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Die Grenzboten. Jg. 47, 1888, Erstes Vierteljahr.

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Die Weimarer Gesamtausgabe von Goethes Werken.

zeichen, die freilich im "Faust" selten zur Anwendung kommen konnten, herrscht
dieselbe Ungleichmäßigkeit wie in den Gedichten. 443 ff. stehen solche vor jedem
Verse. 1224 wird "im Anfang war das Wort!" mit kleinem Anfangsbuchstaben,
in Anführungszeichen geschlossen, aber nicht die entsprechenden 29, 33 und 37.
Sie fehlen 1700, 2823--26, 34--40, 3318; im Intermezzo wird einmal eine
Antwort in solche geschlossen (4322), wogegen dies 4333 f. unterbleibt. Die
neueste Ausgabe hat hierbei keine Gleichmäßigkeit hergestellt. Wenn S. 258
behauptet wird, die kürzern lyrischen Stellen 1178 ff., 1194 ff. würden im Drucke
eingezogen, so ist dies nicht richtig; es geschieht dies auch 1259--1309 und ist
rein typographisch, wie wir es z. B. auch in den Gedichten finden, wo die in
kleinen Versen mehr in der Mitte beginnen als die mit größern, wovon die
beiden Lieder I, S. 98 ein sprechendes Beispiel sind. Daß die Hexenküche in
dieser Beziehung abweicht, ist eben ein Versehen des Druckes, das die neueste
Ausgabe, wie schon die spätern Cottaschen gethan, hätte berichtigen sollen. Wir
bemerken dies, weil ein neuerer Herausgeber solche eingezogenen Stellen ohne
weiteres für Gesänge erklärt hat.

Es ist Zeit, daß wir vom "Vorbericht" zu den uns vorliegenden Bänden
übergehen. Im ersten Bande nennt die Einleitung des "Lesarten" überschrie-
benen kritischen Anhanges als Bearbeiter der Gedichte Gustav von Löper. Die
drei ersten Bände sollen den Inhalt der entsprechenden der Ausgabe letzter
Hand wiedergeben. Goethe habe die Sammlung seiner Gedichte mit der Aus¬
gabe von 1815 für abgeschlossen angesehen, dann neue Sammlungen begonnen,
die er bei der Ausgabe letzter Hand den gedruckten hinzugefügt habe; diese
Ordnung müsse beibehalten werden. Sehen wir näher zu. Im Jahre 1806
wurden die lyrischen Gedichte aus drei verschiednen Sammlungen zu einem
Bande zusammengestellt; die folgende Ausgabe gab zwei Bände Gedichte. Hier
waren die Lieder des ersten Bandes vermehrt, eine besondre Abteilung als ge¬
sellige Lieder ausgesondert, die Balladen durch neue erweitert, dagegen die ver¬
mischten Gedichte für den zweiten Band zurückgelegt. In diesem wurden sie
zwei verschiednen Abteilungen zugewiesen, zu welchen dann ganz neue traten.
Hierdurch wurde der zweite Band dein ersten fast an Umfang gleich. Hatte
diese Ausgabe einen Band der Gedichte mehr gebracht, so sollte die letzter Hand
durch zwei vermehrt werden, die. um die Vermehrung deutlich hervortreten zu
lassen, als neu von ihnen ganz getrennt sich darstellten. Nur aus diesem Grunde
wurden die Gedichte, die eigentlich in Abteilungen der frühern Bände gehörten,
diesen nicht einverleibt, die neuen Balladen und Lieder unter einer sonderbar
"Lyrisches" überschriebenen Abteilung gegeben, nach zwei ganz neuen Abteilungen
Ergänzungen zu den schon vorhandenen "Kunst," "Parabolisch," "Epigram¬
matisch," dann Übersetzungen ("Ans fremden Sprachen"), endlich, um den eigent¬
lich abgeschlossenen, aber zu dünnen Band auszufüllen, die erste Hälfte der
"Xenien." Es war dies eine sehr bunte, bloß durch den damaligen Zweck be-


Die Weimarer Gesamtausgabe von Goethes Werken.

zeichen, die freilich im „Faust" selten zur Anwendung kommen konnten, herrscht
dieselbe Ungleichmäßigkeit wie in den Gedichten. 443 ff. stehen solche vor jedem
Verse. 1224 wird „im Anfang war das Wort!" mit kleinem Anfangsbuchstaben,
in Anführungszeichen geschlossen, aber nicht die entsprechenden 29, 33 und 37.
Sie fehlen 1700, 2823—26, 34—40, 3318; im Intermezzo wird einmal eine
Antwort in solche geschlossen (4322), wogegen dies 4333 f. unterbleibt. Die
neueste Ausgabe hat hierbei keine Gleichmäßigkeit hergestellt. Wenn S. 258
behauptet wird, die kürzern lyrischen Stellen 1178 ff., 1194 ff. würden im Drucke
eingezogen, so ist dies nicht richtig; es geschieht dies auch 1259—1309 und ist
rein typographisch, wie wir es z. B. auch in den Gedichten finden, wo die in
kleinen Versen mehr in der Mitte beginnen als die mit größern, wovon die
beiden Lieder I, S. 98 ein sprechendes Beispiel sind. Daß die Hexenküche in
dieser Beziehung abweicht, ist eben ein Versehen des Druckes, das die neueste
Ausgabe, wie schon die spätern Cottaschen gethan, hätte berichtigen sollen. Wir
bemerken dies, weil ein neuerer Herausgeber solche eingezogenen Stellen ohne
weiteres für Gesänge erklärt hat.

Es ist Zeit, daß wir vom „Vorbericht" zu den uns vorliegenden Bänden
übergehen. Im ersten Bande nennt die Einleitung des „Lesarten" überschrie-
benen kritischen Anhanges als Bearbeiter der Gedichte Gustav von Löper. Die
drei ersten Bände sollen den Inhalt der entsprechenden der Ausgabe letzter
Hand wiedergeben. Goethe habe die Sammlung seiner Gedichte mit der Aus¬
gabe von 1815 für abgeschlossen angesehen, dann neue Sammlungen begonnen,
die er bei der Ausgabe letzter Hand den gedruckten hinzugefügt habe; diese
Ordnung müsse beibehalten werden. Sehen wir näher zu. Im Jahre 1806
wurden die lyrischen Gedichte aus drei verschiednen Sammlungen zu einem
Bande zusammengestellt; die folgende Ausgabe gab zwei Bände Gedichte. Hier
waren die Lieder des ersten Bandes vermehrt, eine besondre Abteilung als ge¬
sellige Lieder ausgesondert, die Balladen durch neue erweitert, dagegen die ver¬
mischten Gedichte für den zweiten Band zurückgelegt. In diesem wurden sie
zwei verschiednen Abteilungen zugewiesen, zu welchen dann ganz neue traten.
Hierdurch wurde der zweite Band dein ersten fast an Umfang gleich. Hatte
diese Ausgabe einen Band der Gedichte mehr gebracht, so sollte die letzter Hand
durch zwei vermehrt werden, die. um die Vermehrung deutlich hervortreten zu
lassen, als neu von ihnen ganz getrennt sich darstellten. Nur aus diesem Grunde
wurden die Gedichte, die eigentlich in Abteilungen der frühern Bände gehörten,
diesen nicht einverleibt, die neuen Balladen und Lieder unter einer sonderbar
„Lyrisches" überschriebenen Abteilung gegeben, nach zwei ganz neuen Abteilungen
Ergänzungen zu den schon vorhandenen „Kunst," „Parabolisch," „Epigram¬
matisch," dann Übersetzungen („Ans fremden Sprachen"), endlich, um den eigent¬
lich abgeschlossenen, aber zu dünnen Band auszufüllen, die erste Hälfte der
„Xenien." Es war dies eine sehr bunte, bloß durch den damaligen Zweck be-


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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 47, 1888, Erstes Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341847_202098/92>, abgerufen am 28.09.2024.