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Die Grenzboten. Jg. 47, 1888, Erstes Vierteljahr.

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Der Verkehr mit wein.

bezeichneten Stoffe, nämlich Boriumverbindungen, metallisches Blei oder Blei-
Verbindungen, Glyzerin, Kermesbeeren, Magnesiumverbindungen, Salicylsäure,
unreiner (freien Amylalkohol enthaltenden) Sprit, unkrystallisirten Stärkezucker,
Theerfarbstosfe oder Gemische, welche einen dieser Stoffe enthalten, dürfen
Wein, weinhaltigen und weiiicihnlichen Getränken, welche bestimmt sind, als
Nahrungs- oder Genußmittel zu dienen, bei oder nach der Herstellung nicht bei¬
gemischt werden. Dasselbe gilt von löslichen Aluminiumsalzen (Alaun u. s. w.)
und solche Stoffe enthaltenden Gemischen. Der Zusatz derselben zu Schaum¬
weinen unterliegt diesem Verbote jedoch nur, insoweit infolge dessen in
einem Liter des fertigen Getränkes mehr als 0,01 Grad Alaun enthalten ist.
§ 2. Weine, weinhaltige und weinähnliche Getränke, welche den Vorschriften
des Z 1 zuwider einer der dort bezeichneten Stoffe zugesetzt ist oder deren
Gehalt an Schwefelsäure in einem Liter Flüssigkeit mehr beträgt, als sich in
zwei Gramm neutralem schwefelsauren Kaliums vorfindet, dürfen gewerbsmäßig
weder feilgehalten noch verkauft werden. K 3. Wer den Vorschriften der §§ 1
oder 2 vorsätzlich zuwiderhandelt, wird mit Gefängnis bis zu sechs Monaten
und Geldstrafe bis zu eintausendfünfhnndert Mark oder mit einer dieser Strafen
bestraft. Ist die Handlung aus Fahrlässigkeit begangen worden, so tritt Geld¬
strafe bis zu einhundertundfünfzig Mark oder Haft ein. § 4. Neben der Strafe
kann auf Einziehung der Getränke erkannt werden, welche den Vorschriften der
1 oder 2 zuwider hergestellt, verkauft oder feilgehalten sind, ohne Unter¬
schied, ob sie dem Verurteilten gehören oder nicht. Ist die Verfolgung oder
Verurteilung einer bestimmten Person nicht ausführbar, so kann auf die Ein¬
ziehung selbständig erkannt werden. Z 5. Die Vorschriften des Gesetzes be¬
treffend den Verkehr mit Nahrungsmitteln, Genußmitteln und Gebrauchsgegen¬
ständen vom 14. Mai 1379 bleiben unberührt. Die Vorschriften in den HZ 16
(Veröffentlichung) und 17 desselben finden auch bei Zuwiderhandlungen gegen
die Vorschriften dieses Gesetz Anwendung, s 6. Der Termin des Inkraft¬
tretens ist vorbehalten."

Man sieht, der Gesetzentwurf regelt nicht die ganze Weinfrage. Er begnügt
sich mit der Regelung des gesundheitlichen Teiles derselben. So enge dieser
Rahmen auch zu sein scheint, so bedeutungsvoll ist doch in Wahrheit die Vor¬
lage. Sie schließt insbesondre über die Verwendung einzelner Stoffe jeglichen
Zweifel aus. Bei Annahme des Gesetzes wird der Produzent genau wissen,
daß die genannten Stoffe nicht verwendbar sind. Der Händler wird Wein,
der diese Stoffe enthält, ohne weiteres zurückweisen, und endlich der Richter
wird viel leichter sein Urteil fällen können. Die Sachverständigen haben sich
überhaupt nicht mehr über die Verfälschung oder Gesundheitsschädlichkeit der
Stoffe zu äußern, es genügt die einfache Erklärung, daß die verbotenen Stoffe
in dem Getränke enthalten sind, und die Verurteilung kaun erfolgen. Es ist
das zweifellos ein großer Schritt vorwärts.


Der Verkehr mit wein.

bezeichneten Stoffe, nämlich Boriumverbindungen, metallisches Blei oder Blei-
Verbindungen, Glyzerin, Kermesbeeren, Magnesiumverbindungen, Salicylsäure,
unreiner (freien Amylalkohol enthaltenden) Sprit, unkrystallisirten Stärkezucker,
Theerfarbstosfe oder Gemische, welche einen dieser Stoffe enthalten, dürfen
Wein, weinhaltigen und weiiicihnlichen Getränken, welche bestimmt sind, als
Nahrungs- oder Genußmittel zu dienen, bei oder nach der Herstellung nicht bei¬
gemischt werden. Dasselbe gilt von löslichen Aluminiumsalzen (Alaun u. s. w.)
und solche Stoffe enthaltenden Gemischen. Der Zusatz derselben zu Schaum¬
weinen unterliegt diesem Verbote jedoch nur, insoweit infolge dessen in
einem Liter des fertigen Getränkes mehr als 0,01 Grad Alaun enthalten ist.
§ 2. Weine, weinhaltige und weinähnliche Getränke, welche den Vorschriften
des Z 1 zuwider einer der dort bezeichneten Stoffe zugesetzt ist oder deren
Gehalt an Schwefelsäure in einem Liter Flüssigkeit mehr beträgt, als sich in
zwei Gramm neutralem schwefelsauren Kaliums vorfindet, dürfen gewerbsmäßig
weder feilgehalten noch verkauft werden. K 3. Wer den Vorschriften der §§ 1
oder 2 vorsätzlich zuwiderhandelt, wird mit Gefängnis bis zu sechs Monaten
und Geldstrafe bis zu eintausendfünfhnndert Mark oder mit einer dieser Strafen
bestraft. Ist die Handlung aus Fahrlässigkeit begangen worden, so tritt Geld¬
strafe bis zu einhundertundfünfzig Mark oder Haft ein. § 4. Neben der Strafe
kann auf Einziehung der Getränke erkannt werden, welche den Vorschriften der
1 oder 2 zuwider hergestellt, verkauft oder feilgehalten sind, ohne Unter¬
schied, ob sie dem Verurteilten gehören oder nicht. Ist die Verfolgung oder
Verurteilung einer bestimmten Person nicht ausführbar, so kann auf die Ein¬
ziehung selbständig erkannt werden. Z 5. Die Vorschriften des Gesetzes be¬
treffend den Verkehr mit Nahrungsmitteln, Genußmitteln und Gebrauchsgegen¬
ständen vom 14. Mai 1379 bleiben unberührt. Die Vorschriften in den HZ 16
(Veröffentlichung) und 17 desselben finden auch bei Zuwiderhandlungen gegen
die Vorschriften dieses Gesetz Anwendung, s 6. Der Termin des Inkraft¬
tretens ist vorbehalten."

Man sieht, der Gesetzentwurf regelt nicht die ganze Weinfrage. Er begnügt
sich mit der Regelung des gesundheitlichen Teiles derselben. So enge dieser
Rahmen auch zu sein scheint, so bedeutungsvoll ist doch in Wahrheit die Vor¬
lage. Sie schließt insbesondre über die Verwendung einzelner Stoffe jeglichen
Zweifel aus. Bei Annahme des Gesetzes wird der Produzent genau wissen,
daß die genannten Stoffe nicht verwendbar sind. Der Händler wird Wein,
der diese Stoffe enthält, ohne weiteres zurückweisen, und endlich der Richter
wird viel leichter sein Urteil fällen können. Die Sachverständigen haben sich
überhaupt nicht mehr über die Verfälschung oder Gesundheitsschädlichkeit der
Stoffe zu äußern, es genügt die einfache Erklärung, daß die verbotenen Stoffe
in dem Getränke enthalten sind, und die Verurteilung kaun erfolgen. Es ist
das zweifellos ein großer Schritt vorwärts.


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[0666] Der Verkehr mit wein. bezeichneten Stoffe, nämlich Boriumverbindungen, metallisches Blei oder Blei- Verbindungen, Glyzerin, Kermesbeeren, Magnesiumverbindungen, Salicylsäure, unreiner (freien Amylalkohol enthaltenden) Sprit, unkrystallisirten Stärkezucker, Theerfarbstosfe oder Gemische, welche einen dieser Stoffe enthalten, dürfen Wein, weinhaltigen und weiiicihnlichen Getränken, welche bestimmt sind, als Nahrungs- oder Genußmittel zu dienen, bei oder nach der Herstellung nicht bei¬ gemischt werden. Dasselbe gilt von löslichen Aluminiumsalzen (Alaun u. s. w.) und solche Stoffe enthaltenden Gemischen. Der Zusatz derselben zu Schaum¬ weinen unterliegt diesem Verbote jedoch nur, insoweit infolge dessen in einem Liter des fertigen Getränkes mehr als 0,01 Grad Alaun enthalten ist. § 2. Weine, weinhaltige und weinähnliche Getränke, welche den Vorschriften des Z 1 zuwider einer der dort bezeichneten Stoffe zugesetzt ist oder deren Gehalt an Schwefelsäure in einem Liter Flüssigkeit mehr beträgt, als sich in zwei Gramm neutralem schwefelsauren Kaliums vorfindet, dürfen gewerbsmäßig weder feilgehalten noch verkauft werden. K 3. Wer den Vorschriften der §§ 1 oder 2 vorsätzlich zuwiderhandelt, wird mit Gefängnis bis zu sechs Monaten und Geldstrafe bis zu eintausendfünfhnndert Mark oder mit einer dieser Strafen bestraft. Ist die Handlung aus Fahrlässigkeit begangen worden, so tritt Geld¬ strafe bis zu einhundertundfünfzig Mark oder Haft ein. § 4. Neben der Strafe kann auf Einziehung der Getränke erkannt werden, welche den Vorschriften der 1 oder 2 zuwider hergestellt, verkauft oder feilgehalten sind, ohne Unter¬ schied, ob sie dem Verurteilten gehören oder nicht. Ist die Verfolgung oder Verurteilung einer bestimmten Person nicht ausführbar, so kann auf die Ein¬ ziehung selbständig erkannt werden. Z 5. Die Vorschriften des Gesetzes be¬ treffend den Verkehr mit Nahrungsmitteln, Genußmitteln und Gebrauchsgegen¬ ständen vom 14. Mai 1379 bleiben unberührt. Die Vorschriften in den HZ 16 (Veröffentlichung) und 17 desselben finden auch bei Zuwiderhandlungen gegen die Vorschriften dieses Gesetz Anwendung, s 6. Der Termin des Inkraft¬ tretens ist vorbehalten." Man sieht, der Gesetzentwurf regelt nicht die ganze Weinfrage. Er begnügt sich mit der Regelung des gesundheitlichen Teiles derselben. So enge dieser Rahmen auch zu sein scheint, so bedeutungsvoll ist doch in Wahrheit die Vor¬ lage. Sie schließt insbesondre über die Verwendung einzelner Stoffe jeglichen Zweifel aus. Bei Annahme des Gesetzes wird der Produzent genau wissen, daß die genannten Stoffe nicht verwendbar sind. Der Händler wird Wein, der diese Stoffe enthält, ohne weiteres zurückweisen, und endlich der Richter wird viel leichter sein Urteil fällen können. Die Sachverständigen haben sich überhaupt nicht mehr über die Verfälschung oder Gesundheitsschädlichkeit der Stoffe zu äußern, es genügt die einfache Erklärung, daß die verbotenen Stoffe in dem Getränke enthalten sind, und die Verurteilung kaun erfolgen. Es ist das zweifellos ein großer Schritt vorwärts.

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 47, 1888, Erstes Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341847_202098/666>, abgerufen am 28.09.2024.