreundes am Wiener Ball¬
platze.) Die bedrohende Kriegsgefahr aber wäre so handgreiflich geworden,
daß zuversichtlich die nachdrücklichsten beschwichtigenden Mediationsversuche von
allen Seiten in Fluß gekommen sein würden."

Auch in der in unserm vorigen Artikel mitgeteilten Depesche vom 11. Juli
1870 spricht Beust durchgehends als Freund Frankreichs, der ihm alles Gute
und in der vorliegenden Angelegenheit den besten Erfolg wünscht und nur daran
zweifelt und sich verletzt fühlt, weil es nicht den von ihm empfohlenen Weg
eingeschlagen hat. Er macht Napoleon und Gramont allerdings Vorwürfe
und zwar zuweilen in Ausdrücken, die an Grobheit grenzen, aber es ist doch
die Sprache verschmähter Liebe, welche sich bewußt ist, klug und im wahren
Interesse Frankreichs und gegen die Aussichten Preußens auf Erfolg sich zu
äußern, wenn er an Metternich schreibt, die Kandidatur des Prinzen von Hohen-
zollern sei an sich keine Thatsache gewesen, die notwendig zum Kriege habe
führen müssen, und dann fortfährt: "Wenn Frankreich bei diesem Vorfalle nicht
gleichgiltig blieb, so ist nichts mehr in der Ordnung. Wenn es hierin zu An¬
fang einen Mangel an Rücksicht und folglich eine Verletzung seiner Würde er¬
blickte, so ist nichts natürlicher. Wenn es erklärt, dadurch, daß ein preußischer
Prinz ^preußischer" ist unrichtig, er gehörte, wie wir sahen, nach Beust selbst,
"nicht dem regierenden Hause an") den Thron Spaniens besteigt, würden seine
Interessen bedroht, so ist das eine Sache, gegen die sich nichts einwenden ließe.
Es hatte hierin Gelegenheit, einen diplomatischen Feldzug zu beginnen, wo
Frankreich eine sehr schöne Rolle hatte, wo Preußen und Spanien offenbar im
Unrechte waren, und wo Europa ganz geneigt gewesen wäre, sich auf die Seite
Frankreichs zu stellen und auf die beiden andern Mächte einen Druck zu üben,
welcher zur Folge gehabt hätte, entweder auf friedlichem Wege den französischen
Interessen reichliche Befriedigung zu verschaffen oder der französischen Regie¬
rung einen großen moralischen Vorteil zu sichern, wenn sie durch Verweigerung
dieser Befriedigung gezwungen worden wäre, zu den Waffen zu greifen. Man
hätte Spanien in fester, aber maßvoller Sprache auseinandersetzen sollen, was
Frankreichs Interesse augenscheinlich erforderte. Ähnliche Erklärungen hätten
bei den fremden Kabinetten abgegeben werden sollen, und diese würden sich
beeilt haben, Frankreich ihren thätigen Beistand zur Beseitigung dieser Ursache


(Österreich und der deutsch-französische Krieg.

hätte eine Beteiligung Spaniens am Kriege zur Folge gehabt. Dagegen ist
einzuwenden, daß bei einer so entschiedenen Haltung Frankreichs, die in einer
materiellen maritimen Demonstration gegipfelt Hütte, es für Spanien ebenso
schwer gewesen sein würde, darauf mit einer Kriegserklärung zu antworten
^warum, sagt der Verfasser nicht), als es sür Preußen schwer gewesen wäre,
eines französisch-spanischen Konfliktes wegen das deutsche Volk uuter die Waffen
zu rufen, nur darum, weil die private Angelegenheit eines nicht einmal dem
regierenden Hause angehörende» Prinzen im Spiele war. Mes ist allerdings
eine richtige Vermutung des arglistigen Franzvsenfreundes am Wiener Ball¬
platze.) Die bedrohende Kriegsgefahr aber wäre so handgreiflich geworden,
daß zuversichtlich die nachdrücklichsten beschwichtigenden Mediationsversuche von
allen Seiten in Fluß gekommen sein würden."

Auch in der in unserm vorigen Artikel mitgeteilten Depesche vom 11. Juli
1870 spricht Beust durchgehends als Freund Frankreichs, der ihm alles Gute
und in der vorliegenden Angelegenheit den besten Erfolg wünscht und nur daran
zweifelt und sich verletzt fühlt, weil es nicht den von ihm empfohlenen Weg
eingeschlagen hat. Er macht Napoleon und Gramont allerdings Vorwürfe
und zwar zuweilen in Ausdrücken, die an Grobheit grenzen, aber es ist doch
die Sprache verschmähter Liebe, welche sich bewußt ist, klug und im wahren
Interesse Frankreichs und gegen die Aussichten Preußens auf Erfolg sich zu
äußern, wenn er an Metternich schreibt, die Kandidatur des Prinzen von Hohen-
zollern sei an sich keine Thatsache gewesen, die notwendig zum Kriege habe
führen müssen, und dann fortfährt: „Wenn Frankreich bei diesem Vorfalle nicht
gleichgiltig blieb, so ist nichts mehr in der Ordnung. Wenn es hierin zu An¬
fang einen Mangel an Rücksicht und folglich eine Verletzung seiner Würde er¬
blickte, so ist nichts natürlicher. Wenn es erklärt, dadurch, daß ein preußischer
Prinz ^preußischer« ist unrichtig, er gehörte, wie wir sahen, nach Beust selbst,
»nicht dem regierenden Hause an«) den Thron Spaniens besteigt, würden seine
Interessen bedroht, so ist das eine Sache, gegen die sich nichts einwenden ließe.
Es hatte hierin Gelegenheit, einen diplomatischen Feldzug zu beginnen, wo
Frankreich eine sehr schöne Rolle hatte, wo Preußen und Spanien offenbar im
Unrechte waren, und wo Europa ganz geneigt gewesen wäre, sich auf die Seite
Frankreichs zu stellen und auf die beiden andern Mächte einen Druck zu üben,
welcher zur Folge gehabt hätte, entweder auf friedlichem Wege den französischen
Interessen reichliche Befriedigung zu verschaffen oder der französischen Regie¬
rung einen großen moralischen Vorteil zu sichern, wenn sie durch Verweigerung
dieser Befriedigung gezwungen worden wäre, zu den Waffen zu greifen. Man
hätte Spanien in fester, aber maßvoller Sprache auseinandersetzen sollen, was
Frankreichs Interesse augenscheinlich erforderte. Ähnliche Erklärungen hätten
bei den fremden Kabinetten abgegeben werden sollen, und diese würden sich
beeilt haben, Frankreich ihren thätigen Beistand zur Beseitigung dieser Ursache


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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 47, 1888, Zweites Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341847_202776/408>, abgerufen am 27.07.2024.