Die Grenzboten. Jg. 47, 1888, Erstes Vierteljahr.Litteratur. des Weinhandels kennen zu lernen. Da muß ich denn sagen: ganz ohne das Litteratur. Esther. Die semitische Unmoral im Kampfe wider Staat und Kirche. Von C. Raden¬ Der Verfasser hält die Judenfrage nicht für eine religiöse, sondern für eine Litteratur. des Weinhandels kennen zu lernen. Da muß ich denn sagen: ganz ohne das Litteratur. Esther. Die semitische Unmoral im Kampfe wider Staat und Kirche. Von C. Raden¬ Der Verfasser hält die Judenfrage nicht für eine religiöse, sondern für eine <TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <pb facs="#f0671" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/202770"/> <fw type="header" place="top"> Litteratur.</fw><lb/> <p xml:id="ID_2335" prev="#ID_2334"> des Weinhandels kennen zu lernen. Da muß ich denn sagen: ganz ohne das<lb/> Gallisiren geht es nicht. Die Weine ans Rheinhessen »ut der untern Nahe,<lb/> die Moselweine und teilweise die Pfälzerwcine sind ohne verstündiges Gallisiren<lb/> in vielen, vielleicht den meisten Jahrgängen ganz ungenießbar. Sie werden<lb/> erst durch den Zusatz von Wasser und reinem Zucker zu einem für den mensch¬<lb/> lichen Genuß brauchbare» Getränk, zu dein, was wir unter Wein verstehen.<lb/> Soll man deshalb in den genannten Gegenden den Weinbau, der dort seither<lb/> der Hanptnahrungszweig vieler tausend Familien gewesen ist, ganz aufgeben,<lb/> oder soll man das gewonnene Erzeugnis in den vielen schlechten Jahren einfach<lb/> wegschütten? Ist es nicht vernünftiger, durch eine einfache, unschädliche Be-<lb/> handlungsweise, durch Zusatz unschädlicher, dem Weine an sich nicht fremder<lb/> Stoffe ein Getränk herzustellen, dessen Verkauf Zehntausende ernährt und dessen<lb/> Genuß Zehutausende erquickt und erfreut? Warum will man diesem Getränk<lb/> dadurch einen Makel anhängen, den es nicht verdient, indem man ihm die Be¬<lb/> rechtigung versagt, sich »Wem« zu nennen? Die Anhänger des Deklarations¬<lb/> zwanges gehen von der falschen Voraussetzung aus, daß der Wein ein Natur¬<lb/> produkt sei. Das ist er nicht. Er ist unter allen Umständen ein Kunstprodukt.<lb/> Der Traubensaft muß auch beim sogenannten Naturwein eine Reihe von Pro¬<lb/> zessen durchmachen, die zwar auf gewissen natürlichen Vorgängen beruhen, die<lb/> aber doch der menschlichen Hand, der Kunst bedürfen, um sich entwickeln zu<lb/> können. Wer einigermaßen die Weinproduktion kennt, weiß, welche sorgfältige<lb/> Behandlung, welche Kniistfertigkeit, ja sogar welche wissenschaftlichen Kenntnisse<lb/> dazu gehören, um die hochfeinen und auch die bessern Rheingauer Weine her¬<lb/> zustellen, auch wenn man ihnen keine Zusätze giebt. Man wird deshalb logischer¬<lb/> weise auch den Zusatz gewisser, dem Weine nicht fremder Stoffe, der es ebenso<lb/> wie die oben erwähnte Behandlung überhaupt erst ermöglicht, aus dem Trauben¬<lb/> safte geringerer Jahrgänge Wein zu machen, nicht als Veränderung des Weines<lb/> bezeichnen und uicht verlangen können, daß das gewonnene Produkt den Namen<lb/> Wein verliere.</p><lb/> <milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/> </div> <div n="1"> <head> Litteratur.</head><lb/> <p xml:id="ID_2336"> Esther. Die semitische Unmoral im Kampfe wider Staat und Kirche. Von C. Raden¬<lb/> hausen. Leipzig, Thiele, 1887.</p><lb/> <p xml:id="ID_2337" next="#ID_2338"> Der Verfasser hält die Judenfrage nicht für eine religiöse, sondern für eine<lb/> sittliche und volkswirtschaftliche Frage, deren innere Bedeutung auf die Rasscnver-<lb/> schiedenheit der Arier und Semiten zurückgeführt werden müsse. Damit stellt er<lb/> sich auf die Seite jener Antisemiten, welche den Kampf wider das Judentum als<lb/> Rassenkampf unternehmen. Aber ethische Fragen sind uicht lediglich Rassenfragen,<lb/> weder an sich, noch auch in der geschichtlichen Gestaltung der Dinge. Man kann<lb/> nnniöglich, wie der Verfasser thut, einen Unterschied der arischen von der semitischen</p><lb/> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0671]
Litteratur.
des Weinhandels kennen zu lernen. Da muß ich denn sagen: ganz ohne das
Gallisiren geht es nicht. Die Weine ans Rheinhessen »ut der untern Nahe,
die Moselweine und teilweise die Pfälzerwcine sind ohne verstündiges Gallisiren
in vielen, vielleicht den meisten Jahrgängen ganz ungenießbar. Sie werden
erst durch den Zusatz von Wasser und reinem Zucker zu einem für den mensch¬
lichen Genuß brauchbare» Getränk, zu dein, was wir unter Wein verstehen.
Soll man deshalb in den genannten Gegenden den Weinbau, der dort seither
der Hanptnahrungszweig vieler tausend Familien gewesen ist, ganz aufgeben,
oder soll man das gewonnene Erzeugnis in den vielen schlechten Jahren einfach
wegschütten? Ist es nicht vernünftiger, durch eine einfache, unschädliche Be-
handlungsweise, durch Zusatz unschädlicher, dem Weine an sich nicht fremder
Stoffe ein Getränk herzustellen, dessen Verkauf Zehntausende ernährt und dessen
Genuß Zehutausende erquickt und erfreut? Warum will man diesem Getränk
dadurch einen Makel anhängen, den es nicht verdient, indem man ihm die Be¬
rechtigung versagt, sich »Wem« zu nennen? Die Anhänger des Deklarations¬
zwanges gehen von der falschen Voraussetzung aus, daß der Wein ein Natur¬
produkt sei. Das ist er nicht. Er ist unter allen Umständen ein Kunstprodukt.
Der Traubensaft muß auch beim sogenannten Naturwein eine Reihe von Pro¬
zessen durchmachen, die zwar auf gewissen natürlichen Vorgängen beruhen, die
aber doch der menschlichen Hand, der Kunst bedürfen, um sich entwickeln zu
können. Wer einigermaßen die Weinproduktion kennt, weiß, welche sorgfältige
Behandlung, welche Kniistfertigkeit, ja sogar welche wissenschaftlichen Kenntnisse
dazu gehören, um die hochfeinen und auch die bessern Rheingauer Weine her¬
zustellen, auch wenn man ihnen keine Zusätze giebt. Man wird deshalb logischer¬
weise auch den Zusatz gewisser, dem Weine nicht fremder Stoffe, der es ebenso
wie die oben erwähnte Behandlung überhaupt erst ermöglicht, aus dem Trauben¬
safte geringerer Jahrgänge Wein zu machen, nicht als Veränderung des Weines
bezeichnen und uicht verlangen können, daß das gewonnene Produkt den Namen
Wein verliere.
Litteratur.
Esther. Die semitische Unmoral im Kampfe wider Staat und Kirche. Von C. Raden¬
hausen. Leipzig, Thiele, 1887.
Der Verfasser hält die Judenfrage nicht für eine religiöse, sondern für eine
sittliche und volkswirtschaftliche Frage, deren innere Bedeutung auf die Rasscnver-
schiedenheit der Arier und Semiten zurückgeführt werden müsse. Damit stellt er
sich auf die Seite jener Antisemiten, welche den Kampf wider das Judentum als
Rassenkampf unternehmen. Aber ethische Fragen sind uicht lediglich Rassenfragen,
weder an sich, noch auch in der geschichtlichen Gestaltung der Dinge. Man kann
nnniöglich, wie der Verfasser thut, einen Unterschied der arischen von der semitischen
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