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Die Grenzboten. Jg. 46, 1887, Zweites Vierteljahr.

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Noch einmal die Unzulänglichkeit des theologischen Studiums.

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erfordern; in großen Gemeinden sind sie dem Pfarrer längst abgenommen, oft
auch schon in mittleren; durchaus nicht zum Vorteil des geistlichen Amtes.
Gerade diese Meldungen, welche bei Geburten, Taufen, Trauungen. Todesfällen
Meist persönlich von den Angehörigen der Familie gemacht wurden, führten den
Pfarrer doch ein- und das andremal mit seinen Gemeindegliedern zusammen,
wobei er manchen Blick in die Häuser thun konnte; jetzt fällt das vielfach weg.
und der Geistliche wird immer isolirter; es wäre für manchen Pfarrer besser,
^ führte noch seine Kirchenbücher, als daß er sich um allerhand Dinge be¬
kümmert, deren Besorgung ihn. selbst wenn die Sachen c.ne christlich lautende
Aufschrift tragen, doch außerhalb der Gemeinde führen. Am wenigsten aber
kann und soll der theologische Studienplan auf solche Dinge Rücksicht nehmen.
Das Interesse für Mission z. B. scheint eine große Angelegenheit der Kirche
M sein; aber zum Pfarrdienst gehört es nicht. Der Pfarrer als solcher hat
nicht mehr Aufmerksamkeit auf die Mission zu richte.- als jeder andre, der etwa
°"f koloniale Angelegenheiten sein Augenmerk richtet. Das theologische Stuben".
ist darum nicht ans besondre Befriedigung solcher Interessen auszudehnen. Der
junge Student mag immerhin ein Kolleg über Misstonsgeschichtehore-, wo Mi
s°Res gelesen wird, aber es hat für denselben k-wu andern Wer a^ et^e>u Kolleg über die französische Revolution. oder über Faust. ^ no K che
baukunst le. Ja ich behaupte. Kollegia der letztgenannten Art se"d f r "
förderlicher als solche über äußere oder innere Mission oder andre WAU-
die ihn ans das streng und eng umzäunte Feld kirchlicher Thattgkeck be sah ranke
Der Geistliche, den sein Amt schon an und für sich mehr absondert vou de
Gü"g und Lauf der Weltgeschichte, sollte nicht auch während der Slud.e. ze
et)°n zu dieser Absonderung hingezogen werden. D"se Zelt w^,'du einmal die reine Luft der Wissenschaft auch ohne alle Perspektive ans sun
späteres Amt atmen lassen.

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^ Der Verfasser unsrer Broschüre legt alles alis die ^ k^c ^l°Sie. Alle einzelnen Zweige der theologischen Wissen ^'i"mal zusammengefaßt werden; schon auf der Universität sollen sie so tre en
werden, daß sie n die praktische Theologie s" "h ^wenn und wo es geschieht, nicht Z''"'Vorteil der theo °g.schen W
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°us der schar en Luft der Forschung, aus dem re.nen Äther der fere^Weh^but sich heraüsbegiebt. Das Amt bringt die N°tout.gM
wissenschaftlicher Betrachtung später ganz von selbst und immer früh genug
wozu dies beschleunige"? Und so glaubeich, ^ es ehedem auch
Ästige, spätere Verwaltung des Pfarramtes besser °is^ d.e 1'"^ '^ofch
Welt sich "och in die Hörsäle der Philosophen un H's ^'^I ^ ° ^°n de" Humanitätswisfeuschafteu noch gern Teil nahm s^°^^d chistorischen Seminare mit besuchte und-ihren Geist mit deren Arbeiten be-


Noch einmal die Unzulänglichkeit des theologischen Studiums.

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erfordern; in großen Gemeinden sind sie dem Pfarrer längst abgenommen, oft
auch schon in mittleren; durchaus nicht zum Vorteil des geistlichen Amtes.
Gerade diese Meldungen, welche bei Geburten, Taufen, Trauungen. Todesfällen
Meist persönlich von den Angehörigen der Familie gemacht wurden, führten den
Pfarrer doch ein- und das andremal mit seinen Gemeindegliedern zusammen,
wobei er manchen Blick in die Häuser thun konnte; jetzt fällt das vielfach weg.
und der Geistliche wird immer isolirter; es wäre für manchen Pfarrer besser,
^ führte noch seine Kirchenbücher, als daß er sich um allerhand Dinge be¬
kümmert, deren Besorgung ihn. selbst wenn die Sachen c.ne christlich lautende
Aufschrift tragen, doch außerhalb der Gemeinde führen. Am wenigsten aber
kann und soll der theologische Studienplan auf solche Dinge Rücksicht nehmen.
Das Interesse für Mission z. B. scheint eine große Angelegenheit der Kirche
M sein; aber zum Pfarrdienst gehört es nicht. Der Pfarrer als solcher hat
nicht mehr Aufmerksamkeit auf die Mission zu richte.- als jeder andre, der etwa
°"f koloniale Angelegenheiten sein Augenmerk richtet. Das theologische Stuben».
ist darum nicht ans besondre Befriedigung solcher Interessen auszudehnen. Der
junge Student mag immerhin ein Kolleg über Misstonsgeschichtehore-, wo Mi
s°Res gelesen wird, aber es hat für denselben k-wu andern Wer a^ et^e>u Kolleg über die französische Revolution. oder über Faust. ^ no K che
baukunst le. Ja ich behaupte. Kollegia der letztgenannten Art se"d f r "
förderlicher als solche über äußere oder innere Mission oder andre WAU-
die ihn ans das streng und eng umzäunte Feld kirchlicher Thattgkeck be sah ranke
Der Geistliche, den sein Amt schon an und für sich mehr absondert vou de
Gü"g und Lauf der Weltgeschichte, sollte nicht auch während der Slud.e. ze
et)°n zu dieser Absonderung hingezogen werden. D"se Zelt w^,'du einmal die reine Luft der Wissenschaft auch ohne alle Perspektive ans sun
späteres Amt atmen lassen.

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^ Der Verfasser unsrer Broschüre legt alles alis die ^ k^c ^l°Sie. Alle einzelnen Zweige der theologischen Wissen ^'i"mal zusammengefaßt werden; schon auf der Universität sollen sie so tre en
werden, daß sie n die praktische Theologie s« "h ^wenn und wo es geschieht, nicht Z''"'Vorteil der theo °g.schen W
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[0255] Noch einmal die Unzulänglichkeit des theologischen Studiums. ____ erfordern; in großen Gemeinden sind sie dem Pfarrer längst abgenommen, oft auch schon in mittleren; durchaus nicht zum Vorteil des geistlichen Amtes. Gerade diese Meldungen, welche bei Geburten, Taufen, Trauungen. Todesfällen Meist persönlich von den Angehörigen der Familie gemacht wurden, führten den Pfarrer doch ein- und das andremal mit seinen Gemeindegliedern zusammen, wobei er manchen Blick in die Häuser thun konnte; jetzt fällt das vielfach weg. und der Geistliche wird immer isolirter; es wäre für manchen Pfarrer besser, ^ führte noch seine Kirchenbücher, als daß er sich um allerhand Dinge be¬ kümmert, deren Besorgung ihn. selbst wenn die Sachen c.ne christlich lautende Aufschrift tragen, doch außerhalb der Gemeinde führen. Am wenigsten aber kann und soll der theologische Studienplan auf solche Dinge Rücksicht nehmen. Das Interesse für Mission z. B. scheint eine große Angelegenheit der Kirche M sein; aber zum Pfarrdienst gehört es nicht. Der Pfarrer als solcher hat nicht mehr Aufmerksamkeit auf die Mission zu richte.- als jeder andre, der etwa °"f koloniale Angelegenheiten sein Augenmerk richtet. Das theologische Stuben». ist darum nicht ans besondre Befriedigung solcher Interessen auszudehnen. Der junge Student mag immerhin ein Kolleg über Misstonsgeschichtehore-, wo Mi s°Res gelesen wird, aber es hat für denselben k-wu andern Wer a^ et^e>u Kolleg über die französische Revolution. oder über Faust. ^ no K che baukunst le. Ja ich behaupte. Kollegia der letztgenannten Art se"d f r " förderlicher als solche über äußere oder innere Mission oder andre WAU- die ihn ans das streng und eng umzäunte Feld kirchlicher Thattgkeck be sah ranke Der Geistliche, den sein Amt schon an und für sich mehr absondert vou de Gü"g und Lauf der Weltgeschichte, sollte nicht auch während der Slud.e. ze et)°n zu dieser Absonderung hingezogen werden. D"se Zelt w^,'du einmal die reine Luft der Wissenschaft auch ohne alle Perspektive ans sun späteres Amt atmen lassen. ^,..55,0- ^ Der Verfasser unsrer Broschüre legt alles alis die ^ k^c ^l°Sie. Alle einzelnen Zweige der theologischen Wissen ^'i"mal zusammengefaßt werden; schon auf der Universität sollen sie so tre en werden, daß sie n die praktische Theologie s« "h ^wenn und wo es geschieht, nicht Z''"'Vorteil der theo °g.schen W d'e. je mehr sie selbst schon die' Praxis in das Gefiel^seid z eh. storch °us der schar en Luft der Forschung, aus dem re.nen Äther der fere^Weh^but sich heraüsbegiebt. Das Amt bringt die N°tout.gM wissenschaftlicher Betrachtung später ganz von selbst und immer früh genug wozu dies beschleunige«? Und so glaubeich, ^ es ehedem auch Ästige, spätere Verwaltung des Pfarramtes besser °is^ d.e 1'"^ '^ofch Welt sich «och in die Hörsäle der Philosophen un H's ^'^I ^ ° ^°n de« Humanitätswisfeuschafteu noch gern Teil nahm s^°^^d chistorischen Seminare mit besuchte und-ihren Geist mit deren Arbeiten be-

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 46, 1887, Zweites Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341845_288451/255>, abgerufen am 17.09.2024.