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Die Grenzboten. Jg. 46, 1887, Zweites Vierteljahr.

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Ludwig Uhland und die altfranzösische Poesie,

Rechts zu treten hätte. Die Arbeit wurde mehrfach unterbrochen, der Plan
vielfach geändert, die Entwürfe wurden oft von neuem überarbeitet. Diese
gesetzgeberische Thätigkeit richtete sich sowohl auf die Verbesserung des ma¬
teriellen Rechtes selbst wie auf die Vervollkommung des prozessualischen Ver¬
fahrens und erlangte ein freies Arbeitsfeld, als durch ein kaiserliches Privi¬
legium dem König von Preußen infolge des den zweiten schlesischen Krieg
beendenden Dresdener Friedens am 31. Mai 1746 die vollständige Exemtion
der durch die preußischen Landesgerichte gefällten Urteile von einer dagegen
einzulegenden Appellation an das Reichskammergericht bewilligt worden war.
Noch in demselben Jahre, am 31. Dezember 1746, erließ der König eine Ver¬
ordnung, in welcher es hieß:

"Und weil die größte Verzögerung der Justiz aus dem ungewissen la¬
teinischen römischen Rechte herrühret, welches nicht allein ohne Ordnung compi-
lirt worden, sondern worin sin^utan! löAss xro et oontrg, disputirt oder nach
eines jeden Caprice limitiret oder cxtendiret werden; so befehlen Wir gedachtem
Unserm Etatsminister von Cocceji, ein deutsches allgemeines Landrecht, welches
sich bloß auf die Vernunft und Landcsverfassungen gründet, zu verfertigen und zu
Unserer Approbation vorzulegen, worüber Wir hiernächst aller Unserer Stände
und Oolle^iorum, auch Universitäten Monna einholen und die besondern Sta¬
tuts einer jede" Provinz besonders beidrnckcn lassen wollen, damit einmal ein
gewisses Recht im Lande etablirt und die unzählige Edikte aufgehoben werden
mögen." (Schluß folgt.)




Ludwig Uhland und die altfranzösische Poesie.

n dem Feste der hundertjährigen Gedenkfeier der Geburt unsers
großen vaterländischen Dichters Ludwig Uhland dürfte es nicht
unwillkommen sein, wenn in den folgenden Zusammenstellungen
der Versuch gemacht wird, Uhlands Bedeutung auch für die roma¬
nische, insbesondre die französische philologische Wissenschaft im
Zusammenhange zu würdigen. Es wäre wenigstens ungerecht, wenn die jetzigen
Vertreter dieser Wissenschaft den Ehrentag desjenigen Mannes vergäßen, dem ein
Forscher wie Ferdinand Wolf noch im Jahre 1833, als Uhland längst nicht mehr ro¬
manistische Studie" betrieb, schreiben konnte: "Fast auf jeder Seite habe ich Ihren
trefflichen Aufsatz benutzt und angeführt, und er ist trotz der neuer" Leistungen
der Franzosen mein sicherster Führer, ja die ganze Grundlage meines Büchleins


Ludwig Uhland und die altfranzösische Poesie,

Rechts zu treten hätte. Die Arbeit wurde mehrfach unterbrochen, der Plan
vielfach geändert, die Entwürfe wurden oft von neuem überarbeitet. Diese
gesetzgeberische Thätigkeit richtete sich sowohl auf die Verbesserung des ma¬
teriellen Rechtes selbst wie auf die Vervollkommung des prozessualischen Ver¬
fahrens und erlangte ein freies Arbeitsfeld, als durch ein kaiserliches Privi¬
legium dem König von Preußen infolge des den zweiten schlesischen Krieg
beendenden Dresdener Friedens am 31. Mai 1746 die vollständige Exemtion
der durch die preußischen Landesgerichte gefällten Urteile von einer dagegen
einzulegenden Appellation an das Reichskammergericht bewilligt worden war.
Noch in demselben Jahre, am 31. Dezember 1746, erließ der König eine Ver¬
ordnung, in welcher es hieß:

„Und weil die größte Verzögerung der Justiz aus dem ungewissen la¬
teinischen römischen Rechte herrühret, welches nicht allein ohne Ordnung compi-
lirt worden, sondern worin sin^utan! löAss xro et oontrg, disputirt oder nach
eines jeden Caprice limitiret oder cxtendiret werden; so befehlen Wir gedachtem
Unserm Etatsminister von Cocceji, ein deutsches allgemeines Landrecht, welches
sich bloß auf die Vernunft und Landcsverfassungen gründet, zu verfertigen und zu
Unserer Approbation vorzulegen, worüber Wir hiernächst aller Unserer Stände
und Oolle^iorum, auch Universitäten Monna einholen und die besondern Sta¬
tuts einer jede» Provinz besonders beidrnckcn lassen wollen, damit einmal ein
gewisses Recht im Lande etablirt und die unzählige Edikte aufgehoben werden
mögen." (Schluß folgt.)




Ludwig Uhland und die altfranzösische Poesie.

n dem Feste der hundertjährigen Gedenkfeier der Geburt unsers
großen vaterländischen Dichters Ludwig Uhland dürfte es nicht
unwillkommen sein, wenn in den folgenden Zusammenstellungen
der Versuch gemacht wird, Uhlands Bedeutung auch für die roma¬
nische, insbesondre die französische philologische Wissenschaft im
Zusammenhange zu würdigen. Es wäre wenigstens ungerecht, wenn die jetzigen
Vertreter dieser Wissenschaft den Ehrentag desjenigen Mannes vergäßen, dem ein
Forscher wie Ferdinand Wolf noch im Jahre 1833, als Uhland längst nicht mehr ro¬
manistische Studie» betrieb, schreiben konnte: „Fast auf jeder Seite habe ich Ihren
trefflichen Aufsatz benutzt und angeführt, und er ist trotz der neuer» Leistungen
der Franzosen mein sicherster Führer, ja die ganze Grundlage meines Büchleins


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[0214] Ludwig Uhland und die altfranzösische Poesie, Rechts zu treten hätte. Die Arbeit wurde mehrfach unterbrochen, der Plan vielfach geändert, die Entwürfe wurden oft von neuem überarbeitet. Diese gesetzgeberische Thätigkeit richtete sich sowohl auf die Verbesserung des ma¬ teriellen Rechtes selbst wie auf die Vervollkommung des prozessualischen Ver¬ fahrens und erlangte ein freies Arbeitsfeld, als durch ein kaiserliches Privi¬ legium dem König von Preußen infolge des den zweiten schlesischen Krieg beendenden Dresdener Friedens am 31. Mai 1746 die vollständige Exemtion der durch die preußischen Landesgerichte gefällten Urteile von einer dagegen einzulegenden Appellation an das Reichskammergericht bewilligt worden war. Noch in demselben Jahre, am 31. Dezember 1746, erließ der König eine Ver¬ ordnung, in welcher es hieß: „Und weil die größte Verzögerung der Justiz aus dem ungewissen la¬ teinischen römischen Rechte herrühret, welches nicht allein ohne Ordnung compi- lirt worden, sondern worin sin^utan! löAss xro et oontrg, disputirt oder nach eines jeden Caprice limitiret oder cxtendiret werden; so befehlen Wir gedachtem Unserm Etatsminister von Cocceji, ein deutsches allgemeines Landrecht, welches sich bloß auf die Vernunft und Landcsverfassungen gründet, zu verfertigen und zu Unserer Approbation vorzulegen, worüber Wir hiernächst aller Unserer Stände und Oolle^iorum, auch Universitäten Monna einholen und die besondern Sta¬ tuts einer jede» Provinz besonders beidrnckcn lassen wollen, damit einmal ein gewisses Recht im Lande etablirt und die unzählige Edikte aufgehoben werden mögen." (Schluß folgt.) Ludwig Uhland und die altfranzösische Poesie. n dem Feste der hundertjährigen Gedenkfeier der Geburt unsers großen vaterländischen Dichters Ludwig Uhland dürfte es nicht unwillkommen sein, wenn in den folgenden Zusammenstellungen der Versuch gemacht wird, Uhlands Bedeutung auch für die roma¬ nische, insbesondre die französische philologische Wissenschaft im Zusammenhange zu würdigen. Es wäre wenigstens ungerecht, wenn die jetzigen Vertreter dieser Wissenschaft den Ehrentag desjenigen Mannes vergäßen, dem ein Forscher wie Ferdinand Wolf noch im Jahre 1833, als Uhland längst nicht mehr ro¬ manistische Studie» betrieb, schreiben konnte: „Fast auf jeder Seite habe ich Ihren trefflichen Aufsatz benutzt und angeführt, und er ist trotz der neuer» Leistungen der Franzosen mein sicherster Führer, ja die ganze Grundlage meines Büchleins

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 46, 1887, Zweites Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341845_288451/214>, abgerufen am 17.09.2024.