Die Grenzboten. Jg. 47, 1888, Zweites Vierteljahr.Der Totenw") der Minister in Plius angesehen werden; denn es hatte entschiedn" Opportunisten zu Mitgliedern. Jetzt Der Totenw») der Minister in Plius angesehen werden; denn es hatte entschiedn« Opportunisten zu Mitgliedern. Jetzt <TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <pb facs="#f0149" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/202926"/> <fw type="header" place="top"> Der Totenw») der Minister in Plius</fw><lb/> <p xml:id="ID_497" prev="#ID_496" next="#ID_498"> angesehen werden; denn es hatte entschiedn« Opportunisten zu Mitgliedern. Jetzt<lb/> hat es auch vor der Volksvertretung sein Programm entwickelt, und man weis;,<lb/> was es zu thun und zu lassen gedenkt. Es liegt darin nichts Überraschendes<lb/> und wellig Neues. Die Erklärung, mit welcher der Amtsantritt des Koalitions-<lb/> ministcrinms erfolgte, wiederholt im allgemeinen die Redensarten, mit denen die<lb/> frühern Kabinette sich den Kammern vorstellten. Die Regierung schrickt nach<lb/> ihr vor keiner „sorgfältig ausgearbeiteten" Reform zurück, es eilt ihr also nicht<lb/> mit dem Anliegen der Radikalen; sie will „sich nur an die Spitze einer republi¬<lb/> kanische« Mehrheit stellen, um sie auf einen gedeihlichen Weg zu führen und<lb/> in ihren Reihen eine freiwillige Disziplin herzustellen, um so nach und nach die<lb/> Hoffnungen zu verwirklichen, welche die Nation auf die Republik gesetzt hat."<lb/> Was die Frage einer Verfassungsrevision (einer Umgestaltung des Senats) be¬<lb/> trifft, so erfordert diese nach Floquets Versicherung „die größte Ruhe und Über¬<lb/> legung." Die Regierung bittet also die Gesetzgeber um Geduld, sie sollen ver¬<lb/> trauensvoll warten, bis sie ihnen den günstigen Augenblick zu Reformen angeben<lb/> und das Einvernehmen zwischen beiden Kammern anbahnen kam?. Dann folgen<lb/> in dem Programm Versprechungen von allerhand guten Dingen: es sollen n. a.<lb/> Gesetzentwürfe über das Genossenschaftswesen, über eine endgiltige Regelung der<lb/> Beziehungen zwischen Staat und Kirche, über Einführung der weltlichen Gerichts¬<lb/> barkeit für die letztere und dergleichen mehr vorgelegt werden. Zum Schlüsse<lb/> heißt es: „Die neue Organisation unsrer nationalen Kräfte, die darin besteht,<lb/> daß wir unsre Maßregeln für die Verteidigung vermehren, erlaubt uns nicht<lb/> nur, uns der Achtung sicher zu fühlen, die man uns schuldig ist, sondern ist<lb/> auch eine Bürgschaft für den Frieden, dem wir aufrichtig zugethan sind. Rüster<lb/> wir uns also im Innern und nach außen hin zur Feier des glorreichen hun¬<lb/> dertsten Jahrestages von 1789, zu welchem Frankreich Gelehrte, Gewerbtrcibcnde<lb/> und Arbeiter der ganzen Welt eingeladen hat." Mit diesem Glaubensbekenntnis<lb/> oder diesem Mann betritt der bisherige radikale Präsident der Kammer, nun¬<lb/> mehr Präsident des Ministeriums, notgedrungen, denn es geht durchaus nicht<lb/> anders, wenn man nicht den Mut zu großen Wagnissen fühlt, ungefähr die¬<lb/> selben Wege, welche die von seiner Partei wiederholt bitter getadelten oppor¬<lb/> tunistischen Ministerien vor ihm wandelten. Er schiebt auf und verpflichtet sich<lb/> zu keiner wichtigen Reform. Die Forderung der Verfassmigsrevision, von dieser<lb/> Partei bisher als höchst dringend behandelt und damit der eigentliche Anlaß<lb/> zum Rücktritte Tirards geworden, ist jetzt ans einmal ein Verlangen, das reiflich<lb/> überlegt und geprüft sein will, ehe zu seiner Erledigung geschritten werden kann.<lb/> Ja noch mehr: Herr Floquet findet, daß die augenblickliche Lage ganz besonders<lb/> ungeeignet sei, diese hochwichtige Frage zu lösen, „wenn man sie nicht geradezu<lb/> als Bedrohung der republikanischen Grundsätze kompromittiren will." Hier war<lb/> Rhodus, und hier war gesinmmgstüchtig und parteimäßig zu springen, aber der<lb/> Matador der Radikalen zog vorsichtig vor, es zu unterlassen. Kritisiren und</p><lb/> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0149]
Der Totenw») der Minister in Plius
angesehen werden; denn es hatte entschiedn« Opportunisten zu Mitgliedern. Jetzt
hat es auch vor der Volksvertretung sein Programm entwickelt, und man weis;,
was es zu thun und zu lassen gedenkt. Es liegt darin nichts Überraschendes
und wellig Neues. Die Erklärung, mit welcher der Amtsantritt des Koalitions-
ministcrinms erfolgte, wiederholt im allgemeinen die Redensarten, mit denen die
frühern Kabinette sich den Kammern vorstellten. Die Regierung schrickt nach
ihr vor keiner „sorgfältig ausgearbeiteten" Reform zurück, es eilt ihr also nicht
mit dem Anliegen der Radikalen; sie will „sich nur an die Spitze einer republi¬
kanische« Mehrheit stellen, um sie auf einen gedeihlichen Weg zu führen und
in ihren Reihen eine freiwillige Disziplin herzustellen, um so nach und nach die
Hoffnungen zu verwirklichen, welche die Nation auf die Republik gesetzt hat."
Was die Frage einer Verfassungsrevision (einer Umgestaltung des Senats) be¬
trifft, so erfordert diese nach Floquets Versicherung „die größte Ruhe und Über¬
legung." Die Regierung bittet also die Gesetzgeber um Geduld, sie sollen ver¬
trauensvoll warten, bis sie ihnen den günstigen Augenblick zu Reformen angeben
und das Einvernehmen zwischen beiden Kammern anbahnen kam?. Dann folgen
in dem Programm Versprechungen von allerhand guten Dingen: es sollen n. a.
Gesetzentwürfe über das Genossenschaftswesen, über eine endgiltige Regelung der
Beziehungen zwischen Staat und Kirche, über Einführung der weltlichen Gerichts¬
barkeit für die letztere und dergleichen mehr vorgelegt werden. Zum Schlüsse
heißt es: „Die neue Organisation unsrer nationalen Kräfte, die darin besteht,
daß wir unsre Maßregeln für die Verteidigung vermehren, erlaubt uns nicht
nur, uns der Achtung sicher zu fühlen, die man uns schuldig ist, sondern ist
auch eine Bürgschaft für den Frieden, dem wir aufrichtig zugethan sind. Rüster
wir uns also im Innern und nach außen hin zur Feier des glorreichen hun¬
dertsten Jahrestages von 1789, zu welchem Frankreich Gelehrte, Gewerbtrcibcnde
und Arbeiter der ganzen Welt eingeladen hat." Mit diesem Glaubensbekenntnis
oder diesem Mann betritt der bisherige radikale Präsident der Kammer, nun¬
mehr Präsident des Ministeriums, notgedrungen, denn es geht durchaus nicht
anders, wenn man nicht den Mut zu großen Wagnissen fühlt, ungefähr die¬
selben Wege, welche die von seiner Partei wiederholt bitter getadelten oppor¬
tunistischen Ministerien vor ihm wandelten. Er schiebt auf und verpflichtet sich
zu keiner wichtigen Reform. Die Forderung der Verfassmigsrevision, von dieser
Partei bisher als höchst dringend behandelt und damit der eigentliche Anlaß
zum Rücktritte Tirards geworden, ist jetzt ans einmal ein Verlangen, das reiflich
überlegt und geprüft sein will, ehe zu seiner Erledigung geschritten werden kann.
Ja noch mehr: Herr Floquet findet, daß die augenblickliche Lage ganz besonders
ungeeignet sei, diese hochwichtige Frage zu lösen, „wenn man sie nicht geradezu
als Bedrohung der republikanischen Grundsätze kompromittiren will." Hier war
Rhodus, und hier war gesinmmgstüchtig und parteimäßig zu springen, aber der
Matador der Radikalen zog vorsichtig vor, es zu unterlassen. Kritisiren und
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