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Die Grenzboten. Jg. 46, 1887, Zweites Vierteljahr.

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Die Schlacht im Teutoburger Walde.
von F. Kröte. (Schluß.)

an hatte vielleicht im ersten Augenblicke den Gedanken gehabt,
wenn erst eine genügende Zahl Truppen vor Iburg angelangt
wäre, einen Sturm auf deu Paß zu wagen. Aber auch dieser
Gedanke, wenn er je gefaßt worden war, sollte sich bald als un¬
ausführbar erweisen. Die örtlichen Verhältnisse sind nämlich
folgende. Die mächtige Gebirgswand, welche das Münstersche Tiefland im
Nordosten begrenzt, weist an der Stelle des Ortes Iburg eine bedeutende Lücke
auf. Denn in einer Breite von etwa einem Kilometer setzt das Gebirge ab,
sodaß der Raum dazwischen als ein breites Thor erscheint, welches von weitem
den Eindruck macht, als könnte an dieser Stelle einem durchmarschirenden Heere
kein ernstliches Hindernis in den Weg gelegt werden. Kommt man aber näher,
so überzeugt man sich, daß der Paß sehr wohl zu sperren war.

Allerdings ist das Gebirge an zwei Punkten bis zur Tiefe der Thalsohle
vollständig durchbrochen, sodaß an beiden Stellen ein kleiner Bach seinen Aus¬
weg nach der westfälischen Tiefebene gefunden hat. Indessen konnten diese
beiden Schluchten in alten Zeiten nicht als Pässe benutzt werden, weil der
Boden aus feuchten Wiesengründen besteht, die, ehe die Entwässerung derselben
vorgenommen war, wohl sumpfartig gewesen sein werden. Auch die Fahrwege,
welche heute durch beide Tiefen führen, sind künstlich hergestellte Anlagen.

Zwischen beiden Schluchten zieht sich ferner in der Richtung des Gebirgs-
zuges ein Bergrücken hin, der freilich die Höhe des Hauptkammes nicht erreicht,
aber gleichwohl eine feste Schutzwehr bildete. Das westliche Ende dieses Höhen¬
zuges war nur auf der Ostseite, wo dasselbe mit den übrigen Teilen des Hügels
zusammenhängt, zugänglich. Auf allen andern Seiten fällt der Felsen schroff
herab. Dies ist der Berg, auf welchem noch jetzt die Iburg stolz emporragt.
Aber auch die übrigen Teile des Höhenrückens fallen auf der Nordseite durch¬
weg steil zum Thale nieder, und wenn derselbe auch, von den nordwärts gegen¬
überliegenden Bergen aus betrachtet, uicht sonderlich hoch erscheint, so war das
Verhältnis für die Verteidigung doch insofern recht günstig, als sich unmittelbar
zu den Füßen des Berges das Thal besonders tief senkt, sodaß sich hier ein
von der Natur geschaffener Festungsgraben vorgelegt hat. An der Stelle, wo
der Flecken Iburg sich aufgebaut hat und wo deswegen bereits die alte Straße


Die Schlacht im Teutoburger Walde.
von F. Kröte. (Schluß.)

an hatte vielleicht im ersten Augenblicke den Gedanken gehabt,
wenn erst eine genügende Zahl Truppen vor Iburg angelangt
wäre, einen Sturm auf deu Paß zu wagen. Aber auch dieser
Gedanke, wenn er je gefaßt worden war, sollte sich bald als un¬
ausführbar erweisen. Die örtlichen Verhältnisse sind nämlich
folgende. Die mächtige Gebirgswand, welche das Münstersche Tiefland im
Nordosten begrenzt, weist an der Stelle des Ortes Iburg eine bedeutende Lücke
auf. Denn in einer Breite von etwa einem Kilometer setzt das Gebirge ab,
sodaß der Raum dazwischen als ein breites Thor erscheint, welches von weitem
den Eindruck macht, als könnte an dieser Stelle einem durchmarschirenden Heere
kein ernstliches Hindernis in den Weg gelegt werden. Kommt man aber näher,
so überzeugt man sich, daß der Paß sehr wohl zu sperren war.

Allerdings ist das Gebirge an zwei Punkten bis zur Tiefe der Thalsohle
vollständig durchbrochen, sodaß an beiden Stellen ein kleiner Bach seinen Aus¬
weg nach der westfälischen Tiefebene gefunden hat. Indessen konnten diese
beiden Schluchten in alten Zeiten nicht als Pässe benutzt werden, weil der
Boden aus feuchten Wiesengründen besteht, die, ehe die Entwässerung derselben
vorgenommen war, wohl sumpfartig gewesen sein werden. Auch die Fahrwege,
welche heute durch beide Tiefen führen, sind künstlich hergestellte Anlagen.

Zwischen beiden Schluchten zieht sich ferner in der Richtung des Gebirgs-
zuges ein Bergrücken hin, der freilich die Höhe des Hauptkammes nicht erreicht,
aber gleichwohl eine feste Schutzwehr bildete. Das westliche Ende dieses Höhen¬
zuges war nur auf der Ostseite, wo dasselbe mit den übrigen Teilen des Hügels
zusammenhängt, zugänglich. Auf allen andern Seiten fällt der Felsen schroff
herab. Dies ist der Berg, auf welchem noch jetzt die Iburg stolz emporragt.
Aber auch die übrigen Teile des Höhenrückens fallen auf der Nordseite durch¬
weg steil zum Thale nieder, und wenn derselbe auch, von den nordwärts gegen¬
überliegenden Bergen aus betrachtet, uicht sonderlich hoch erscheint, so war das
Verhältnis für die Verteidigung doch insofern recht günstig, als sich unmittelbar
zu den Füßen des Berges das Thal besonders tief senkt, sodaß sich hier ein
von der Natur geschaffener Festungsgraben vorgelegt hat. An der Stelle, wo
der Flecken Iburg sich aufgebaut hat und wo deswegen bereits die alte Straße


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[0622] Die Schlacht im Teutoburger Walde. von F. Kröte. (Schluß.) an hatte vielleicht im ersten Augenblicke den Gedanken gehabt, wenn erst eine genügende Zahl Truppen vor Iburg angelangt wäre, einen Sturm auf deu Paß zu wagen. Aber auch dieser Gedanke, wenn er je gefaßt worden war, sollte sich bald als un¬ ausführbar erweisen. Die örtlichen Verhältnisse sind nämlich folgende. Die mächtige Gebirgswand, welche das Münstersche Tiefland im Nordosten begrenzt, weist an der Stelle des Ortes Iburg eine bedeutende Lücke auf. Denn in einer Breite von etwa einem Kilometer setzt das Gebirge ab, sodaß der Raum dazwischen als ein breites Thor erscheint, welches von weitem den Eindruck macht, als könnte an dieser Stelle einem durchmarschirenden Heere kein ernstliches Hindernis in den Weg gelegt werden. Kommt man aber näher, so überzeugt man sich, daß der Paß sehr wohl zu sperren war. Allerdings ist das Gebirge an zwei Punkten bis zur Tiefe der Thalsohle vollständig durchbrochen, sodaß an beiden Stellen ein kleiner Bach seinen Aus¬ weg nach der westfälischen Tiefebene gefunden hat. Indessen konnten diese beiden Schluchten in alten Zeiten nicht als Pässe benutzt werden, weil der Boden aus feuchten Wiesengründen besteht, die, ehe die Entwässerung derselben vorgenommen war, wohl sumpfartig gewesen sein werden. Auch die Fahrwege, welche heute durch beide Tiefen führen, sind künstlich hergestellte Anlagen. Zwischen beiden Schluchten zieht sich ferner in der Richtung des Gebirgs- zuges ein Bergrücken hin, der freilich die Höhe des Hauptkammes nicht erreicht, aber gleichwohl eine feste Schutzwehr bildete. Das westliche Ende dieses Höhen¬ zuges war nur auf der Ostseite, wo dasselbe mit den übrigen Teilen des Hügels zusammenhängt, zugänglich. Auf allen andern Seiten fällt der Felsen schroff herab. Dies ist der Berg, auf welchem noch jetzt die Iburg stolz emporragt. Aber auch die übrigen Teile des Höhenrückens fallen auf der Nordseite durch¬ weg steil zum Thale nieder, und wenn derselbe auch, von den nordwärts gegen¬ überliegenden Bergen aus betrachtet, uicht sonderlich hoch erscheint, so war das Verhältnis für die Verteidigung doch insofern recht günstig, als sich unmittelbar zu den Füßen des Berges das Thal besonders tief senkt, sodaß sich hier ein von der Natur geschaffener Festungsgraben vorgelegt hat. An der Stelle, wo der Flecken Iburg sich aufgebaut hat und wo deswegen bereits die alte Straße

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 46, 1887, Zweites Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341845_288451/622>, abgerufen am 17.09.2024.