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Die Grenzboten. Jg. 47, 1888, Erstes Vierteljahr.

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Der Verkehr mit Ivein.

Regel geliefert werden, 5. Das Versetze" des Mostes und des Weines mit
Gips, Alaun oder Bleisalzen ist gesundheitsgesährlich. Der Nachweis solcher
Zusätze ist leicht zu liefern, 6. Zur Konservirung des Weines ist das Pasteuri-
siren zu empfehlen. Zusatz von schwefeliger Säure durch Ausbrennen der Fässer
mit Schwefel ist nur in beschränkten! Maße und unter Verwendung arscnik-
freicn Schwefels zu gestatten. 7. Flüssigkeiten, welche bisher unter dem Namen
"Wein" in den Handel gebracht wurden und welche durch Vermischen von Wasser
mit Weingeist, Zucker, Weinstein, Ätherölen, riechenden Essenzen u. s. w. herge¬
stellt sind, dürfen (mag denselben ein Zusatz von Wein gegeben werden oder
nicht) nicht als Wein, sondern müssen unter anderen, bestimmt unterscheidenden
Namen verkauft werden.

Zum bessern Verständnis ist es erforderlich, zunächst die Begriffe des
Chciptalisirens, Gallisireus und Petiotisireus zu erläutern, da diese am häufigsten
vorkommenden Veränderungen des vergohrenen Traubensaftes, die ja auch die
Kommission für zulässig erklärt hat, in den nachstehenden Ausführungen
erwähnt werden müssen und ohne ihre Kenntnis ein Verständnis der Weiu-
frage kaun, möglich ist.

Das Verfahren des Chaptalisirens, das seinen Namen nach dem franzö¬
sischen Chemiker Chaptal trügt, besteht darin, daß man einem zu sauern Moste
unter Anwendung bestimmter, hier nicht weiter zu erörteuder Berechnungen den
Säureüberschuß vermittelst gemahlenen weißen Marmors entzieht und ihm gleich¬
zeitig einen Zusatz einer gewissen Menge Rohrzuckers giebt (statt dessen aber
anch Stärkezucker zur Verwendung kommt). Eine Vermehrung des Weines
findet also hier nicht statt. Der erzeugte Wein ist somit ärmer an Säure,
reicher an Alkohol und vielleicht auch an Zucker. Das Gallisiren, genannt nach
seinem Erfinder Dr. L. Gall, bezweckt ebenfalls eine Verminderung der freien
Säure und eine Steigerung des Alkoholgehaltes, ergiebt aber auch zugleich eine
Vermehrung des Weines selbst. Gall ging von der Annahme aus, daß zur
Erzielung eines guten Weines der Most eine bestimmte Zusammensetzung er¬
halten müsse, und stellte einen Normalmost von einem bestimmten Gehalte an
Zucker, Wasser und freier Säure auf. Nimmt man z. B. an, ein guter Most
müsse 20 Prozent Zucker und 0,5 Prozent freie Säure enthalten, und hat man
einen solchen, der 10 Prozent Zucker und 1 Prozent Säure enthält, so liefert
folgende Mischung das gewünschte Ergebnis:

in 100 Kilogramm Most 1 Kilogramm Säure 10 Kilogramm Zucker,
" 70 " Wasser V " " 0
.. 30 " Zucker 0 _30 _
in 200 Kilogramm 1 Kilogramm Säure 40 Kilogramm Zucker,

oder

in 100 Kilogramm 0,5 Kilogramm Säure 20 Kilogramm Zucker.

Der Verkehr mit Ivein.

Regel geliefert werden, 5. Das Versetze» des Mostes und des Weines mit
Gips, Alaun oder Bleisalzen ist gesundheitsgesährlich. Der Nachweis solcher
Zusätze ist leicht zu liefern, 6. Zur Konservirung des Weines ist das Pasteuri-
siren zu empfehlen. Zusatz von schwefeliger Säure durch Ausbrennen der Fässer
mit Schwefel ist nur in beschränkten! Maße und unter Verwendung arscnik-
freicn Schwefels zu gestatten. 7. Flüssigkeiten, welche bisher unter dem Namen
„Wein" in den Handel gebracht wurden und welche durch Vermischen von Wasser
mit Weingeist, Zucker, Weinstein, Ätherölen, riechenden Essenzen u. s. w. herge¬
stellt sind, dürfen (mag denselben ein Zusatz von Wein gegeben werden oder
nicht) nicht als Wein, sondern müssen unter anderen, bestimmt unterscheidenden
Namen verkauft werden.

Zum bessern Verständnis ist es erforderlich, zunächst die Begriffe des
Chciptalisirens, Gallisireus und Petiotisireus zu erläutern, da diese am häufigsten
vorkommenden Veränderungen des vergohrenen Traubensaftes, die ja auch die
Kommission für zulässig erklärt hat, in den nachstehenden Ausführungen
erwähnt werden müssen und ohne ihre Kenntnis ein Verständnis der Weiu-
frage kaun, möglich ist.

Das Verfahren des Chaptalisirens, das seinen Namen nach dem franzö¬
sischen Chemiker Chaptal trügt, besteht darin, daß man einem zu sauern Moste
unter Anwendung bestimmter, hier nicht weiter zu erörteuder Berechnungen den
Säureüberschuß vermittelst gemahlenen weißen Marmors entzieht und ihm gleich¬
zeitig einen Zusatz einer gewissen Menge Rohrzuckers giebt (statt dessen aber
anch Stärkezucker zur Verwendung kommt). Eine Vermehrung des Weines
findet also hier nicht statt. Der erzeugte Wein ist somit ärmer an Säure,
reicher an Alkohol und vielleicht auch an Zucker. Das Gallisiren, genannt nach
seinem Erfinder Dr. L. Gall, bezweckt ebenfalls eine Verminderung der freien
Säure und eine Steigerung des Alkoholgehaltes, ergiebt aber auch zugleich eine
Vermehrung des Weines selbst. Gall ging von der Annahme aus, daß zur
Erzielung eines guten Weines der Most eine bestimmte Zusammensetzung er¬
halten müsse, und stellte einen Normalmost von einem bestimmten Gehalte an
Zucker, Wasser und freier Säure auf. Nimmt man z. B. an, ein guter Most
müsse 20 Prozent Zucker und 0,5 Prozent freie Säure enthalten, und hat man
einen solchen, der 10 Prozent Zucker und 1 Prozent Säure enthält, so liefert
folgende Mischung das gewünschte Ergebnis:

in 100 Kilogramm Most 1 Kilogramm Säure 10 Kilogramm Zucker,
„ 70 „ Wasser V „ „ 0
.. 30 „ Zucker 0 _30 _
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[0663] Der Verkehr mit Ivein. Regel geliefert werden, 5. Das Versetze» des Mostes und des Weines mit Gips, Alaun oder Bleisalzen ist gesundheitsgesährlich. Der Nachweis solcher Zusätze ist leicht zu liefern, 6. Zur Konservirung des Weines ist das Pasteuri- siren zu empfehlen. Zusatz von schwefeliger Säure durch Ausbrennen der Fässer mit Schwefel ist nur in beschränkten! Maße und unter Verwendung arscnik- freicn Schwefels zu gestatten. 7. Flüssigkeiten, welche bisher unter dem Namen „Wein" in den Handel gebracht wurden und welche durch Vermischen von Wasser mit Weingeist, Zucker, Weinstein, Ätherölen, riechenden Essenzen u. s. w. herge¬ stellt sind, dürfen (mag denselben ein Zusatz von Wein gegeben werden oder nicht) nicht als Wein, sondern müssen unter anderen, bestimmt unterscheidenden Namen verkauft werden. Zum bessern Verständnis ist es erforderlich, zunächst die Begriffe des Chciptalisirens, Gallisireus und Petiotisireus zu erläutern, da diese am häufigsten vorkommenden Veränderungen des vergohrenen Traubensaftes, die ja auch die Kommission für zulässig erklärt hat, in den nachstehenden Ausführungen erwähnt werden müssen und ohne ihre Kenntnis ein Verständnis der Weiu- frage kaun, möglich ist. Das Verfahren des Chaptalisirens, das seinen Namen nach dem franzö¬ sischen Chemiker Chaptal trügt, besteht darin, daß man einem zu sauern Moste unter Anwendung bestimmter, hier nicht weiter zu erörteuder Berechnungen den Säureüberschuß vermittelst gemahlenen weißen Marmors entzieht und ihm gleich¬ zeitig einen Zusatz einer gewissen Menge Rohrzuckers giebt (statt dessen aber anch Stärkezucker zur Verwendung kommt). Eine Vermehrung des Weines findet also hier nicht statt. Der erzeugte Wein ist somit ärmer an Säure, reicher an Alkohol und vielleicht auch an Zucker. Das Gallisiren, genannt nach seinem Erfinder Dr. L. Gall, bezweckt ebenfalls eine Verminderung der freien Säure und eine Steigerung des Alkoholgehaltes, ergiebt aber auch zugleich eine Vermehrung des Weines selbst. Gall ging von der Annahme aus, daß zur Erzielung eines guten Weines der Most eine bestimmte Zusammensetzung er¬ halten müsse, und stellte einen Normalmost von einem bestimmten Gehalte an Zucker, Wasser und freier Säure auf. Nimmt man z. B. an, ein guter Most müsse 20 Prozent Zucker und 0,5 Prozent freie Säure enthalten, und hat man einen solchen, der 10 Prozent Zucker und 1 Prozent Säure enthält, so liefert folgende Mischung das gewünschte Ergebnis: in 100 Kilogramm Most 1 Kilogramm Säure 10 Kilogramm Zucker, „ 70 „ Wasser V „ „ 0 .. 30 „ Zucker 0 _30 _ in 200 Kilogramm 1 Kilogramm Säure 40 Kilogramm Zucker, oder in 100 Kilogramm 0,5 Kilogramm Säure 20 Kilogramm Zucker.

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 47, 1888, Erstes Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341847_202098/663>, abgerufen am 28.09.2024.