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Die Grenzboten. Jg. 46, 1887, Zweites Vierteljahr.

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Die Schlacht im Teutoburger Walde.

durchgeführt haben wird, befüidet sich eine Einsattelung. Aber gerade an dieser
Stelle ist auch das Thal besonders tief, sodaß die Chaussee hier auf einem Damme
fortgeführt werden mußte, und wenn auch sodann die Steigung zu dem Flecken
hinauf nur unerheblich ist, so ist doch der dortige Durchgang so eng und wird
überdies noch durch den unmittelbar daneben sich erhebenden Schloßberg der¬
artig beherrscht, daß eine Verteidigung auch dieses Punktes sehr leicht war.
Übrigens war der Bergrücken westlich von Iburg, welcher den Namen Hagcn-
berg führt, ehe die Steinbrüche auf demselben angelegt wurden, im allgemeinen
noch höher als jetzt. Ebenso füllte derselbe mit seinem östlichen Ende einen
Teil der auch heute noch engen Schlucht aus. Daß dieser Paß also ohne
große Mühe von den deutschen Truppen gegen ein von Norden heranrückendes
Heer abzusperren war, davon kann sich jeder leicht überzeugen, der den Ort mit
eignen Augen sieht.

Wir werden uns demnach zu denken haben, daß die Deutschen den ganzen
Berg von der einen Schlucht bis zur andern mit dichten Truppenmassen besetzt
hatten, als die Römer sich ihm näherten. Auch die beiden Schluchten konnten
durch die Mannschaften der Deutschen ohne weiteres verteidigt werden, zumal
da der sumpfige Boden dort ein Vorrücken der Feinde erschwerte, ein Passiren
dieser Stellen aber für den Troß ohnehin unmöglich war, endlich die Durch¬
gänge von den steilen Höhen zu beiden Seiten beherrscht wurden. Aber wir
werden vermuten dürfen, daß die Schluchten noch durch künstliche Mittel ab¬
gesperrt waren. Vermutlich hatte man Dämme aufgeführt, durch welche das
Wasser der Bäche aufgestaut und veranlaßt wurde, sich nicht nur vor diesen,
sondern auch in den Niederungen vor dem Hagcnberge und Burgberge an¬
zusammeln. Denn daß die Deutschen dergleichen Mittel nicht unbenutzt ließen,
wo sie ihnen zur Verfügung standen, erfahren wir aus dem Kampfe des Cäciua
an den xontss longi, wo man sogar die Bäche von den Höhen leitete, um das
Werk der Römer zu zerstören. Außerdem aber wird es möglich gewesen sein,
die beiden Schluchten durch Verhaue völlig unzugänglich zu mache". Beträgt
doch die Breite der westlichen Schlucht nur achtzig Schritte, die der östliche"
sogar nur dreiundzwanzig Meter an der engsten Stelle bei einer Länge von
etwa fünf Minuten.

Lagen die Verhältnisse so, so mußte es für die Römer fast unmöglich sein,
die Verteidigungslinie der Deutschen zu erstürmen. War es doch selbst im Kriege
des Jahres 16 den Römern nur unter großen Anstrengungen gelungen, den
Wall der Nngrivarier einzunehmen. Erst nachdem die Wurfmaschinen und
Schleuderer aufgeboten waren, hatte man den Feind vertreibe" können. Und
dabei stand damals ein fünfmal größeres, sieggekröntes Heer den Deutschen
gegenüber, persönlich geführt von einem ehrgeizigen und unternehmenden Feld¬
herrn. Auch handelte es sich im Jahre 16 nur um die Erstürmung einfacher
Schanzen, welche mitten im flachen Sande durch Menschenhand hergestellt waren.


Die Schlacht im Teutoburger Walde.

durchgeführt haben wird, befüidet sich eine Einsattelung. Aber gerade an dieser
Stelle ist auch das Thal besonders tief, sodaß die Chaussee hier auf einem Damme
fortgeführt werden mußte, und wenn auch sodann die Steigung zu dem Flecken
hinauf nur unerheblich ist, so ist doch der dortige Durchgang so eng und wird
überdies noch durch den unmittelbar daneben sich erhebenden Schloßberg der¬
artig beherrscht, daß eine Verteidigung auch dieses Punktes sehr leicht war.
Übrigens war der Bergrücken westlich von Iburg, welcher den Namen Hagcn-
berg führt, ehe die Steinbrüche auf demselben angelegt wurden, im allgemeinen
noch höher als jetzt. Ebenso füllte derselbe mit seinem östlichen Ende einen
Teil der auch heute noch engen Schlucht aus. Daß dieser Paß also ohne
große Mühe von den deutschen Truppen gegen ein von Norden heranrückendes
Heer abzusperren war, davon kann sich jeder leicht überzeugen, der den Ort mit
eignen Augen sieht.

Wir werden uns demnach zu denken haben, daß die Deutschen den ganzen
Berg von der einen Schlucht bis zur andern mit dichten Truppenmassen besetzt
hatten, als die Römer sich ihm näherten. Auch die beiden Schluchten konnten
durch die Mannschaften der Deutschen ohne weiteres verteidigt werden, zumal
da der sumpfige Boden dort ein Vorrücken der Feinde erschwerte, ein Passiren
dieser Stellen aber für den Troß ohnehin unmöglich war, endlich die Durch¬
gänge von den steilen Höhen zu beiden Seiten beherrscht wurden. Aber wir
werden vermuten dürfen, daß die Schluchten noch durch künstliche Mittel ab¬
gesperrt waren. Vermutlich hatte man Dämme aufgeführt, durch welche das
Wasser der Bäche aufgestaut und veranlaßt wurde, sich nicht nur vor diesen,
sondern auch in den Niederungen vor dem Hagcnberge und Burgberge an¬
zusammeln. Denn daß die Deutschen dergleichen Mittel nicht unbenutzt ließen,
wo sie ihnen zur Verfügung standen, erfahren wir aus dem Kampfe des Cäciua
an den xontss longi, wo man sogar die Bäche von den Höhen leitete, um das
Werk der Römer zu zerstören. Außerdem aber wird es möglich gewesen sein,
die beiden Schluchten durch Verhaue völlig unzugänglich zu mache». Beträgt
doch die Breite der westlichen Schlucht nur achtzig Schritte, die der östliche»
sogar nur dreiundzwanzig Meter an der engsten Stelle bei einer Länge von
etwa fünf Minuten.

Lagen die Verhältnisse so, so mußte es für die Römer fast unmöglich sein,
die Verteidigungslinie der Deutschen zu erstürmen. War es doch selbst im Kriege
des Jahres 16 den Römern nur unter großen Anstrengungen gelungen, den
Wall der Nngrivarier einzunehmen. Erst nachdem die Wurfmaschinen und
Schleuderer aufgeboten waren, hatte man den Feind vertreibe» können. Und
dabei stand damals ein fünfmal größeres, sieggekröntes Heer den Deutschen
gegenüber, persönlich geführt von einem ehrgeizigen und unternehmenden Feld¬
herrn. Auch handelte es sich im Jahre 16 nur um die Erstürmung einfacher
Schanzen, welche mitten im flachen Sande durch Menschenhand hergestellt waren.


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[0623] Die Schlacht im Teutoburger Walde. durchgeführt haben wird, befüidet sich eine Einsattelung. Aber gerade an dieser Stelle ist auch das Thal besonders tief, sodaß die Chaussee hier auf einem Damme fortgeführt werden mußte, und wenn auch sodann die Steigung zu dem Flecken hinauf nur unerheblich ist, so ist doch der dortige Durchgang so eng und wird überdies noch durch den unmittelbar daneben sich erhebenden Schloßberg der¬ artig beherrscht, daß eine Verteidigung auch dieses Punktes sehr leicht war. Übrigens war der Bergrücken westlich von Iburg, welcher den Namen Hagcn- berg führt, ehe die Steinbrüche auf demselben angelegt wurden, im allgemeinen noch höher als jetzt. Ebenso füllte derselbe mit seinem östlichen Ende einen Teil der auch heute noch engen Schlucht aus. Daß dieser Paß also ohne große Mühe von den deutschen Truppen gegen ein von Norden heranrückendes Heer abzusperren war, davon kann sich jeder leicht überzeugen, der den Ort mit eignen Augen sieht. Wir werden uns demnach zu denken haben, daß die Deutschen den ganzen Berg von der einen Schlucht bis zur andern mit dichten Truppenmassen besetzt hatten, als die Römer sich ihm näherten. Auch die beiden Schluchten konnten durch die Mannschaften der Deutschen ohne weiteres verteidigt werden, zumal da der sumpfige Boden dort ein Vorrücken der Feinde erschwerte, ein Passiren dieser Stellen aber für den Troß ohnehin unmöglich war, endlich die Durch¬ gänge von den steilen Höhen zu beiden Seiten beherrscht wurden. Aber wir werden vermuten dürfen, daß die Schluchten noch durch künstliche Mittel ab¬ gesperrt waren. Vermutlich hatte man Dämme aufgeführt, durch welche das Wasser der Bäche aufgestaut und veranlaßt wurde, sich nicht nur vor diesen, sondern auch in den Niederungen vor dem Hagcnberge und Burgberge an¬ zusammeln. Denn daß die Deutschen dergleichen Mittel nicht unbenutzt ließen, wo sie ihnen zur Verfügung standen, erfahren wir aus dem Kampfe des Cäciua an den xontss longi, wo man sogar die Bäche von den Höhen leitete, um das Werk der Römer zu zerstören. Außerdem aber wird es möglich gewesen sein, die beiden Schluchten durch Verhaue völlig unzugänglich zu mache». Beträgt doch die Breite der westlichen Schlucht nur achtzig Schritte, die der östliche» sogar nur dreiundzwanzig Meter an der engsten Stelle bei einer Länge von etwa fünf Minuten. Lagen die Verhältnisse so, so mußte es für die Römer fast unmöglich sein, die Verteidigungslinie der Deutschen zu erstürmen. War es doch selbst im Kriege des Jahres 16 den Römern nur unter großen Anstrengungen gelungen, den Wall der Nngrivarier einzunehmen. Erst nachdem die Wurfmaschinen und Schleuderer aufgeboten waren, hatte man den Feind vertreibe» können. Und dabei stand damals ein fünfmal größeres, sieggekröntes Heer den Deutschen gegenüber, persönlich geführt von einem ehrgeizigen und unternehmenden Feld¬ herrn. Auch handelte es sich im Jahre 16 nur um die Erstürmung einfacher Schanzen, welche mitten im flachen Sande durch Menschenhand hergestellt waren.

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 46, 1887, Zweites Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341845_288451/623>, abgerufen am 17.09.2024.