Die Grenzboten. Jg. 47, 1888, Erstes Vierteljahr.Die Nationalliberalen und die Äeutschfreisinnigen. können, daß in ihrer Mitte eine anarchische Republik entsteht, welche die Nach¬ Die Nationalliberalen und die Deutschfreisinnigen. u keiner Zeit sind die Deutschfreisinnigen, die alte Fortschritts¬ Wie sehr diese Verschiedenheit des politischen Denkens vorhanden ist, wollen Die Nationalliberalen und die Äeutschfreisinnigen. können, daß in ihrer Mitte eine anarchische Republik entsteht, welche die Nach¬ Die Nationalliberalen und die Deutschfreisinnigen. u keiner Zeit sind die Deutschfreisinnigen, die alte Fortschritts¬ Wie sehr diese Verschiedenheit des politischen Denkens vorhanden ist, wollen <TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <pb facs="#f0486" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/202585"/> <fw type="header" place="top"> Die Nationalliberalen und die Äeutschfreisinnigen.</fw><lb/> <p xml:id="ID_1821" prev="#ID_1820"> können, daß in ihrer Mitte eine anarchische Republik entsteht, welche die Nach¬<lb/> barstaaten revolutionisirt. Treffend hat dies aus Anlaß des Fischerschen<lb/> Zwischcnfalls die Zuschrift eines ausländischen Staatsmanns an eine Schweizer<lb/> Zeitung ausgeführt. Auch die besonnene öffentliche Meinung in Deutschland<lb/> beginnt allmählich einzusehen, daß die Schweiz ihre nachbarlichen Pflichten gegen<lb/> uns verletzt. Die deutsche Langmut ist groß, umso nachhaltiger aber auch der<lb/> deutsche Zorn.</p><lb/> <milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/> </div> <div n="1"> <head> Die Nationalliberalen und die Deutschfreisinnigen.</head><lb/> <p xml:id="ID_1822"> u keiner Zeit sind die Deutschfreisinnigen, die alte Fortschritts¬<lb/> partei, auf die Nationalliberalen so erbittert gewesen als jetzt.<lb/> Es giebt kein Schmähwort, womit man einen unredlichen Ab¬<lb/> trünnigen beehrt, das nicht seit Beginn der jetzigen Legislatur¬<lb/> periode gegen die vielumworbenen Freunde von ehemals gebraucht<lb/> worden wäre und noch gebraucht wird. Das ist auch begreiflich. Seitdem die<lb/> Nativnalliberalen erfahren haben, daß sie im Bündnis mit den beiden konser¬<lb/> vativen Parteien fruchtbringend und heilsam für das Vaterland arbeiten können,<lb/> steht dieses Bündnis bei ihnen fest, umso fester, als sich vieler derselben ein<lb/> Widerwille gegen das Gewerbe der politischen und sozialen Brunnenvergiftung<lb/> bemächtigt hat, das feit der Verquickung der „wirklich Liberalen" mit den<lb/> Sozialdemokraten einerseits und mit den Ultramontanen anderseits von den<lb/> echten Fortschrittlern betrieben wird. Die Nationalliberalen aber wissen, daß<lb/> diejenigen Schichten der Bevölkerung, denen sie ihr politisches Mandat ver¬<lb/> danken, für ihr Zusammenarbeiten mit den konservativen Parteien ein volles<lb/> Verständnis haben, und daß es den Deutschfreisinnigen bis jetzt unmöglich ge¬<lb/> wesen ist, die öffentliche Meinung über ihr politisches Handeln zu verwirren;<lb/> auch dürfen sie aus vielen Anzeichen hoffen, daß das Verständnis für politische<lb/> Dinge im Volke so bleibt; hauptsächlich aber ist eine dauernde Lossagung der¬<lb/> selben von der Fortschrittspartei darum anzunehmen, weil es sich immer deut¬<lb/> licher und schärfer herausstellt, daß die Geister auf beiden Seiten, der national-<lb/> liberalen und der freisinnigen, verschieden geartet sind. Je ernster die auswärtige<lb/> und die innere Lage des Vaterlandes geworden ist, desto mehr hat sich diese<lb/> Verschiedenheit der Denkungsart gezeigt. Auch diese Wahrnehmung kann nur<lb/> den Haß der Fortschrittspartei steigern.</p><lb/> <p xml:id="ID_1823" next="#ID_1824"> Wie sehr diese Verschiedenheit des politischen Denkens vorhanden ist, wollen<lb/> wir im folgenden dadurch zeigen, daß wir die Bestrebungen der Deutschfrei-</p><lb/> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0486]
Die Nationalliberalen und die Äeutschfreisinnigen.
können, daß in ihrer Mitte eine anarchische Republik entsteht, welche die Nach¬
barstaaten revolutionisirt. Treffend hat dies aus Anlaß des Fischerschen
Zwischcnfalls die Zuschrift eines ausländischen Staatsmanns an eine Schweizer
Zeitung ausgeführt. Auch die besonnene öffentliche Meinung in Deutschland
beginnt allmählich einzusehen, daß die Schweiz ihre nachbarlichen Pflichten gegen
uns verletzt. Die deutsche Langmut ist groß, umso nachhaltiger aber auch der
deutsche Zorn.
Die Nationalliberalen und die Deutschfreisinnigen.
u keiner Zeit sind die Deutschfreisinnigen, die alte Fortschritts¬
partei, auf die Nationalliberalen so erbittert gewesen als jetzt.
Es giebt kein Schmähwort, womit man einen unredlichen Ab¬
trünnigen beehrt, das nicht seit Beginn der jetzigen Legislatur¬
periode gegen die vielumworbenen Freunde von ehemals gebraucht
worden wäre und noch gebraucht wird. Das ist auch begreiflich. Seitdem die
Nativnalliberalen erfahren haben, daß sie im Bündnis mit den beiden konser¬
vativen Parteien fruchtbringend und heilsam für das Vaterland arbeiten können,
steht dieses Bündnis bei ihnen fest, umso fester, als sich vieler derselben ein
Widerwille gegen das Gewerbe der politischen und sozialen Brunnenvergiftung
bemächtigt hat, das feit der Verquickung der „wirklich Liberalen" mit den
Sozialdemokraten einerseits und mit den Ultramontanen anderseits von den
echten Fortschrittlern betrieben wird. Die Nationalliberalen aber wissen, daß
diejenigen Schichten der Bevölkerung, denen sie ihr politisches Mandat ver¬
danken, für ihr Zusammenarbeiten mit den konservativen Parteien ein volles
Verständnis haben, und daß es den Deutschfreisinnigen bis jetzt unmöglich ge¬
wesen ist, die öffentliche Meinung über ihr politisches Handeln zu verwirren;
auch dürfen sie aus vielen Anzeichen hoffen, daß das Verständnis für politische
Dinge im Volke so bleibt; hauptsächlich aber ist eine dauernde Lossagung der¬
selben von der Fortschrittspartei darum anzunehmen, weil es sich immer deut¬
licher und schärfer herausstellt, daß die Geister auf beiden Seiten, der national-
liberalen und der freisinnigen, verschieden geartet sind. Je ernster die auswärtige
und die innere Lage des Vaterlandes geworden ist, desto mehr hat sich diese
Verschiedenheit der Denkungsart gezeigt. Auch diese Wahrnehmung kann nur
den Haß der Fortschrittspartei steigern.
Wie sehr diese Verschiedenheit des politischen Denkens vorhanden ist, wollen
wir im folgenden dadurch zeigen, daß wir die Bestrebungen der Deutschfrei-
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