Die Grenzboten. Jg. 46, 1887, Zweites Vierteljahr.Woher beziehen wir unsern Lebensbedarf? ausreiche, die so sehr angewachsene Bevölkerung zu ernähren? Wir bemerken in Ziehen wir nun die Rechnung, was auf dem Gebiete der Naturprodukte jge, was wir mit dieser Summe bezahlen, erschöpf noch g <s Grenzboten II. 1887.
Woher beziehen wir unsern Lebensbedarf? ausreiche, die so sehr angewachsene Bevölkerung zu ernähren? Wir bemerken in Ziehen wir nun die Rechnung, was auf dem Gebiete der Naturprodukte jge, was wir mit dieser Summe bezahlen, erschöpf noch g <s Grenzboten II. 1887.
<TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <pb facs="#f0521" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/288974"/> <fw type="header" place="top"> Woher beziehen wir unsern Lebensbedarf?</fw><lb/> <p xml:id="ID_1465" prev="#ID_1464"> ausreiche, die so sehr angewachsene Bevölkerung zu ernähren? Wir bemerken in<lb/> dieser Beziehung zunächst — was vielleicht manchem überraschend vorkommt —.<lb/> daß auf den Kopf der Bevölkerung in Deutschland eine Bodenfläche von bei¬<lb/> nahe 1-/, Hektar kommt, eine Fläche, die schon ein recht ansehnliches Stuck<lb/> Land bildet. Jener Zweifel knüpft sich daran, daß wir gerade die notwendigsten<lb/> Lebensbedürfnisse — wir rechnen dahin Roggen. Weizen. Hafer, Ol, Flachs<lb/> und Wolle — in erheblichem Umfange vom Auslande einführen. Berechnet<lb/> man aber nach den gegebenen Ernteverhältnissen den Umfang des Landes,<lb/> das zum Anbau der Fehlbeträge in Roggen, Weizen, Hafer. Öl und Flachs<lb/> notwendig gewesen wäre, so gelangt man zu dem Umfange von etwa 1300 000<lb/> Hektaren. Erwägt man nun anderseits, daß zum Anbau vou Gerste (d. h. für<lb/> Bier) und zum Anbau von Runkelrüben (d. h. für Zucker) zusammen an<lb/> 1208000 Hektaren verwendet wurden, und ferner, welche große Mengen Landes<lb/> zum Anbau von Kartoffeln teils für die Ausfuhr, teils für die Spiritus-<lb/> bereitnng dienen müssen, so wird sich schwerlich behaupten lasten, daß der<lb/> deutsche Boden nicht mehr zur Ernährung des Volkes ausreiche, wofern man<lb/> nur dem Anbau dieser für Genußmittel bestimmten Züchtungen entsagen wollte.<lb/> Wenn wir also die notwendigsten Lebensbedürfnisse im eignen Anbau zurück¬<lb/> setzen und uns die Fehlbeträge lieber aus dem Auslande kommen lasten, so<lb/> geschieht es nur deshalb, weil uns unsre Mittel erlauben, Produkte zu ziehen,<lb/> die uns einen größern Lebensgenuß gewähren und durch ihre industrielle Ver¬<lb/> wertung eine größere Quelle des Reichtums darbieten.</p><lb/> <p xml:id="ID_1466"> Ziehen wir nun die Rechnung, was auf dem Gebiete der Naturprodukte<lb/> unsre Einfuhr und Ausfuhr erträgt, so ergiebt sich ein großes Überwiegen der<lb/> Einfuhr. Zu der bereits oben (S. 508) bezeichneten Summe von 346544000<lb/> Mark für die Mehreinfuhr der Hauptfeldfrüchte kommt noch für die Mehreinfuhr<lb/> von Obst, Wein, Raps, Flachs. Hanf. Wolle. Pferden. Schweinen. Schmalz.<lb/> Eier. Honig und Wachs eine Summe von 414 011000 M. Dieser gewaltigen<lb/> Einfuhr steht auf dem Gebiete der Naturprodukte nur die Ausfuhr von Kar¬<lb/> toffeln. Gemüse. Rindvieh. Schafen. Hopfen und Cichorien mit einer Summe<lb/> von 83 439 000 M. gegenüber. Im Bereich dieser Erzeugnisse übersteigt daher<lb/> die Einfuhr die Ausfuhr um 677 116 000 M. , ^,Dasenitaberlane</p><lb/> <p xml:id="ID_1467"> jge, was wir mit dieser Summe bezahlen, erschöpf noch g<lb/> nicht das. was wir an Lebensbedürfnissen aus dem Auslande beziehen. Es<lb/> kommen noch hinzu alle diejenigen Dinge, welche ohne inländische Konkurrenz<lb/> uns lediglich das Ausland liefert, also namentlich alle in unsrer obigen Dar¬<lb/> stellung nicht in Betracht gezogenen Erzeugniste wärmerer Länder- ^teilweise auch schon zu den ganz unentbehrlichen Lebensbedurfmffen unsers<lb/> Volkes geworden sind: Kaffee, Thee. Reis, Gewürze, Südfrüchte, Baumwolle.<lb/> Seide, Tabak. Petroleum u. s. w. c>, -</p><lb/> <p xml:id="ID_1468" next="#ID_1469"> <s<lb/> Die große Summe, welche wir hiernach für den ans vom Auslande be-</p><lb/> <fw type="sig" place="bottom"> Grenzboten II. 1887.</fw><lb/> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0521]
Woher beziehen wir unsern Lebensbedarf?
ausreiche, die so sehr angewachsene Bevölkerung zu ernähren? Wir bemerken in
dieser Beziehung zunächst — was vielleicht manchem überraschend vorkommt —.
daß auf den Kopf der Bevölkerung in Deutschland eine Bodenfläche von bei¬
nahe 1-/, Hektar kommt, eine Fläche, die schon ein recht ansehnliches Stuck
Land bildet. Jener Zweifel knüpft sich daran, daß wir gerade die notwendigsten
Lebensbedürfnisse — wir rechnen dahin Roggen. Weizen. Hafer, Ol, Flachs
und Wolle — in erheblichem Umfange vom Auslande einführen. Berechnet
man aber nach den gegebenen Ernteverhältnissen den Umfang des Landes,
das zum Anbau der Fehlbeträge in Roggen, Weizen, Hafer. Öl und Flachs
notwendig gewesen wäre, so gelangt man zu dem Umfange von etwa 1300 000
Hektaren. Erwägt man nun anderseits, daß zum Anbau vou Gerste (d. h. für
Bier) und zum Anbau von Runkelrüben (d. h. für Zucker) zusammen an
1208000 Hektaren verwendet wurden, und ferner, welche große Mengen Landes
zum Anbau von Kartoffeln teils für die Ausfuhr, teils für die Spiritus-
bereitnng dienen müssen, so wird sich schwerlich behaupten lasten, daß der
deutsche Boden nicht mehr zur Ernährung des Volkes ausreiche, wofern man
nur dem Anbau dieser für Genußmittel bestimmten Züchtungen entsagen wollte.
Wenn wir also die notwendigsten Lebensbedürfnisse im eignen Anbau zurück¬
setzen und uns die Fehlbeträge lieber aus dem Auslande kommen lasten, so
geschieht es nur deshalb, weil uns unsre Mittel erlauben, Produkte zu ziehen,
die uns einen größern Lebensgenuß gewähren und durch ihre industrielle Ver¬
wertung eine größere Quelle des Reichtums darbieten.
Ziehen wir nun die Rechnung, was auf dem Gebiete der Naturprodukte
unsre Einfuhr und Ausfuhr erträgt, so ergiebt sich ein großes Überwiegen der
Einfuhr. Zu der bereits oben (S. 508) bezeichneten Summe von 346544000
Mark für die Mehreinfuhr der Hauptfeldfrüchte kommt noch für die Mehreinfuhr
von Obst, Wein, Raps, Flachs. Hanf. Wolle. Pferden. Schweinen. Schmalz.
Eier. Honig und Wachs eine Summe von 414 011000 M. Dieser gewaltigen
Einfuhr steht auf dem Gebiete der Naturprodukte nur die Ausfuhr von Kar¬
toffeln. Gemüse. Rindvieh. Schafen. Hopfen und Cichorien mit einer Summe
von 83 439 000 M. gegenüber. Im Bereich dieser Erzeugnisse übersteigt daher
die Einfuhr die Ausfuhr um 677 116 000 M. , ^,Dasenitaberlane
jge, was wir mit dieser Summe bezahlen, erschöpf noch g
nicht das. was wir an Lebensbedürfnissen aus dem Auslande beziehen. Es
kommen noch hinzu alle diejenigen Dinge, welche ohne inländische Konkurrenz
uns lediglich das Ausland liefert, also namentlich alle in unsrer obigen Dar¬
stellung nicht in Betracht gezogenen Erzeugniste wärmerer Länder- ^teilweise auch schon zu den ganz unentbehrlichen Lebensbedurfmffen unsers
Volkes geworden sind: Kaffee, Thee. Reis, Gewürze, Südfrüchte, Baumwolle.
Seide, Tabak. Petroleum u. s. w. c>, -
<s
Die große Summe, welche wir hiernach für den ans vom Auslande be-
Grenzboten II. 1887.
Informationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
FeedbackSie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden. Kommentar zur DTA-AusgabeDieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen … Staats- und Universitätsbibliothek (SuUB) Bremen: Bereitstellung der Texttranskription.
Kay-Michael Würzner: Bearbeitung der digitalen Edition.
Weitere Informationen:Verfahren der Texterfassung: OCR mit Nachkorrektur. Bogensignaturen: gekennzeichnet;Druckfehler: ignoriert;fremdsprachliches Material: nicht gekennzeichnet;Geminations-/Abkürzungsstriche: wie Vorlage;Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): nicht ausgezeichnet;i/j in Fraktur: wie Vorlage;I/J in Fraktur: wie Vorlage;Kolumnentitel: gekennzeichnet;Kustoden: gekennzeichnet;langes s (ſ): als s transkribiert;Normalisierungen: stillschweigend;rundes r (ꝛ): als r/et transkribiert;Seitenumbrüche markiert: ja;Silbentrennung: wie Vorlage;u/v bzw. U/V: wie Vorlage;Vokale mit übergest. e: als ä/ö/ü transkribiert;Vollständigkeit: vollständig erfasst;Zeichensetzung: wie Vorlage;Zeilenumbrüche markiert: ja; Nachkorrektur erfolgte automatisch.
|
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden. Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des § 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2025 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften.
Kontakt: redaktion(at)deutschestextarchiv.de. |