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Die Grenzboten. Jg. 46, 1887, Zweites Vierteljahr.

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Kleinere Mitteilungen.

Hunderts, errungen, und daß diese Stadt zuerst als Kriegshafen aus dem Nichts
der Newasumpfe hervorgerufen worden ist. Wir fühlen, daß wir uns hier sozu-
sagen im historischen Herzen Petersburgs befinden, und wir empfinden dies noch
mehr, wenn wir hinaufsteigen auf den künstlichen Hügel, der sich an der West¬
seite der Admiralität mitten zwischen den Baumgruppen und Blumcnparterres
des Gartens erhebt und zu dem nur fern verhallend der Lärm der Großstadt
heraufdringt. Rechts ragen die Admiralität, das Zentrum des alten Straßen¬
netzes der Stadt, links die säuleugeschmückten Fronten des Senats und des
Synods. der Gebäude der höchsten weltlichen und geistlichen Behörde, die wie
zum Symbol der engsten Verbindung beider Gewalten im heiligen Nußland
durch einen wappengckröntcn Triumphbogen miteinander zusammenhängen und
so thatsächlich nur zwei Hälften eines einzigen Baues darstellen; hinter uno
steigt über grünem Baumwerk die goldstrahlende Jsaaksknppel in den tiefblauen
Himmel auf, und vor uns im Norden flutet breit und mächtig die schifs-
wimmelnde Newa, und über den Strom spannt sich in flachen Eisenbogen aus
sieben Granitpfeilern die prachtvolle Nikolaibrücke (1851 vollendet). Gegenüber
aber auf Wassily Ostrow ragen die Akademie der Künste und die endlosen roten
Fronten der Paul-Militärschule, des historisch-philologischen Instituts der
Akademie der Wissenschaften u s. f. Im Mittelpunkte dieser stolzen, lebens¬
vollen Umgebung hält, sein kühn bannendes Roß energisch zügelnd, das mit
seinen Hinterhufen eine Schlange zertritt, Peter der Große in altslawischer
Tracht auf einem schräg nach hinten abfallenden Felsen aus unbehauenen,
grauem finnischen Granit und streckt die Rechte gebietend aus über Stadt
und Strom, als wolle er beide immer noch halten mit seiner eisernen Hand.
Eine der großartigsten und kühnsten Reiterstatuen der Welt und zugleich eine
wunderbare, halb unbewußte Symbolik! Auf dem felsharten, aber auch rohen
Untergrunde des russischen Volkstums baut sich eine europäische Staatsordnung
auf, die jenes ebensowenig völlig zu bewältigen vermag, wie sie ihm entbehrlich
ist. schlicht und stolz steht auf dem Granit in russischer und lateinischer
Sprache die Inschrift: "Peter dem Ersten Katharina die Zweite 1782."

(Fortsetzung folgt.)




Kleinere Mitteilungen.
Luther auf der Niir

Luthcchlbeljahr 188^5, " ^'^r der Flut von Festschriften, mit der das
Anzahl solcher, die sick l.!.^^^^ ^'et überschüttet hat. findet sich auch eine ganze
die Heldenqestalt d^ ^ K ^ Leben Luthers dramatisch zu bearbeiten und
Augen zu führen Reformators von der Bühne seind dem Volke vor
^ - von den mannichfachen derartigen Versuchen haben aber nur


Kleinere Mitteilungen.

Hunderts, errungen, und daß diese Stadt zuerst als Kriegshafen aus dem Nichts
der Newasumpfe hervorgerufen worden ist. Wir fühlen, daß wir uns hier sozu-
sagen im historischen Herzen Petersburgs befinden, und wir empfinden dies noch
mehr, wenn wir hinaufsteigen auf den künstlichen Hügel, der sich an der West¬
seite der Admiralität mitten zwischen den Baumgruppen und Blumcnparterres
des Gartens erhebt und zu dem nur fern verhallend der Lärm der Großstadt
heraufdringt. Rechts ragen die Admiralität, das Zentrum des alten Straßen¬
netzes der Stadt, links die säuleugeschmückten Fronten des Senats und des
Synods. der Gebäude der höchsten weltlichen und geistlichen Behörde, die wie
zum Symbol der engsten Verbindung beider Gewalten im heiligen Nußland
durch einen wappengckröntcn Triumphbogen miteinander zusammenhängen und
so thatsächlich nur zwei Hälften eines einzigen Baues darstellen; hinter uno
steigt über grünem Baumwerk die goldstrahlende Jsaaksknppel in den tiefblauen
Himmel auf, und vor uns im Norden flutet breit und mächtig die schifs-
wimmelnde Newa, und über den Strom spannt sich in flachen Eisenbogen aus
sieben Granitpfeilern die prachtvolle Nikolaibrücke (1851 vollendet). Gegenüber
aber auf Wassily Ostrow ragen die Akademie der Künste und die endlosen roten
Fronten der Paul-Militärschule, des historisch-philologischen Instituts der
Akademie der Wissenschaften u s. f. Im Mittelpunkte dieser stolzen, lebens¬
vollen Umgebung hält, sein kühn bannendes Roß energisch zügelnd, das mit
seinen Hinterhufen eine Schlange zertritt, Peter der Große in altslawischer
Tracht auf einem schräg nach hinten abfallenden Felsen aus unbehauenen,
grauem finnischen Granit und streckt die Rechte gebietend aus über Stadt
und Strom, als wolle er beide immer noch halten mit seiner eisernen Hand.
Eine der großartigsten und kühnsten Reiterstatuen der Welt und zugleich eine
wunderbare, halb unbewußte Symbolik! Auf dem felsharten, aber auch rohen
Untergrunde des russischen Volkstums baut sich eine europäische Staatsordnung
auf, die jenes ebensowenig völlig zu bewältigen vermag, wie sie ihm entbehrlich
ist. schlicht und stolz steht auf dem Granit in russischer und lateinischer
Sprache die Inschrift: „Peter dem Ersten Katharina die Zweite 1782."

(Fortsetzung folgt.)




Kleinere Mitteilungen.
Luther auf der Niir

Luthcchlbeljahr 188^5, « ^'^r der Flut von Festschriften, mit der das
Anzahl solcher, die sick l.!.^^^^ ^'et überschüttet hat. findet sich auch eine ganze
die Heldenqestalt d^ ^ K ^ Leben Luthers dramatisch zu bearbeiten und
Augen zu führen Reformators von der Bühne seind dem Volke vor
^ - von den mannichfachen derartigen Versuchen haben aber nur


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[0347] Kleinere Mitteilungen. Hunderts, errungen, und daß diese Stadt zuerst als Kriegshafen aus dem Nichts der Newasumpfe hervorgerufen worden ist. Wir fühlen, daß wir uns hier sozu- sagen im historischen Herzen Petersburgs befinden, und wir empfinden dies noch mehr, wenn wir hinaufsteigen auf den künstlichen Hügel, der sich an der West¬ seite der Admiralität mitten zwischen den Baumgruppen und Blumcnparterres des Gartens erhebt und zu dem nur fern verhallend der Lärm der Großstadt heraufdringt. Rechts ragen die Admiralität, das Zentrum des alten Straßen¬ netzes der Stadt, links die säuleugeschmückten Fronten des Senats und des Synods. der Gebäude der höchsten weltlichen und geistlichen Behörde, die wie zum Symbol der engsten Verbindung beider Gewalten im heiligen Nußland durch einen wappengckröntcn Triumphbogen miteinander zusammenhängen und so thatsächlich nur zwei Hälften eines einzigen Baues darstellen; hinter uno steigt über grünem Baumwerk die goldstrahlende Jsaaksknppel in den tiefblauen Himmel auf, und vor uns im Norden flutet breit und mächtig die schifs- wimmelnde Newa, und über den Strom spannt sich in flachen Eisenbogen aus sieben Granitpfeilern die prachtvolle Nikolaibrücke (1851 vollendet). Gegenüber aber auf Wassily Ostrow ragen die Akademie der Künste und die endlosen roten Fronten der Paul-Militärschule, des historisch-philologischen Instituts der Akademie der Wissenschaften u s. f. Im Mittelpunkte dieser stolzen, lebens¬ vollen Umgebung hält, sein kühn bannendes Roß energisch zügelnd, das mit seinen Hinterhufen eine Schlange zertritt, Peter der Große in altslawischer Tracht auf einem schräg nach hinten abfallenden Felsen aus unbehauenen, grauem finnischen Granit und streckt die Rechte gebietend aus über Stadt und Strom, als wolle er beide immer noch halten mit seiner eisernen Hand. Eine der großartigsten und kühnsten Reiterstatuen der Welt und zugleich eine wunderbare, halb unbewußte Symbolik! Auf dem felsharten, aber auch rohen Untergrunde des russischen Volkstums baut sich eine europäische Staatsordnung auf, die jenes ebensowenig völlig zu bewältigen vermag, wie sie ihm entbehrlich ist. schlicht und stolz steht auf dem Granit in russischer und lateinischer Sprache die Inschrift: „Peter dem Ersten Katharina die Zweite 1782." (Fortsetzung folgt.) Kleinere Mitteilungen. Luther auf der Niir Luthcchlbeljahr 188^5, « ^'^r der Flut von Festschriften, mit der das Anzahl solcher, die sick l.!.^^^^ ^'et überschüttet hat. findet sich auch eine ganze die Heldenqestalt d^ ^ K ^ Leben Luthers dramatisch zu bearbeiten und Augen zu führen Reformators von der Bühne seind dem Volke vor ^ - von den mannichfachen derartigen Versuchen haben aber nur

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 46, 1887, Zweites Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341845_288451/347>, abgerufen am 17.09.2024.