Die Grenzboten. Jg. 47, 1888, Erstes Vierteljahr.David Veronski. von H. von Schreibershofen. (Fortsetzung.) WiWS Ich bin nicht krank, ich bin unglücklich und sehe meines Un¬ Er wird genesen, nur ein Fieberanfall hatte seinen Geist verwirrt, tröstete Sie löste ihre weiße Kopfbinde, daß die kurzen, ergrauenden Haare auf Er wird genesen! Jene beiden, die seinen Verstand gefangen genommen Sie warf ihr Haar zurück, daß es wild um ihren Kopf flog, und schüttelte David Veronski. von H. von Schreibershofen. (Fortsetzung.) WiWS Ich bin nicht krank, ich bin unglücklich und sehe meines Un¬ Er wird genesen, nur ein Fieberanfall hatte seinen Geist verwirrt, tröstete Sie löste ihre weiße Kopfbinde, daß die kurzen, ergrauenden Haare auf Er wird genesen! Jene beiden, die seinen Verstand gefangen genommen Sie warf ihr Haar zurück, daß es wild um ihren Kopf flog, und schüttelte <TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <pb facs="#f0219" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/202318"/> <figure facs="http://media.dwds.de/dta/images/grenzboten_341847_202098/figures/grenzboten_341847_202098_202318_000.jpg"/><lb/> </div> <div n="1"> <head> David Veronski.<lb/><note type="byline"> von H. von Schreibershofen.</note> (Fortsetzung.)</head><lb/> <div n="2"> <head/><lb/> <p xml:id="ID_779"> WiWS<lb/> /(^MWr ist krank, laß mich meinen Sohn Pflegen, sagte Rebekka andern<lb/> Tages zu ihrer Schwiegertochter, und ihre welken Hände betteten<lb/> den Sohn in die Kissen und legten ihm kühlende Blätter auf<lb/> die heißen, wild pochenden Schläfen.</p><lb/> <p xml:id="ID_780"> Ich bin nicht krank, ich bin unglücklich und sehe meines Un¬<lb/> glücks kein Ende, murmelten die blassen, schmerzverzogeuen Lippen Davids.</p><lb/> <p xml:id="ID_781"> Er wird genesen, nur ein Fieberanfall hatte seinen Geist verwirrt, tröstete<lb/> sich Rebekka einige Tage später.</p><lb/> <p xml:id="ID_782"> Sie löste ihre weiße Kopfbinde, daß die kurzen, ergrauenden Haare auf<lb/> ihre Schultern herabfielen und ihr Antlitz umgaben wie das einer Sybille.</p><lb/> <p xml:id="ID_783"> Er wird genesen! Jene beiden, die seinen Verstand gefangen genommen<lb/> hatten, sind fort, die Gefahr ist geschwunden. Der Karalte hat Vater und<lb/> Schwester im Elend verlassen. Möge Krankheit und Unglück sich an seine Fersen<lb/> heften! Und jener, der sich seinen Freund nannte, der Ungläubige, ist fort¬<lb/> gezogen in das Land, aus dem er gekommen ist. Möge sein Fuß nie wieder den<lb/> Weg hierher finden, und möge Ndonai Zebaoth ihn strafen und verderben!</p><lb/> <p xml:id="ID_784"> Sie warf ihr Haar zurück, daß es wild um ihren Kopf flog, und schüttelte<lb/> drohend die Hand, um ihren Worten mehr Nachdruck zu geben. Ihr Herz war<lb/> leichter, war doch ihr Sohn nicht schuldig — nein, jene, die ihn verleitet hatten.<lb/> Es that ihr wohl, ihrem Zorne, ihrem Hasse gegen sie Lust zu machen. Der<lb/> böse Geist, hoffte sie, würde nun wieder entfliehen, und David Beronski aufs<lb/> neue eine Leuchte in der Gemeinde sein.</p><lb/> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0219]
[Abbildung]
David Veronski.
von H. von Schreibershofen. (Fortsetzung.)
WiWS
/(^MWr ist krank, laß mich meinen Sohn Pflegen, sagte Rebekka andern
Tages zu ihrer Schwiegertochter, und ihre welken Hände betteten
den Sohn in die Kissen und legten ihm kühlende Blätter auf
die heißen, wild pochenden Schläfen.
Ich bin nicht krank, ich bin unglücklich und sehe meines Un¬
glücks kein Ende, murmelten die blassen, schmerzverzogeuen Lippen Davids.
Er wird genesen, nur ein Fieberanfall hatte seinen Geist verwirrt, tröstete
sich Rebekka einige Tage später.
Sie löste ihre weiße Kopfbinde, daß die kurzen, ergrauenden Haare auf
ihre Schultern herabfielen und ihr Antlitz umgaben wie das einer Sybille.
Er wird genesen! Jene beiden, die seinen Verstand gefangen genommen
hatten, sind fort, die Gefahr ist geschwunden. Der Karalte hat Vater und
Schwester im Elend verlassen. Möge Krankheit und Unglück sich an seine Fersen
heften! Und jener, der sich seinen Freund nannte, der Ungläubige, ist fort¬
gezogen in das Land, aus dem er gekommen ist. Möge sein Fuß nie wieder den
Weg hierher finden, und möge Ndonai Zebaoth ihn strafen und verderben!
Sie warf ihr Haar zurück, daß es wild um ihren Kopf flog, und schüttelte
drohend die Hand, um ihren Worten mehr Nachdruck zu geben. Ihr Herz war
leichter, war doch ihr Sohn nicht schuldig — nein, jene, die ihn verleitet hatten.
Es that ihr wohl, ihrem Zorne, ihrem Hasse gegen sie Lust zu machen. Der
böse Geist, hoffte sie, würde nun wieder entfliehen, und David Beronski aufs
neue eine Leuchte in der Gemeinde sein.
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