Die Grenzboten. Jg. 47, 1888, Erstes Vierteljahr.Die Denkwürdigkeiten des Herzogs Lrnst. Frankfurt, die der Herzog selbst nach einem ihnen von ihm abgestatteten Besuche Wir haben oben einen Brief des Herzogs nicht recht erklärlich gefunden, Grenzboten I. 1833. 46
Die Denkwürdigkeiten des Herzogs Lrnst. Frankfurt, die der Herzog selbst nach einem ihnen von ihm abgestatteten Besuche Wir haben oben einen Brief des Herzogs nicht recht erklärlich gefunden, Grenzboten I. 1833. 46
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Die Denkwürdigkeiten des Herzogs Lrnst.
Frankfurt, die der Herzog selbst nach einem ihnen von ihm abgestatteten Besuche
seinem Londoner Bruder aussprach (in einem Briefe vom 8. September), klingt
auch nicht schmeichelhaft. Sie lautet in den Hauptstellen, nachdem er sich vorher
gerühmt hat, er sei durch Bekanntschaft mit den meisten Männern des Tages
nun mitten hinein in die Bewegung gekommen, und die gute Stimmung, die
hier für ihn herrsche, habe ihm den Weg geöffnet, einerseits die Verhältnisse
genau kennen zu lernen, anderseits Einfluß darauf zu gewinnen, wie folgt:
„1. Ministerium. Mangel an aller Lebensfähigkeit und darum baldiger Sturz.
Karl Mrst von Leiningen^ ist neben Peucker der einzige, der als Persönlichkeit
jetzt genügte. Ms Persönlichkeit nur, denn als Politiker mißfiel er dem Herzog
durch seine Neigung zu Mediatisirungen der Klcinfürften.j Die übrigen sind
beinahe alle zu Ministern in der jetzigen Lage unfähig. Lange Listen von
Verkehrtheiten, welche die Herren mit einem seltenen sanA-troia ausübten, liegen
vor. 2. Nationalversammlung. Eine Gesellschaft von Menschen, die zum Teil
weder begreifen, was ihre Aufgabe ist, noch zum andern Teil verstehen, wie
man sich in einem Parlamente benimmt. Im einzelnen große Kapazitäten, die
aber vereinzelt zu wirken glauben und eben weil sie nur allein glänzen wollen,
sich gegenseitig verdunkeln und aufheben. Eine Rechte und eine Linke, aber
keine geregelte Partei. Keine rechten Führer und ohne Parteitreue! Das
Ministerium siel besonders darum, weil einige Narren — wenn auch Dahlmann
dazu gehört —, um als Märtyrer sich bemitleiden zu lassen, in eine Minorität
zu kommen wünschten und die Versammlung dnrch ihre Reden so hinrissen, daß
sie eine Majorität verlangten und ihr eignes Ministerium fallen machten. Jetzt
stehen sie auf dessen Trümmern und können unmöglich ein Ministerium aus
dieser Majorität herausbringen. Ganz Deutschland ist in ängstlicher Spannung.
Ich habe furchtbaren Sitzungen beigewohnt. Ich begreife nun, daß Stockmar
um keinen Preis in dies Ministerium will. ... 3. Reichsverweser. Man traut
ihm nicht. Ob mit Recht oder Unrecht, will ich nicht erwägen. Wan hatte
guten Grund, ihm zu mißtrauen als einem Österreicher, dessen Biedersinn und
Gemütlichkeit es hinter den Ohren hattet Von eigentlicher Politik, von der
Art, wie man mit fremden Mächten umgehen muß, haben die Leute hier keine
Ahnung. Die Haare stehen einem zu Berge, wenn man daran denkt, wohin
wir kommen, wenn man hier so fortfährt. Vielen gehen nun zwar die Augen
auf, und sie erschrecken über sich selbst, viele aber sind blind vor Dünkel und
Selbstinteresse. Ich habe dich mit deinem ruhigen Verstände hierher gewünscht,
um ihnen den Staar zu stechen."
Wir haben oben einen Brief des Herzogs nicht recht erklärlich gefunden,
stoßen aber im vierten Kapitel des dritten Buches, welches die Überschrift „Das
Ende der Frankfurter Träume" hat, auf ein Schriftstück, welches vielleicht
einiges Licht auf das zu werfen geeignet ist, wessen der Herzog sich dort freut
und rühmt, und welches mit ähnlichem auch spätere Äußerungen des Gefühls'
Grenzboten I. 1833. 46
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