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Die Grenzboten. Jg. 46, 1887, Zweites Vierteljahr.

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Deutsch-böhmische Briefe.

übrigen sechsunddreißig Anstalten fallen zehn auf Orte mit starken deutschen
Minderheiten oder auf deutsche Kolonien an der Sprachgrenze (Josefstadt,
Königinhof. Eisenbrod, Jserthal. Mähr.-Budwitz und Butschowitz). sechs befinden
sich in Prag und seinen Vororten, vier in und bei Pilsen, zwei in Troppau.
die verbleibenden vierzehn dienen dem Schutze des Deutschtums in mährischen
Städten, in Königgrcitz, Prschibram und Senftenberg, sowie der Bewahrung
der Bauern von Sehndorf und der Arbeiter von semit und Trschemoschna
vor dem Schicksal, allmählich vom Tschechentume verschlungen zu werden, das
ihre Dörfer bespült und benagt. Nicht eine einzige dieser Anstalten ist hier¬
nach, wie die Tschechen immer und immer wieder behaupten, auf Heranziehung
tschechischer Kinder berechnet, alle verteidigen lediglich den deutschen Besitz in
der Kinderwelt und damit die Zukunft des Deutschtums, wo es in Böhmen
gefährdet ist. Dazu wolle man "och erwägen, daß von den achtunddreißig
Schulen, welche der Verein bisher errichtet hat, nicht weniger als vierund-
dreißig, von seinen neununddreißig Kindergärten nicht weniger als sechsund¬
dreißig sich in den österreichischen Sudeieulündern Böhmen, Mähren und
Schlesien befinden. Man wird in diesen Zahlen den klaren Beweis finden, wie
unhaltbar die an sich schon sehr thörichte Klage der Gegner ist, der Verein
wolle das schechische Volk jener Länder (etwa 4^ Millionen Menschen) ger-
manisircn. Eine besonders helle Beleuchtung erfährt aber die Sache, wenn man
unsre Zahlen mit denen der Anstalten vergleicht, welche der tschechische Schul¬
verein zur Förderung seiner Absichten geschaffen hat. Die "Malice" erhält nur
in fünf Orten auf der nunmehr tschechischen Seite der Sprachgrenze solche An¬
stalten, dagegen in zehn Orten auf der deutscheu (in Littau, Dubenetz. Leit-
meritz, Pvstelberg, Röscha, Dobrschan, Nurschan, Prachatitz, Krnmmau und
Nndolfstadt). ja an acht Stellen (in Znaim. Saaz, Brüx, Dux. Ossegg. Teplitz.
Reichenberg und Rochlitz) ist sie tief in das rein deutsche Land eingedrungen
und anderwärts hat sie die Mittelpunkte der deutschen Sprachinseln Brünn,
Olmütz, Iglau und Budweis, dann Troppau und die mährischen Städte
Ungarischchradisch. Kremsier und Proßnitz zum Gegenstande ihrer Eroberungs¬
gelüste gemacht. Unser Schulverein hat niemals in rein tschechischen Städten
oder Dörfern Schulen zu errichten versucht, wogegen die "Malice" den rein
deutschen Gemeinden Wallisgrün, Neuwallisdorf, Krschekowitz und Wetzlau
tschechischen Unterricht aufdringen wollte. Jener hat ferner noch niemals daran
gedacht, einer tschechischen Gemeinde seine Anstalten aufzunötigen, während die
"Malice" eine ganze Reihe ihrer Schulen und Kindergärten deutschen Gemeinden
aufzwang, welche sie dann erhalten mußten; ich nenne davon nur Reichenberg,
Nürschcm und Brünn. Auch blöden Augen sollte es daher nicht zweifelhaft
sein, auf welcher Seite man angreift und auf welcher man sich nur verteidigt.
Aber es giebt eben hier viele Augen, z- B. im Prager Landtage, viele Augen,
die nicht sehen wollen.


Deutsch-böhmische Briefe.

übrigen sechsunddreißig Anstalten fallen zehn auf Orte mit starken deutschen
Minderheiten oder auf deutsche Kolonien an der Sprachgrenze (Josefstadt,
Königinhof. Eisenbrod, Jserthal. Mähr.-Budwitz und Butschowitz). sechs befinden
sich in Prag und seinen Vororten, vier in und bei Pilsen, zwei in Troppau.
die verbleibenden vierzehn dienen dem Schutze des Deutschtums in mährischen
Städten, in Königgrcitz, Prschibram und Senftenberg, sowie der Bewahrung
der Bauern von Sehndorf und der Arbeiter von semit und Trschemoschna
vor dem Schicksal, allmählich vom Tschechentume verschlungen zu werden, das
ihre Dörfer bespült und benagt. Nicht eine einzige dieser Anstalten ist hier¬
nach, wie die Tschechen immer und immer wieder behaupten, auf Heranziehung
tschechischer Kinder berechnet, alle verteidigen lediglich den deutschen Besitz in
der Kinderwelt und damit die Zukunft des Deutschtums, wo es in Böhmen
gefährdet ist. Dazu wolle man »och erwägen, daß von den achtunddreißig
Schulen, welche der Verein bisher errichtet hat, nicht weniger als vierund-
dreißig, von seinen neununddreißig Kindergärten nicht weniger als sechsund¬
dreißig sich in den österreichischen Sudeieulündern Böhmen, Mähren und
Schlesien befinden. Man wird in diesen Zahlen den klaren Beweis finden, wie
unhaltbar die an sich schon sehr thörichte Klage der Gegner ist, der Verein
wolle das schechische Volk jener Länder (etwa 4^ Millionen Menschen) ger-
manisircn. Eine besonders helle Beleuchtung erfährt aber die Sache, wenn man
unsre Zahlen mit denen der Anstalten vergleicht, welche der tschechische Schul¬
verein zur Förderung seiner Absichten geschaffen hat. Die „Malice" erhält nur
in fünf Orten auf der nunmehr tschechischen Seite der Sprachgrenze solche An¬
stalten, dagegen in zehn Orten auf der deutscheu (in Littau, Dubenetz. Leit-
meritz, Pvstelberg, Röscha, Dobrschan, Nurschan, Prachatitz, Krnmmau und
Nndolfstadt). ja an acht Stellen (in Znaim. Saaz, Brüx, Dux. Ossegg. Teplitz.
Reichenberg und Rochlitz) ist sie tief in das rein deutsche Land eingedrungen
und anderwärts hat sie die Mittelpunkte der deutschen Sprachinseln Brünn,
Olmütz, Iglau und Budweis, dann Troppau und die mährischen Städte
Ungarischchradisch. Kremsier und Proßnitz zum Gegenstande ihrer Eroberungs¬
gelüste gemacht. Unser Schulverein hat niemals in rein tschechischen Städten
oder Dörfern Schulen zu errichten versucht, wogegen die „Malice" den rein
deutschen Gemeinden Wallisgrün, Neuwallisdorf, Krschekowitz und Wetzlau
tschechischen Unterricht aufdringen wollte. Jener hat ferner noch niemals daran
gedacht, einer tschechischen Gemeinde seine Anstalten aufzunötigen, während die
„Malice" eine ganze Reihe ihrer Schulen und Kindergärten deutschen Gemeinden
aufzwang, welche sie dann erhalten mußten; ich nenne davon nur Reichenberg,
Nürschcm und Brünn. Auch blöden Augen sollte es daher nicht zweifelhaft
sein, auf welcher Seite man angreift und auf welcher man sich nur verteidigt.
Aber es giebt eben hier viele Augen, z- B. im Prager Landtage, viele Augen,
die nicht sehen wollen.


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[0471] Deutsch-böhmische Briefe. übrigen sechsunddreißig Anstalten fallen zehn auf Orte mit starken deutschen Minderheiten oder auf deutsche Kolonien an der Sprachgrenze (Josefstadt, Königinhof. Eisenbrod, Jserthal. Mähr.-Budwitz und Butschowitz). sechs befinden sich in Prag und seinen Vororten, vier in und bei Pilsen, zwei in Troppau. die verbleibenden vierzehn dienen dem Schutze des Deutschtums in mährischen Städten, in Königgrcitz, Prschibram und Senftenberg, sowie der Bewahrung der Bauern von Sehndorf und der Arbeiter von semit und Trschemoschna vor dem Schicksal, allmählich vom Tschechentume verschlungen zu werden, das ihre Dörfer bespült und benagt. Nicht eine einzige dieser Anstalten ist hier¬ nach, wie die Tschechen immer und immer wieder behaupten, auf Heranziehung tschechischer Kinder berechnet, alle verteidigen lediglich den deutschen Besitz in der Kinderwelt und damit die Zukunft des Deutschtums, wo es in Böhmen gefährdet ist. Dazu wolle man »och erwägen, daß von den achtunddreißig Schulen, welche der Verein bisher errichtet hat, nicht weniger als vierund- dreißig, von seinen neununddreißig Kindergärten nicht weniger als sechsund¬ dreißig sich in den österreichischen Sudeieulündern Böhmen, Mähren und Schlesien befinden. Man wird in diesen Zahlen den klaren Beweis finden, wie unhaltbar die an sich schon sehr thörichte Klage der Gegner ist, der Verein wolle das schechische Volk jener Länder (etwa 4^ Millionen Menschen) ger- manisircn. Eine besonders helle Beleuchtung erfährt aber die Sache, wenn man unsre Zahlen mit denen der Anstalten vergleicht, welche der tschechische Schul¬ verein zur Förderung seiner Absichten geschaffen hat. Die „Malice" erhält nur in fünf Orten auf der nunmehr tschechischen Seite der Sprachgrenze solche An¬ stalten, dagegen in zehn Orten auf der deutscheu (in Littau, Dubenetz. Leit- meritz, Pvstelberg, Röscha, Dobrschan, Nurschan, Prachatitz, Krnmmau und Nndolfstadt). ja an acht Stellen (in Znaim. Saaz, Brüx, Dux. Ossegg. Teplitz. Reichenberg und Rochlitz) ist sie tief in das rein deutsche Land eingedrungen und anderwärts hat sie die Mittelpunkte der deutschen Sprachinseln Brünn, Olmütz, Iglau und Budweis, dann Troppau und die mährischen Städte Ungarischchradisch. Kremsier und Proßnitz zum Gegenstande ihrer Eroberungs¬ gelüste gemacht. Unser Schulverein hat niemals in rein tschechischen Städten oder Dörfern Schulen zu errichten versucht, wogegen die „Malice" den rein deutschen Gemeinden Wallisgrün, Neuwallisdorf, Krschekowitz und Wetzlau tschechischen Unterricht aufdringen wollte. Jener hat ferner noch niemals daran gedacht, einer tschechischen Gemeinde seine Anstalten aufzunötigen, während die „Malice" eine ganze Reihe ihrer Schulen und Kindergärten deutschen Gemeinden aufzwang, welche sie dann erhalten mußten; ich nenne davon nur Reichenberg, Nürschcm und Brünn. Auch blöden Augen sollte es daher nicht zweifelhaft sein, auf welcher Seite man angreift und auf welcher man sich nur verteidigt. Aber es giebt eben hier viele Augen, z- B. im Prager Landtage, viele Augen, die nicht sehen wollen.

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 46, 1887, Zweites Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341845_288451/471>, abgerufen am 17.09.2024.